Nicole Hoffmeister-Kraut Foto: Schwarzwälder Bote

Lokalpolitiker und Abgeordnete bewerten Verhandlungsergebnisse unterschiedlich. Von "extrem wichtig" bis "Trauerspiel".

Zollernalbkreis - Unterschiedlich bewerten die Lokalpolitiker und Abgeordneten von CDU und SPD die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Nicht alle an der SPD-Basis sind zufrieden, und die Grünen im Bundestag sind enttäuscht.

"Die Koalitionsverhandlungen waren hart und intensiv", sagt die Vorsitzende der CDU Zollernalb, Nicole Hoffmeister-Kraut. Dass an diesem Mittwoch endlich ein Durchbruch erzielt worden ist, bezeichnet sie als "extrem wichtig für unser Land". Der Koalitionsvertrag sei eine gute Grundlage für eine voll handlungsfähige und stabile Regierung in Deutschland.

Hoffmeister-Kraut war bei den Koalitionsverhandlungen Mitglied in der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Bürokratieabbau. "Wir haben hier wichtige Punkte vereinbart: ein zweistelliger Milliardenbetrag für den Ausbau der digitalen Infrastruktur, die Förderung digitaler Innovationen und Gründungskultur oder das Ziel Vollbeschäftigung für Deutschland." Das seien entscheidende Weichenstellungen für eine weiterhin starke Wirtschaft im Land.

Auch der SPD-Kreisverband Zollernalb bewertet den Koalitionsvertrag überwiegend positiv. "Die SPD-Handschrift ist im Koalitionsvertrag deutlich erkennbar", sagt der Kreisvorsitzende Alexander Maute. Bei den Mitgliedern an der Basis würden die Meinungen zu dem 177-Seiten schweren Papier durchaus unterschiedlich ausfallen: "Viele sind mit den Ergebnissen zufrieden, andere tun sich nach wie vor schwer damit, erneut in eine Große Koalition einzutreten", weiß Maute. Für den SPD-Kreisvorsitzenden lassen sich die Ergebnisse im Koalitionsvertrag durchaus sehen, wenngleich sich erwartungsgemäß nicht alle Positionen der SPD darin vollständig wiederfinden. "Dass unbefristete Arbeitsverhältnisse wieder zur Regel werden können, ist ein großer Erfolg", sagt er. Auch die vereinbarten elf Milliarden Euro mehr im Bildungsbereich würden es ermöglichen, "dass der Bund die Länder finanziell unterstützen kann, Schulen zu sanieren, sie ins digitale Zeitalter zu führen, Ganztagesbetreuung auszubauen und Kitagebühren abzuschaffen".

Der Mitgliederentscheid in wenigen Wochen? "Das wird ein ganz knappes Rennen", schätzt Maute. Dass sich viele Bürger über das Nichteinhalten von Versprechungen enttäuscht zeigen, kann er durchaus verstehen. Man müsse der Partei aber auch zugestehen, dass Zusagen nicht eingehalten und Versprechen gebrochen werden mussten. Die neue Ausgangslage verlange von allen Zugeständnisse.

Die Bürgerversicherung und das Ende der Zwei-Klassen-Medizin wären etwas gewesen, was sich viele gewünscht hätten. Dennoch seien die hälftige Beitragszahlung für Arbeitgeber und Beschäftigte ab 2019 und eine Beitragsentlastung für Geringverdiener eine Verbesserung, befindet der Haigerlocher SPD-Stadtrat Manuel Schmoll. Ein großes Plus sieht der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Bernd Majer für junge Familien durch das Baukindergeld, das steigende Kindergeld und den erhöhten Kinderfreibetrag bei der Steuer.

Anders bewertet Lara Herter, die Juso-Kreisvorsitzende, die Ergebnisse: "Statt einer politischen Vision bleiben über hundert Prüfaufträge und die Verschiebung brennender Fragen in Kommissionen", resümiert sie. Auch die Tatsache, dass sich am Tag der Veröffentlichung des Koalitionsvertrags sofort das SPD-Personalkarussell in Gang gesetzt habe, kritisiert sie.

"Die Hängepartie ist endlich vorbei", sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß. Er sei zufrieden und erleichtert, dass nach harten Verhandlungen ein gemeinsames Ergebnis erreicht worden sei. Wie so oft im Leben sei dies auch mit Kompromissen verbunden. Der Verlust des Finanzministeriums sei sicherlich schmerzhaft, aber er freue sich umso mehr, dass die CDU nach mehr als 50 Jahren wieder das Wirtschaftsministerium innehabe. "Das Gesamtergebnis zählt, und das ist in der Sache gut", fasst Bareiß zusammen. "Es ist höchste Zeit, dass es weitergeht."

Der Koalitionsvertrag versprühe einen Geist des Aufbruchs, meint der Tübinger SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Rosemann. Die Vereinbarung zwischen Union und SPD sei eine "gute Grundlage für die kommenden Jahre". Eine Politik für Wachstum und Wohlstand in ganz Europa, mehr Investitionen in den sozialen Zusammenhalt, insbesondere zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, und eine gerechte Besteuerung von Unternehmen – das sei die richtige Antwort, um Europa wieder voranzubringen. Positiv bewertet Rosemann die Beschlüsse im Bereich der Bildungspolitik. Dass die Mittel für den regionalen Verkehr erhöht werden, sieht er als entscheidende Voraussetzung, damit die Regionalstadtbahn realisiert werden kann.

"Endlich! Er ist da, der Entwurf des GroKo-Vertrags", kommentiert die CDU-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz das Ergebnis der Verhandlungen. "Viel Arbeit, lange Nächte liegen hinter uns, starke Nerven waren gefragt. Wir haben Wort gehalten – gerade gegenüber den Familien. Gut ist auch, dass wir uns jetzt wieder auf die Verbesserung der medizinischen und pflegerischen Versorgung in unserem Land konzentrieren können. Jetzt müssen sich die Mitglieder der SPD ihrer Verantwortung für Deutschland stellen!"

Die Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel, sieht im Koalitionsvertrag ein "Dokument des Scheiterns der SPD-Führung, die sich entgegen ihrer vollmundigen Ankündigung auf dem SPD-Sonderparteitag mit keinem ihrer sozialpolitischen Versprechen hat durchsetzen können". Diese Große Koalition stehe weder für eine friedliche Außenpolitik, noch für die dringende Wiederherstellung des Sozialstaats. Die SPD habe für sich gut verhandelt, aber nicht für die Mehrheit der Bevölkerung. Die aktuelle SPD-Führung habe einmal mehr ihre Glaubwürdigkeit gegen Regierungsposten verkauft. Dass Entwicklungsausgaben an Rüstungsausgaben gekoppelt werden sollen, sei an Absurdität nicht zu überbieten. "Mit diesem Koalitionsvertrag kann der SPD ein ähnliches Schicksal wie den französischen Sozialisten blühen", warnt Hänsel und fordert: "Die SPD-Basis sollte dieses Trauerspiel stoppen."