Landrat Günther-Martin Pauli. Foto: Maier

Interview: Landrat spricht über die Diskussion um die Flüchtlings-Pläne in Meßstetten und die Konsequenzen für den Kreis.

Zollernalbkreis - Die Debatte um die Aufnahme von Flüchtlingen im Zollernalbkreis ist in vollem Gange – und mit der Bürgerinformationsveranstaltung zur geplanten Landeserstaufnahmestelle in der Zollernalb-Kaserne in Meßstetten auch noch lange nicht vorbei. Zum aktuellen Thema ein Interview mit Landrat Günther-Martin Pauli.

Herr Pauli, Hand aufs Herz: Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfuhren, dass in Meßstetten eine Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge eingerichtet werden soll?

Mir war ganz klar, dass das eine gewisse Unruhe geben wird. Nachdem die Nachricht am vergangenen Freitag bekannt geworden ist, wurde mir das von vielen Seiten und von Meßstettenern auch so berichtet. Umso wichtiger ist es, dass wir mit dem Thema transparent umgehen, dass wir die Bürger ins Boot holen, dass wir auf Ängste und Unsicherheiten eingehen.

Seit wann war die Kaserne als möglicher Standort einer Flüchtlingseinrichtung im Gespräch?

Konkret wurde ich erst vor wenigen Tagen von Ministerialdirektor Wolf-Dietrich Hammann auf diese Überlegung angesprochen. Die erste Information war, dass sich das Integrationsministerium die Kaserne anschauen will. Klar ist, dass eine Lösung her muss: Die bisher einzige Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe ist restlos überfüllt, weitere solche Einrichtungen müssen her, dazu gibt es keine Alternative. Ich habe sofort deutlich gemacht, dass das Ministerium die Stadt Meßstetten über die Überlegungen in Bezug auf die Kaserne informieren muss. Als die Entscheidung Ende vergangener Woche gefallen ist, habe ich die Bedingung gestellt, dass die Bürger vor Ort umfassend informiert werden müssen, und dass dazu das Ministerium möglichst auch prominent vertreten sein sollte.

So ist es nun gekommen, Ministerin Bilkay Öney hat am Mittwoch in Meßstetten für die Einrichtung geworben. Wir lautet Ihr Fazit nach dem Info-Abend?

Vor der Veranstaltung herrschte schon eine gewisse Anspannung. Umso mehr freue ich mich darüber, wie der Abend gelaufen ist. Ich bin stolz auf die Meßstettener. Sie haben mit großer Mehrheit Verständnis für die Not von Flüchtlingen gezeigt, sie haben Weltoffenheit und Mitmenschlichkeit bewiesen. Die Politik der Landesregierung stößt derzeit ja nicht überall auf offene Ohren - Stichwort Nationalpark. Beeindruckt hat mich, wie vernünftig und sensibel die Meßstettener mit dem durchaus schwierigen Thema einer großen Flüchtlingsunterkunft umgehen – und dass sie sich vom Theaterdonner, der von außen hereinzutragen versucht wurde, nicht haben beeinflussen lassen.

Wie geht es in Meßstetten nun weiter?

Den Worten müssen Taten folgen. Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung, um die Einrichtung der Erstaufnahmestelle, darum, dass die Flüchtlinge dort möglichst vor dem Winter akzeptable Bedingungen vorfinden. Vor Ort muss viel geregelt werden, dafür strengen wir uns nun alle an.

Welche Folgen hat die Einrichtung der Aufnahmestelle für den Zollernalbkreis, für die Städte und Gemeinde?

Klar besprochen ist, dass es für den Kreis und die Kommunen keine weiteren Zuweisungen von Flüchtlingen und Asylbewerbern mehr geben wird, wenn die Aufnahmestele in Meßstetten in Betrieb gegangen ist. Wie es anschließend weitergeht, müssen wir sehen. Die Einrichtung ist ja zeitlich auf zwei Jahre bis Ende 2016 befristet. Niemand kann heute sagen, ob es auch dann noch so enorme Flüchtlingsströme geben wird wie jetzt gerade.

Wie kann die Politik darauf reagieren?

Ich meine, dass die derzeitige grün-rote Landesregierung sich falsch verhält, wenn sie zusammen mit anderen Bundesländern die Neufassung der Drittstaatenregelung im Bundesrat blockiert. Dabei geht es darum, dass die Ländern Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina künftig als sichere Herkunftsstaaten gelten sollen, so dass Asylbewerber von dort leichter wieder in diese Länder zurückgeschickt werden könnten. Man muss sehen: Das sind Länder, in denen wir Urlaub machen. Klar gibt es auch dort Not, aber diese Not ist kein Grund für politisches Asyl. Die Neuregelung könnte dazu führen, dass die Verfahren für Menschen aus diesen Ländern beschleunigt werden. Und das würde die Situation für Menschen beispielsweise aus den Kriegsgebieten in Syrien und im Irak, die wirklich Hilfe brauchen, enorm verbessern.