In gleich zwei Angelegenheiten hat Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Bündis ’90/Die Grünen) Albstadt besucht: Die Reaktivierung und Elektrifizierung der Talgangbahn war eine davon.
Albstadt - In einem Fahrradkonvoi radelte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann zum Ebinger Bahnhof. Zuvor hat er sich das Albstädter Radwegenetz angeschaut. Der zweite Programmpunkt beschäftigt sich auch mit einer klimafreundlichen Alternative zum Auto, dem Öffentlichen Personennahverkehr auf der Schiene.
Winfried Hermann ist ebenso wie sein Parteikollege Johannes Kretschmann, auf dessen Einladung er nach Albstadt gekommen ist, einklarer Befürworter der Talgangbahn-Reaktivierung.
Elektrifizierung der Schiene nach Tübingen spielt Rolle
Nicht zuletzt ist es Hermann, der federführend im Reaktivierungsprogamm tätig ist. Einige vergleichbare Projekte anderer stillgelegter Bahnschienen reüssierten, die Talgangbahn werde aber viele Jahre zu spät angepackt. Und dabei ist Zeit in dieser Sache ja ein knappes Gut: Für die mögliche Reaktivierung der Talgangbahn zwischen Onstmettingen und Ebingen spielt auch Elektrifizierung der Schiene nach Tübingen eine Rolle. Wenn nämlich der Stuttgarter Hauptbahnhof zum Durchgangsbahnhof umgebaut ist, dürfen dort nur noch elektrische Züge einfahren. Zwei Drittel der Bahnstrecken sind bereits elektrifiziert – die von Sigmaringen nach Tübingen gehört nicht dazu. "Der öffentliche Nahverkehr ist eine gewaltige Herausforderung, weil die Zeit gegen uns spielt", resümierte Kretschmann und meint damit nicht nur Stuttgart 21, sondern auch den Klimawandel, der ein schnelles Handeln in Sachen Verkehrswende hin zurück Klimaneutralität erfordert. "Aber dazu brauchen wir noch viele Nerven, Spucke, Geld, Wohlwollen und Mehrheiten", meinte der Bundestagskandidat der Grünen im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen.
Hermann erinnerte sich, dass die Reaktivierung der Talgangbahn bereits vor 20 Jahren Thema war. Viel ist seither nicht passiert, wohl aber, dass der Landkreis die Strecke gekauft hat und sie in der zweithöchsten Dringlichkeitsstufe der Landesregierung gelandet ist. "Was Schienenpersonennahverkehr angeht, ist die Zollernalb 20 Jahre hinterer", so der Minister. "Diese Region ist die letzte, die anfängt." Für Hermann selbst ist die Stadtbahn, die von Onstmettingen über Tailfingen und Truchtelfingen nach Ebingen führen soll, das größte Regiobahnprojekt der kommenden zehn bis 15 Jahre in Baden-Württemberg. "Die ganze Region wird davon einen großen Vorteil haben" – da ist sich der Verkehrsminister sicher. Er sieht die Talgangbahn als einen wichtigen Schritt hin zur Klimaneutralität und der Verkehrswende.
Dorow und Bürgerinitiative lassen nicht locker
Der wohl größte Befürworter der Reaktivierung und unermüdlicher Mahner ist Albrecht Dorow. Er und seine Mitstreiter der Bürgerinitiative Talgangbahn haben dem Besuch von Verkehrsminister Hermann höchste Priorität beigemessen und sind in großer Zahl erschienen, die Protestschilder, die ihr Anliegen untermalen, stets dabei. Für ihn ist klar: Die Reaktivierung muss so schnell wie möglich kommen, am besten vor der Elektrifizierung. Hermann pflichtet ihm diesbezüglich bei. Dann fährt die Talgangbahn am Anfang eben noch mit Diesel – das ist laut dem Grünen Verkehrsminister immer noch ökologischer als wenn jeder Fahrgast selbst mit dem Auto die Strecke zurücklegt. Die Elektrifizierung könne im Anschluss noch kommen.
Das alles klinge ja schön und gut, doch aus der Zuhörerschaft wurde auch deutlich, dass der Nutzen der Talgangbahn auch von der Pünktlichkeit der Bahn abhänge – und die habe in den vergangenen Jahren deutlich gelitten. Bahnfahren müsse allgemein attraktiver gemacht werden, damit das Ziel der Landesregierung, die Fahrgastzahlen zu verdoppeln, erreicht werden könne – und das ginge nun mal nicht ohne Infrastruktur.