Julia Fitas im Treppenhaus des alten Schulhauses von Bad Herrenalb. Statt Volkshochschul-Kursen, die hier angeboten werden, hat sie dort im Erdgeschoss rund 30 Menschen aus der Ukraine die wichtigsten Worte für die Kommunikation in der neuen Heimat vermittelt. Nun ist sie nach drei Monaten wieder zurück in die Ukraine gefahren, um dort ihren Landsleuten die deutsche Sprache zu vermitteln. Foto: Zoller

Seit März war die Ukrainerin Julia Fitas in Bad Herrenalb – geflüchtet vor dem Krieg aus ihrer Heimat. Die Lehrerin gab Deutsch-Unterricht für andere Geflüchtete. Jetzt ist das Heimweh zu groß und sie zieht es wieder zurück in die Westukraine.

Bad Herrenalb - Ein bisschen wehmütig war allen ums Herz, als Julia Fitas in der vergangenen Woche ihren Abschied aus der Schule nahm. Die ehrenamtlich tätige Ukrainerin war im März nach Bad Herrenalb geflüchtet und hatte im April mit den ersten Unterrichtseinheiten für ihre Landsleute im alten Schulhaus der Bäderstadt begonnen. Da Fitas Kinder in Integrationsschulen untergekommen sind, um deutsche Sprachkenntnisse zu erwerben, sollten ihrer Meinung nach auch deren Eltern und sonstige Erwachsene Unterricht erhalten, um sich besser in ihrer neuen Umgebung orientieren zu können.

Feste Unterrichtseinheiten

Mittlerweile haben sich daraus feste Unterrichtseinheiten für Anfänger und Fortgeschrittene entwickelt, die ehrenamtlich durch Anita Müller-Friese aus Bad Herrenalb und Linda Faas aus dem Nachbarort Dobel begleitet werden. Doch nun ist Schluss für das eingespielte Trio. Denn Julia Fitas zieht es zurück in ihre Heimat, die knapp 1300 Kilometer entfernt in der Westukraine nahe der ungarischen Grenze liegt. "Ich habe Heimweh nach Mukatschewo, und auch meine Kinder Emilia (9) und Nikolai (11) wollen endlich wieder ihren Vater sehen", so der Tenor der jungen Frau, die zu Beginn des Krieges die Ukraine verlassen hat.

Als ausgebildete Lehrerin hat sie sich in ihrem neuen Domizil den Flüchtlingen angenommen. Da sie nicht als Dolmetscherin zwischen deutscher, russischer und ukrainischer Sprache fungieren wollte, war die Idee für den Erwachsenenunterricht schnell geboren. Die Ukrainerin, die nicht nur die unterschiedlichsten Altersgruppen zwischen 28 und 70 Jahren, sondern zudem Menschen aus den verschiedensten Teilen des Landes wie Kiew, Odessa, Charkiw oder Zitomin unterrichtet hat, erntet beim Abschied nicht nur viel Applaus von ihren "Schülern", sondern zudem großes Lob von Anita Müller-Friese. Die Pfarrerin in Rente ist promovierte Privatdozentin an der PH Karlsruhe und betont in der letzten Unterrichtsstunde: "Das hier haben wir Julia Fitas zu verdanken." Ein Satz, der berührt und den Abschied nicht so einfach macht.

Deutschlehrerin in der Ukraine

"Ich arbeite in der Ukraine und unterrichte dort die deutsche Sprache", so die 35-Jährige, die mittlerweile viele private Kontakte zu den Flüchtlingen geknüpft hat. "Es hat mir hier sehr viel Spaß gemacht und ich spüre, dass ich ein Stück meiner Seele hierlassen werde. Aber die Sehnsucht nach meiner Heimat ist so groß, dass ich nicht hierbleiben kann." Die anwesenden Ukrainer nicken zustimmend, denn für viele ist dieser Wunsch absolut nachvollziehbar. "Auch wir wollen wieder zurück, sobald es die Situation in der Ukraine erlaubt", sagt Andrey Tarason, der aus Kiew stammt und nun als Rentner gemeinsam mit seiner Frau die Schulbank drückt und sich nun entscheiden muss, ob er in die Anfängerklasse von Anita Müller-Friese, oder in die Fortgeschrittenenklasse von Linda Faas wechseln soll. Denn von nun an gibt es statt drei Kursen lediglich zwei Unterrichtstage, die die beiden deutschen Damen ehrenamtlich bestreiten. "Wir hatten einen super Start mit Julia", berichtet Linda Vaas, die von einem eingespielten Rhythmus im Unterrichtssystem spricht. "Vieles ergibt sich durch die Fragen im Unterricht." Daher wird nicht stupide an einem festen Lehrwerk gearbeitet, sondern aktuelle Themen besprochen, um die Menschen in Ihrem Alltag zu unterstützen.