Schön voneinander entfernt sitzen die Kreisräte in der Geislinger Halle. Foto: Schwarzwälder Bote

Klinik-Geschäftsführer spricht von exponenzieller Kurve. Genug Beatmungsplätze große Herausforderung.

Zollernalbkreis - Mit Sicherheitsabstand, an Einzeltischen und stark ausgedünnt, denn viele hatten sich entschuldigt: Der Kreistag hat am Montagabend ein letztes Mal vor einer mehrwöchigen Corona-Pause getagt – nicht im Landratsamt, sondern in der Geislinger Schlossparkhalle. Und verständlicherweise war der Erreger ein großes Thema.

"Wir versuchen immer, vor der Lage zu sein", sagte Landrat Günther-Martin Pauli und verwies darauf, dass der Krisenstab des Landratsamts seit Aschermittwoch regelmäßig zusammengekommen sei. "Alle tragen Verantwortung", sagte Pauli. Ziel der Schließung vieler Einrichtungen und der Absage von Massenveranstaltungen sei es nicht, Corona zu verhindern, sondern die Ausbreitung zu drosseln. Eine Situation wie derzeit, so Pauli, habe man bisher noch nie gehabt. Aber man tue alles, was möglich sei. Jeder sei ein Multiplikator und könne mithelfen. Und, ganz wichtig: "Wer zuhause bleibt, infiziert sich nicht."

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Was es damit auf sich hat, erklärten Klinik-Geschäftsführer Gerhard Hinger und Chefarzt Boris Nohé, Leiter der Zentralanästhesie am Zollernalb-Klinikum. "Es ist wichtig, zu informieren, denn Unwissenheit führt zu Ängsten und irrationalen Reaktionen", so Hinger. Vorderstes Ziel sei es, dass die medizinischen Strukturen nicht überlastet werden, sagte er und verwies darauf, dass sich die Zahl der Infektionen derzeit in Deutschland innerhalb von drei Tagen verdopple. Die Entwicklung bedeute, dass es am 31. März im Zollernalbkreis 1347 Infizierte geben könnte. Davon müssten laut Prognose 202 stationär behandelt werden, schätzungsweise 30 mit Beatmung. "Es ist eine exponenzielle Kurve, die wir möglichst flacher halten müssen, um nicht die katastrophalen Zustände aus Italien zu erreichen." Sollte die Verdopplung der Infektionszahlen nicht alle drei, sondern alle vier oder fünf Tage erfolgen, "hätten wir bessere Chancen, es zu bewältigen".

Beatmungsplätze sicherstellen - eine große Herausforderung

Eine der Maßnahmen sei es, Patientenströme nicht ungelenkt ins Klinikum zu lassen; auf dem Parkplatz beim Hochhaus werde ein Zelt als "vorgeschaltete Einheit" aufgebaut, wo 30 bis 35 Patienten aufgenommen werden könnten und entschieden werde, welche Behandlung sie brauchen. Möglichst viele Beatmungsplätze sicherzustellen, sei eine große Herausforderung. Die Beatmungsgeräte seien bestellt, bundesweit 100.000. "Wir werden ein gewisses Kontingent bekommen. Zur Not arbeiten wir mit Narkose-Beatmungsgeräten." Beatmungsgeräte seien unverzichtbar, weil sich gezeigt habe, dass die meisten Todesfälle in Italien auf fehlende Beatmung oder schweres Lungenversagen zurückzuführen seien. 35 Intensivplätze gebe es am Zollernalb-Klinikum, "wir setzen alles daran, dass es funktioniert". Derzeit sei man bemüht, zur Unterstützung auch aus anderen Bereichen Intensivpersonal zu bekommen und zusätzliche Fachkräfte zu mobilisieren.

Bortis Nohé verwies auf die Unvorhersehbarkeit der Erkrankungen, die eine große Bandbreite von Schutzmaßnahmen erforderlich mache. Die Entwicklung in China lasse auf ein Ende hoffen: "Dort hat es im Dezember begonnen und ist derzeit am Abflauen." Warum es in Italien eine höhere Mortalität gebe als in China, wisse man nicht. Die gute Nachricht: In Deutschland liege die Sterblichkeit bei 0,2 Prozent. Die schlechte: Wenn sich die Zahl der Infektionen wie in Italien entwickeln würde, hätte man bis zum 6. April allein im Zollernalbkreis 600 Intensivpatienten. Hilfreich wäre es, die Testzentren zu dezentralisieren und mit den niedergerlassenen Ärzten zusammenzuarbeiten. "Wir haben noch keinen schweren Krankheitsverlauf gehabt, es wird aber nicht so bleiben."

DRK-Chef Lebherz: Kapazität des Labors ist erreicht"

Der DRK-Vorsitzende Heiko Lebherz verwies darauf, dass seit zweieinhalb Wochen mit allen DRK-Ortsvereinen zusammengearbeitet werde. Abstriche seien bereits bei 970 Patienten gemacht worden. "Die Kapazität des Labors ist erreicht, momentan gibt es einen Versatz von vier Tagen", so Lebherz. Beatmungsgeräte seien bestellt. Ein Problem seien die Arbeitgeber, die nicht einverstanden seien, die Ehrenamtlichen freizustellen. In Zusammenarbeit mit dem Klinikum und dem Landratsamt hoffe das DRK, die Lage bewältigen zu können.

Das Gesundheitsamts des Landratsamts hat am Dienstag 18 weitere Corona-Infektionen bekanntgegeben. Betroffen sind zehn Männer und acht Frauen im Alter von 21 bis 72 Jahren. Vermutlich haben sie sich den Virus während Urlauben in einem der europäischen Risikogebiete oder nach intensivem Kontakt zu bereits Erkrankten eingefangen. Die Gesamtzahl der an dem Coronavirus-Infizierten im Zollernalbkreis beträgt damit 51.