Anruf im Auftrag der Handwerkskammer, oder ein Versuch, einen Arbeitnehmer abzuwerben? Foto: Ungureanu

Abwerbung per Telefon: Manche Personalberater bedienen sich unseriöser Methoden. Anfragen kritisch prüfen.

Zollernalbkreis/Reutlingen - Headhunting im Handwerk? Der Fachkräftemangel macht’s möglich. Dabei bedienen sich manche Personalberater unseriöser Methoden. So gab eine Headhunterin bei einem Elektrobetrieb an, im Auftrag der Handwerkskammer Reutlingen für Qualifizierungsmaßnahmen die privaten Telefonnummern der Beschäftigten zu benötigen. Der Betriebsinhaber verweigerte die Herausgabe und beendete das Gespräch. Einige Tage später startete die Anruferin einen neuen Versuch - mit mehr Erfolg. Der Chef befragte seine Belegschaft, und tatsächlich stimmte ein Mitarbeiter der Datenweitergabe zu. Der Anruf ließ nicht lange auf sich warten. Allerdings ging es im Gespräch nicht um Schulungen oder Lehrgänge, sondern um ein Stellenangebot: Der Arbeitnehmer sollte für ein anderes Unternehmen abgeworben werden.

Richard Schweizer, Justiziar der Handwerkskammer Reutlingen, geht davon aus, dass dies keine Ausnahme ist, sondern eine Beratungsfirma gezielt versucht, unter Bezugnahme auf die Kammer Kontakte zu qualifizierten Fachkräften aufzubauen. "Die Firma setzt auf einen unverdächtigen Namen und will den Chef überrumpeln."

In einem anderen Fall habe sich eine Anruferin sogar als Assistentin des Hauptgeschäftsführers der Handwerkskammer ausgegeben, um an die Telefonnummern zu kommen. Bislang seien allerdings nur Fälle aus den Landkreisen Freudenstadt und Tübingen bekannt. Insbesondere das Elektrohandwerk sei betroffen. Schweizer hält es aber für möglich, dass diese dreiste Masche der Datensammlung Schule machen könnte: "Headhunter gehören zu den Branchen, die vom Fachkräftemangel profitieren, vorausgesetzt der Dienstleister verfügt über gute Kontakte und eine gut gefüllte Adressenkartei", weiß er.

Schweizer rät, derartige Anfragen kritisch zu prüfen. Grundsätzlich gelte: Private Nummern oder Adressen der Mitarbeiter dürften nicht ohne deren Zustimmung herausgegeben werden. Und: "Die Handwerkskammer Reutlingen und ihre Bildungseinrichtungen fragen bei Betrieben keine privaten Telefonnummern von Mitarbeitern ab."