An der Bundesstraße 463 zwischen Dürrwangen und Laufen: Firstäcker. Das Areal soll der Standort für das mögliche Zentralklinikum sein. Das hat der Kreistag am Montagabend beschlossen. Foto: Maier

Kreistags-Mehrheit stimmt für Gelände zwischen Balingen und Albstadt. Bisingen hält an Flächen-Angebot fest.

Zollernalbkreis - Mitten in der Diskussion platzt Roman Waizzenegger fast der Kragen. Der Bisinger Bürgermeister hebt an zu einer Rede, die eher eine Standpauke ist. Ihm sei klar, dass der Kreistag in der Frage, wo das mögliche künftige Zentralklinikum gebaut werden solle, eine politische Entscheidung treffen werde. Er finde es allerdings doch schade, sagt Waizzenegger, dass dabei sachliche und fachliche Argumente in den Hintergrund rücken – dies vor allem vor dem Hintergrund der Äußerungen – unter anderem von Landrat Günther-Martin Pauli – zur Entscheidung der Landesregierung zur Zukunft der Polizeihochschulen: Meßstetten wurde dabei nicht berücksichtigt, und Pauli hatte zusammen mit Rathauschefs der umliegenden Gemeinden kritisiert, dass bei dieser Entscheidung "nicht ausschließlich Sachargumente berücksichtigt" worden seien. "Und was passiert nun hier heute Abend?", fragt Waizzenegger, und schiebt die Antwort prompt nach: "Genau dasselbe".

Wenig später kommt es am Montagabend so, wie Waizzenegger und andere Redner auch gesagt hatten: zu einer politischen Entscheidung. Das Areal Firstäcker zwischen Dürrwangen und Laufen, an der Gemarkungsgrenze zwischen Balingen und Albstadt, soll, wenn es gebaut wird, der Standort des künftigen Zentralklinikums im Zollernalbkreis sein. 36 von 56 anwesenden Kreisräten stimmten dafür, 20 dagegen (siehe Info).

Damit wird das Areal im Antrag an das Landessozialministerium genannt, der den Weg für Zuschüsse für das auf rund 200 Millionen Euro geschätzte Projekt freimachen soll.

Standort ist Konsens zwischen Balingen und Albstadt

Mit Firstäcker wird ein Gelände zum potenziellen Standort, das aus fachlicher Sicht gleich gut bewertet worden ist wie das Areal Bisingen-Nord, aber schlechter als die Fläche Kelleregert nahe Weilstetten. Auf das Gelände hatten sich die beiden großen Kreisstädte Albstadt und Balingen verständigt, sogar ein Grundstückstausch ist angedacht. Hintergrund: Noch liegt Firstäcker auf Balinger Gemarkung. Durch den Tausch bekäme das mögliche Zentralklinikum eine Albstädter Postadresse – auf diese Weise, so die Hoffnung, lassen sich die Gemüter in Albstadt beruhigen, wo der Widerstand gegen das Zentralklinikum groß und der Wille zum Erhalt des Krankenhauses in Ebingen enorm sind. Ob diese Rechnung aufgeht?

Die Mehrheit des Kreisgremiums ist zumindest dieser Meinung. Reinhold Schäfer (Freie Wähler, Bürgermeister Balingen) und Anton Reger (CDU, Bürgermeister Albstadt) sagten, dass Firstäcker ihrer Meinung nach der Standort sei, der von der gesamten Kreisbevölkerung am besten akzeptiert werde. Dörte Conradi (CDU, Burladingen) meinte, dass das Areal zwischen Dürrwangen und Laufen zur "Befriedung" – vor allem in Albstadt – beitragen könne. Martin Frohme (SPD, Albstadt) sprach sich für "Firstäcker" aus, weil es "der beste Standort" und es damit zum ersten Mal gelungen sei, dass Albstadt und Balingen gemeinsam und nicht gegeneinander agiert hätten. Dietmar Foth sagte (FDP, Balingen) sagte, dass "Firstäcker" laut den Gutachten der beste Standort sei.

Karte: Standort Firstäcker (PDF)

Dagegen kritisierte Lothar Mennig (Freie Wähler, Meßstetten), dass der aufgrund der Bewertungsmatrix klar vorne liegende Standort Kelleregert nicht zum Zug kommen soll. Mennig äußerte wie Helga Zimmermann-Fütterer (SPD, Balingen) die Vermutung, dass das Balinger Rathaus um Oberbürgermeister Helmut Reitemann den Standort bewusst schlecht dargestellt habe, um den Deal mit Albstadt nicht zu gefährden.

Elmar Maute (SPD, Albstadt) sagte, er werde für keinen der vorgeschlagenen Standorte stimmen, weil es seiner Ansicht nach ein Zentralklinikum nicht brauche. Zusammen mit mehr als 30.000 Menschen, deren Unterschriften die Albstädter Bürgerinitiative gesammelt habe, sei er für den Erhalt der jetzigen Krankenhäuser in Albstadt und Balingen.

Und Bisingen? Und der Raum Hohenzollern? Werner Beck (Freie Wähler, Hechingen) verwies darauf, dass das Areal Bisingen-Nord ebenso gut bewertet worden sei wie Firstäcker. Klar: Wenn man auf die Patientenherkunft schaue, dann sehe es für Firstäcker sicher besser aus. Aus dem Raum Hechingen kämen derzeit vergleichwsweise weniger Patienten ins Zollernalb-Klinikum. Das aber sei eine Folge der "unsäglichen" Standortentscheidung vor zwölf Jahren, als der Kreistag die Schließung des Hechinger Krankenhauses beschlossen habe. Für die Folgen dieses Beschlusses werde der Raum Hohenzollern nun erneut bestraft – obwohl es im nördlichen Kreisbereich große Chancen gebe, neue Patienten zu gewinnen. Mit dem Standort Firstäcker werde eine Klinik "für Albstadt und Balingen" gebaut, so Beck. Das werde die Gräben im Zollernalbkreis nach weiter vertiefen.

Harald Schwabenthan (CDU, Bisingen) sagte, er sei angesichts des Deals der Kreisstädte Albstadt und Balingen "niedergeschlagen". Dass das Zentralklinikum, wenn es gebaut werden sollte, an diesem künstlichen Albstädter Standort die Akzeptanz der Menschen finde, glaube er nicht: "Die Leute lassen sich nicht veräppeln."

Bisingen hält Flächenangebot aufrecht

Und Waizzenegger? Der Bisinger Bürgermeister verwies darauf, dass seine Gemeinde mit Bisingen-Nord ihr "Sahnestück, mit Schlagobers obendrauf" angeboten habe – eine schöne, ebene, erschlossene, an der Bundesstraße 27 gelegene und damit gut erreichbare Fläche. Kein "Hanggrundstück" wie Firstäcker, auch kein Feuchtbiotop wie Kelleregert, mit allen damit verbundenen planerischen und rechtlichen Schwierigkeiten.

"Wir halten unser Angebot aufrecht", sagte Waizzenegger. Vielleicht, so der Bisinger Bürgermeister, werde das Kreisgremium ja zu einem späteren Zeitpunkt den am Montag getroffenen Beschluss revidieren und "eine weisere Standortentscheidung" treffen.

Auf Antrag des Bisinger Bürgermeisters Roman Waizzenegger hat der Kreistag am Montag in namentlicher Abstimmung über das Areal Firstäcker als Standort für das mögliche Zentralklinikum im Zollernalbkreis entschieden. So haben die Kreisräte abgestimmt:

36 Ja-Stimmen: Monique Adrian, Thomas Baumann, Ruth Braun, Dörte Conradi, Dietmar Foth, Martin Frohme, Juliane Gärtner, Karl-Otto Gerstenecker, Hans Goessler, Hans-Martin Haller, Andreas Hauser, Manuela Heider, Werner Jessen, Philipp Kalenbach, Wolfgang Ketterer, Veronika Kugele, Andreas Laib, Heiko Lebherz, Tim Leukhardt, Hermann Luppold, Angela Mauch, Lambert Maute, Uli Metzger, Thomas Miller, Friedrich Pommerencke, Anton Reger, Oliver Rentschler, Bernhard Rewes, Reinhold Schäfer, Walter Sieber, Krischan Spengler, Karl-Josef Sprenger, Gerhard Teufel, Josef Ungermann, Konrad Wiget und Wolfgang Ziemen.

20 Nein-Stimmen: Helmut Barth, Werner Beck, Gisela Birr, Magdalena Dieringer, Konrad Flegr, Angela Godawa, Heinrich Götz, Ingrid Gruler, Friedrich Klein, Elmar Maute, Lothar Mennig, Ingrid Riester, Peter Seifert, Hubert Schiele, Oliver Schmid, Harald Schwabenthan, Armin Schweitzer, Roman Waizzenegger, Johann Widmaier und Helga Zimmermann-Fütterer.