Landwirt Thorsten Ott prüft die Qualität der geernteten Wintergerste. Foto: Hauser

Wetter zerrt an den Nerven. Einbußen bei Gerste, Weizen noch nicht in Gefahr. Gutes Jahr für Milchviehbetriebe.

Zollernalbkreis - Am Wochenende hat Thorsten Ott zusammen mit seinem Schwiegervater Karl-Heinz Schneible auf dem Aussiedlerhof zwischen Schömberg und Dautmergen die Wintergerste geerntet – fast zwei Wochen zu spät, wie er sagt.

Das nasse Wetter hat dem Landwirt bereits bei der Rapsernte zu schaffen gemacht. Die schweren Maschinen haben tiefe Furchen ins Feld gezogen, in denen jetzt das Wasser steht. Die Qualität der Gerste sei durch die Nässe und die verspätete Ernte wohl nicht mehr so gut, befürchtet Ott. Beim Weizen, der voll in der Ähre steht, sieht er allerdings noch keine Gefahr: Mit der Ernte könne er sich noch ein paar Tage Zeit lassen, sagt er.

Des einen Leid, des anderen Freud’: Nach dem überdurchschnittlich nassen Juli steht das Grünland im Kreis sehr gut da, weiß der Leiter des Landwirtschaftsamts, Franz Keßler. Für die Milchviehbetriebe sei es ein "wunderbares Jahr" gewesen, bestätigt auch seine Mitarbeiterin Luise Lohrmann.

Für 850 haupt- und nebenerwerbliche Landwirte im Zollernalbkreis, die in diesen Tagen ihre Getreideernte auf 13.000 Hektar Ackerfläche einbringen müssten, sei die Lage zwar "noch nicht katastrophal, aber auf jeden Fall angespannt". Das Problem: Der Weizen sei reif, beginne am Halm auszutreiben: "Die Enzymaktivität wird umgestellt auf Keimung, die Stärke wird umgewandelt in Glukose, die Fallzahlen sinken." Das "kleinräumige Wetter" mache es praktisch unmöglich, den Mähdrescher drei oder vier Tage lang "am Stück" laufen zu lassen: "Das zerrt an den Nerven." Vor allem in den tieferen Lagen des Zollernalbkreises. Auf den Albhöhen rund um Burladingen und Winterlingen sei die Lage dagegen "noch entspannt".

Die großen Erntemaschinen seien normalerweise zuerst in den tieferen, danach in den höheren Lagen im Rinsatz. Die Befürchtung: In diesem Jahr könnte die Ernte in den tieferen Lagen noch nicht eingebracht sein, wenn in den höheren Lagen bereits geerntet werden müsse. Planen könne man das nicht, denn auf den Wetterbericht sei kein Verlass mehr, fügt Franz Keßler hinzu: "Der ändert sich stündlich."

Dabei habe es so vielversprechend ausgesehen: Nach dem milden, regnerischen Winter sei der trockene März für die Frühjahrsaussaat "geradezu ideal" gewesen. Aber das unbeständige Wetter im Juli mit bis zu 200 Millimetern Niederschlag pro Tag habe den Landwirten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Erschwerend kämen in diesem Jahr auch die schlechten Getreidepreise auf dem Weltmarkt hinzu, die ein "Vier-Jahres-Tief" erreicht hätten. Immerhin habe es bei Wintergerste und Raps gute Erträge gegeben. Bei Weizen, Dinkel, Hafer und Gerste seien die guten Ernteerwartungen jetzt "etwas gedämpft". Zeitlich liege man allerdings noch im Rahmen: "Haupterntezeit ist im August." Fazit: Wenn noch ein paar schöne Tage kämen, gebe es zwar keine Spitzenernte, aber man könnte noch zufrieden sein. Wenn nicht, sei unter Umständen die Arbeit von einem Jahr zunichte gemacht.

Von 33 000 Hektar landwirtschaftlichen Flächen im Zollernalbkreis sind 13 000 Hektar Ackerflächen. Sie werden von 850 haupt- und nebenberuflichen Landwirten bewirtschaftet; 150 Betriebe im Zollernalbkreis leben ausschließlich von der Landwirtschaft. Rund 100 Betriebe mit jeweils mehr als 100 Hektar Ackerfläche bewirtschaften mehr als die Hälfte der Flächen im Kreis. Weizen wird auf 3350 Hektar angebaut, Hafer auf 1500 Hektar, Sommergerste auf 1200 Hektar, Wintergerste auf 1000 Hektar, Dinkel auf 500 Hektar, Triticale auf 650 Hektar. Hinzu kommen Raps (890 Hektar), Silomais (1300 Hektar) sowie die Eiweißlieferanten Erbse, Bohne, Linse sowie Sojabohne (200 Hektar). Zehn Prozent der Produktion kommt von Biolandwirten; der Landesdurchschnitt liegt bei sieben Prozent.