Mit dem Kinderwagen und wenigen Habseligkeiten auf dem Weg ins Frauenhaus: Wenn daheim die Gewalt zunimmt, suchen viele Mütter zusammen mit ihren Kindern dort Zuflucht. Foto: Pilick

Im vergangenen Jahr haben im Kreis 72 Frauen und 82 Kinder im Frauenhaus Zuflucht vor häuslicher Gewalt gefunden.

Zollernalbkreis "Frei sein", "Realität erkennen", "Abwehren", "Unterstützung holen", "Entscheiden", "Nein sagen" – diese Leitsätze hat das Frauenhaus Zollernalbkreis an den Beginn des Jahresberichts gestellt. Die Anfangsbuchstaben ergeben das Wort "Frauen". Aber nicht nur Frauen leiden unter häuslicher Gewalt. Oft sind Kinder die Leidtragenden.

 

Allein im vergangenen Jahr fanden mit 72 Frauen auch 82 Kinder Zuflucht in der Einrichtung – die meisten aus Eigeninitiative, manche wurden aber auch von der Polizei oder anderen Behörden beziehungsweise Frauenhäusern dorthin geschickt. Das Frauenhaus, das irgendwo in Balingen steht, ist voll belegt. Aus diesem Grund mussten allein im vergangenen Jahr 109 Zufluchtsuchende abgewiesen werden.

Wo genau das Frauenhaus steht, wird geheim gehalten. Denn die Betroffenen, die vor der häuslichen Gewalt daheim geflüchtet sind, sollen dort vor den Drohungen und der Gewalt ihrer Ehemänner in Sicherheit sein.

Nur etwa ein Viertel der Frauen kommt tatsächlich aus dem Zollernalbkreis. Der Rest kommt aus anderen Landkreisen oder Bundesländern.

Für die Kleinen ist der Schritt, den ihre Mütter notgedrungen machen müssen, ein großer Einschnitt. 20 Kinder waren, als sie im Frauenhaus aufgenommen wurden, bis zu zwei Jahre alt, 19 zwischen drei und vier Jahre, 13 zwischen fünf und sechs Jahre, 22 zwischen sieben und zehn. Sie verlassen ihre gewohnte Umgebung, Schule und Kindergarten, Zuhause und Freunde. Genau wie ihre Mütter dürfen sie keinem erzählen, wie die anderen Bewohnerinnen streng für sich behalten.

Wie ein Kind die Flucht vor häuslicher Gewalt erlebt, davon erzählt das Buch "Pia zieht ins Frauenhaus". Entstanden ist es in Zusammenarbeit von vier langjährigen Frauenhaus-Mitarbeiterinnen aus Baden-Württemberg und Bayern. Die Illustrationen hat die Kunsttherapeutin Regina Winter gezeichnet.

Es ist das erste Kinderbuch, das sich diesem Thema widmet. Die Frauenhaus-Mitarbeiterinnen berichten darin kindgerecht vom Leben im Frauenhaus – aus Sicht eines Kindes. Den kleinen Bewohnern solle es das Gefühl vermitteln, dass sie mit ihrem Schicksal und ihren Erfahrungen nicht allein dastehen.

Mit dem Buch soll aber auch den Mitarbeiterinnen etwas in die Hand gegeben werden, um die Thematik kindgerecht mit den kleinen Bewohnern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren zu besprechen.

Im Buch wird die ganze Leidensgeschichte der kleinen Pia beschrieben: ihre Angst, die gewohnte Umgebung verlassen zu müssen, aber auch die Erleichterung über die neu gewonnene Sicherheit. Das Buch handelt darüber hinaus von den häufig entstehenden Loyalitätskonflikten, der Zerrissenheit der Kinder zwischen ihren Eltern.

Am Ende des Buchs zieht Pia mit ihrer Mutter, die neuen Lebensmut gewonnen hat, in eine eigene Wohnung. Dies ist natürlich der ideale Verlauf, wissen die Mitarbeiterinnen im Frauenhaus. Die einzelnen Schicksale der Schutzsuchenden seien sehr komplex.

Zu beziehen ist das Buch über das Frauenhaus Zollernalbkreis, Postfach 100446, 72304 Balingen, Telefon 07433/84 06.

Info: Das Frauenhaus

Im Januar 1982 wurde der Verein "Frauenhaus Zollernalbkreis" gegründet. Heute hat das Frauenhaus 18 Plätze für Frauen und Kinder und fünf Mitarbeiterinnen, die in Teilzeit arbeiten. Das Frauenhaus Zollernalbkreis ist auf Spenden angewiesen. Spendenkonten sind bei der Volksbank Balingen und bei der Sparkasse Zollernalb eingerichtet. In der Vorweihnachtszeit werden auch gerne Weihnachtsgeschenke für die Kinder als Spenden angenommen.
Mit dem Kinderwagen und wenigen Habseligkeiten auf dem Weg ins Frauenhaus: Wenn daheim die Gewalt zunimmt, suchen viele Mütter zusammen mit ihren Kindern dort Zuflucht. Foto: Pilick