Der leere Plenarsaal. Wie er künftig besetzt sein wird, müssen die Deutschen vermutlich bei vorgezogenen Bundestagswahlen entscheiden Foto: Kay Nietfeld/dpa/Kay Nietfeld

Nach dem Ampel-Aus in Berlin startet nun eine Übergangsphase. Unsere Redaktion hat sich vor Ort umgehört: Wie wird das Scheitern der Bundesregierung im Zollernalbkreis gesehen? Die Politprominenz äußert sich

Wie wird das Ende der Ampel beurteilt? Und wie kann es weitergehen? Unter anderem der Landrat des Kreises, die Kreisvorsitzenden der Parteien und Mitglieder des Bundestags beziehen Stellung.

 

Ermilio Verrengia, Vorsitzender der Freien Wähler Zollernalb

„Verdaut haben wir das Ampel-Aus noch nicht“, sagt Ermilio Verrengia, Vorsitzender der Freien Wähler Zollernalb. Doch es müsse weitergehen: „Jetzt geht’s darum, wieder Vertrauen zu schaffen. Partei-Interessen müssen hinten angestellt werden.“ Sowohl innen- als auch außenpolitisch müsse man zusammenrücken und stark auftreten.

Ermilio Verrengia Foto: Uwe Miosge /Uwe Miosge

Konrad Flegr, Pressesprecher der Kreis-Grünen

„In dieser Zeit hätten wir eine schlagfertige, arbeitsfähige, mutige, verantwortungsvolle Regierung benötigt“, sagt Flegr unserer Redaktion. An der Basis sei das ganze Spektrum vorhanden, von Enttäuschung bis Erleichterung. Flegr betont, die Grünen sollten sich auf ihre Anliegen besinnen und womöglich auch nicht mehr in Regierungsverantwortung ihren Teil zur Bundespolitik beitragen: „Wir müssen uns treu bleiben.“

Konrad Flegr Foto: Peter Schilling PS-Fotografie

Nicole Hoffmeister-Kraut, Vorsitzende des CDU-Kreisverbands Zollernalb

Die CDU-Kreisvorsitzende und baden-württembergische Wirtschaftsministerin sagt: „Das Ende der Ampel-Koalition ist das Ergebnis mangelnder vertrauensvoller Zusammenarbeit, parteipolitisch geprägter Klientelpolitik und eitler Inszenierungsbemühungen.“ Mit ihrem Ende bestehe die Chance auf einen vernunftgeleiteten politischen Wechsel im Bund. „Angesichts der enormen Herausforderungen und einer zunehmend multipolaren Welt muss Deutschland stark und handlungsfähig sein. Deshalb sind schnelle Neuwahlen dringend erforderlich.“

Nicole Hoffmeister-Kraut Foto: Hoffmeister-Kraut

Martin Rosemann, SPD-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Hechingen-Tübingen

„Die FDP war nicht bereit, die notwendigen Schritte zur Sicherung der Industriearbeitsplätze, zur Unterstützung der Ukraine und zur Stärkung unserer Sicherheit nach den Wahlen in den USA vorzunehmen.“ Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP), habe sich „Kompromissen und damit der Verantwortung verweigert“. Rosemann weiter: „Der Bundeskanzler musste Schaden von unserem Land abwenden. Das hat er getan.“

Martin Rosemann /Fionn Große

Annette Widmann-Mauz, CDU-Bundestagsabgeordnete im Wahlkreis Tübingen

Widmann-Mauz appelliert: „Der Bundeskanzler muss die Vertrauensfrage nächste Woche stellen und so den Weg für frühzeitige Neuwahlen freimachen. Er muss der staatspolitischen Verantwortung gerecht werden, die er von anderen einfordert. Es sind die Wähler, die jetzt entscheiden müssen, wer das Land in den nächsten vier Jahren führen soll.“

Annette Widmann-Mauz Foto: Stopper

Julian Grünke, FDP-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Tübingen

Julian Grünke, für die Freien Demokraten über die Liste im Bundestag abgeordnet, verweist auf Anfrage unserer Redaktion auf die „konstruktiven Lösungen“, die die FDP angeboten habe. Grünke: „Die Bereitschaft von SPD und Grünen in der Scholz-Regierung, diese notwendigen Reformen mitzutragen, fehlte jedoch gänzlich.“

Julian Grünke Foto: Grünke

Günther-Martin Pauli (CDU), Landrat des Zollernalbkreises

„Deutschland und Europa brauchen besser heute als morgen eine starke Regierung in Berlin. Das unrühmliche Gedümpel der Ampel in den vergangenen Monaten war trostlos“, meint der Landrat. Allerdings bleibe die Sorge, dass die Regierungsbildung aufgrund der zunehmenden Zersplitterung der Parteienlandschaft zum Schaden des Landes nicht einfacher werde. Dazu kämen ideologische Differenzen, die eine konstruktive, verantwortungsbewusste Sachpolitik erschwerten. „Die Gesellschaft verträgt keine Bevormundung, Überregulierungen und tieferen Gräben, sondern braucht Miteinander, Eigenverantwortung, gegenseitige Rücksichtnahme und mehr Zuversicht statt Angstmacherei“, betont Pauli.

Günther-Martin Pauli Foto: Maier

Robin Mesarosch, SPD-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen

„Ich bin nicht überrascht vom Ende der Koalition. Das unverantwortliche Verhalten der FDP hat es erzwungen“, sagt Mesarosch. Olaf Scholz habe gut daran getan, die Koalition in diesen krisenhaften Zeiten zusammenzuhalten: „Wenn die FDP aber darauf besteht, unser Land kaputtzusparen, sodass Deutschland ungerechter oder unsicherer würde, ist das mit uns nicht zu machen.“ Im neuen Jahr werde Deutschland darüber abstimmen, welchen Kurs es möchte: kaputtsparen oder investieren. „Bis dahin werden alle Parteien Zeit brauchen, ihre Kandidierenden zu nominieren, Wahlprogramme zu schreiben und Gesetze zu beschließen.“ Er vertraue dem Kanzler, dass er bis dahin das Land weiter stabil und sicher führe.

Robin Mesarosch Foto: Mesarosch

Frank Schroft (CDU), Bürgermeister von Meßstetten

Frank Schroft war zufällig in Berlin, als dort die Koalition platzte: „Es war absehbar“, kommentiert er die Schwierigkeiten der Ampel, „sich auf Kompromisse zu verständigen“. Er betont aber auch: „Wichtig ist, dass Kanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage nicht erst im Januar stellt. Denn die größte Volkswirtschaft der Europäischen Union braucht jetzt Stabilität und eine stabile Regierung, wenn Donald Trump am 20. Januar erneut ins Weiße Haus einzieht.“ Grundsätzlich bewertet Schroft das Ende der Koalition als „guten Schritt fürs Land“.

Frank Schroft Foto: Schroft

Thomas Bareiß, CDU-Bundestagsmitglied im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen

„Nach drei Jahren ist die Koalition am Ende und hinterlässt einen Scherbenhaufen“, urteilt Bareiß. Umso wichtiger sei es, jetzt keine Zeit mehr zu verlieren: „Bundeskanzler Scholz muss sofort die Vertrauensfrage stellen. Wir brauchen schnelle Neuwahlen und keine lange Hängepartie.“

Thomas Bareiß Foto: Bareiß