Für die Video-Schaltung nach Österreich war alles vorbereitet. Neue Erkenntnisse hat sie nicht gebracht. Foto: Ungureanu

Angeklagte kaufen, bunkern und verkaufen 35 Kilo Cannabis. Geständnisse mildern Strafmaß.

Hechingen/Balingen/Albstadt - Sie haben zusammengerechnet gut 35 Kilo Cannabis erworben, gebunkert und gewinnbringend verkauft: Ein 21-jähriger Deutscher und ein 37-jähriger Italiener sind vom Hechinger Landgericht zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Angeklagten, die seit einem halben Jahr in U-Haft sitzen, hatten bereits am ersten Verhandlungstag umfassende Geständnisse abgelegt.

Am Montag galt es, weitere Zeugen zu vernehmen. Aber der Albstädter, der mit dem 37-Jährigen Angeklagten gemeinsame Sache gemacht hatte, konnte nicht mehr vernommen werden. Er hatte sich mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind nach Brasilien abgesetzt. Und die Video-Schaltung in das österreichische Gefangenenhaus, wo der 23-jährige F., der die ganzen Transporte und Verkäufe koordiniert hatte, seit einiger Zeit einsitzt, brachte nicht viel: Nach ersten Angaben zu seiner Person machte der 23-Jährige auf Anraten seiner Anwältin von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. So konnte nichts über den mysteriösen "Zio" erfahren werden, der von Italien aus die Fäden gezogen haben soll, und schon gar nicht über die albanischen Kontaktleute. Einzige Erkenntnis nach der Video-Verbindung in den virtuellen Raum in Österreich: Es war F., ihr Lieferant. Beide Angeklagten hatten ihn erkannt.

Der Jugendgerichtshelfer zeichnete ein düsteres Bild: ein Vater, der seinen Sohn mit Fäusten geschlagen hatte, wenn er in der Schule nicht die besten Noten schrieb, der seinen Sohn einen Taugenichts schimpfte und ihm nicht erlaubte, das Haus zu verlassen und sich mit Freunden zu treffen. Und eine Mutter, die sich vom gewalttätigen Vater getrennt hatte als der Sohn vier war, und die mit der Erziehung überfordert war. Und dazwischen immer wieder gescheiterte Versuche, den Jungen in Obhut zu nehmen. Und immer wieder Cannabis, zuweilen auch härtere Drogen. Das Ergebnis: massive Entwicklungsverzögerungen. "Der Vater hat alle Jugendhilfemaßnahmen torpediert", fasste der Jugendgerichtshelfer zusammen. Fatal: der Zwischenfall mit den 16 Kilo Cannabis, die der junge Mann in der Wohnung der Mutter für F. gebunkert hatte und die zu schimmeln begannen. Zwei Kilo warf er weg, und dafür bat ihn F. zur Kasse und schickte ihn mit dem Flixbus als Drogenkurier los.

Multiple Sucht nach Alkohol, Tabak und Drogen

Der Sachverständige sprach von einer "Politoxikomanie", einer multiplen Sucht nach Alkohol, Tabak und Drogen. Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung gebe es nicht, aber auf eine Persönlichkeitsveränderung: Der 21-Jährige habe Schwierigkeiten bei sozialen Kontakten, im Beruf, in der Partnerschaft, im normalen Tagesablauf – und eine reduzierte Fähigkeit, sich selbstkritisch zu beurteilen.

In seinem Plädoyer forderte der Staatsanwalt für den 37-Jährigen, der zu den Großkunden von F. zählte, eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten sowie 50.000 Euro – den Wert der gewinnbringend weiterverkauften Drogen. Für den 21-Jährigen, der den "Drecksjob" gemacht hatte, forderte der Staatsanwalt vier Jahre und die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt.

Der Verteidiger des 21-Jährigen plädierte für eine dreijährige Jugendstrafe und eine Erziehungsmaßnahme, die Verteidigerin des 37-Jährigen forderte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten, weil die Kindheit ihres Mandanten von "Zerrissenheit und Heimatlosigkeit" geprägt gewesen sei, weil er sich in eine Welt zurückgezogen habe, "die es einem einfacher macht, damit klar zu kommen", weil er ein umfassendes Geständnis abgelegt habe und weil er mit der Einfuhr der Drogen nichts zu tun gehabt habe – er habe nicht einmal gewusst, die diese ablief.

In seinem Schlusswort sagte der 21-Jährige: "Entschuldigung, dass ich den für mich einfachsten Weg gewählt habe, meine Schulden abzuarbeiten. Es war nicht richtig."

Das Gericht verurteilte ihn wegen Besitz, Einfuhr und Handel mit Betäubungsmitteln zu einer Jugendstrafe von vier Jahren mit Unterbringung in einer Erziehungsanstalt.

Der 37-Jährige wurde zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und Zahlung von 50.000 Euro verurteilt, zudem trägt er die Kosten des Verfahrens. Bei den Urteilen sei man an der untersten Grenze geblieben, erklärte der Vorsitzende Richter Hannes Breucker. Strafmildernd hätten sich die umfassenden Geständnisse ausgewirkt: "Ohne diese hätten wir monatelang verhandeln müssen. Aber wir hätten die Wahrheit dennoch herausbekommen."