Den Vertrag mit dem Land hatten Landrat Günther-Martin Pauli (links) und der Meßstetter Bürgermeister Frank Schroft dabei: "Verträge sind einzuhalten." Foto: Eyrich

Wie hart Meßstetten eine Reaktivierung der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (Lea) in der ehemaligen Zollernalb-Kaserne treffen würde, haben Bürgermeister und Landrat deutlich gemacht. Nun heißt es abwarten.

Meßstetten - Vor allem die Sorge, dass alle Pläne des Zweckverbandes Interkommunaler Industrie- und Gewerbepark Zollernalb (IIGP) und der Stadt Meßstetten für das Areal der ehemaligen Zollernalb-Kaserne zunichte wären, wenn das Land die Lea reaktivierte, treibt Bürgermeister Frank Schroft und Landrat Günther-Martin Pauli um.

 

Am Freitag berichteten sie von ihrem Gespräch mit Vertretern der Landesregierung in Stuttgart und über ihre dort dargelegten Argumente: "Es gibt einen Vertrag vom Juli 2016, in dem sich das Land gegenüber der Stadt Meßstetten verpflichtet hat, eine Nutzung des Geländes und der Räume der ehemaligen Zollernalb-Kaserne als Lea nach dem 31. Dezember 2017 zu unterlassen."

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Auf diese Vertragsvereinbarung berufen sich Schroft und Pauli und machten deutlich, sie falls nötig auch mit juristischen Mitteln durchsetzen zu wollen. "Fragen kann man ja", sagte Pauli mit Blick auf die Suche des Landes nach Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete, deren Zahl aktuell wieder steige. Gleichzeitig gelte aber: "Pacta sunt servanda" – Verträge sind einzuhalten, so Schroft.

Die Argumente gegen eine Reaktivierung der Lea in Meßstetten zählten beide auf. Neben dem Truppenübungsplatz mit neun Sprengplätzen Kriegsflüchtlinge unterzubringen, sei schon 2014 keine gute Idee, angesichts der Zahlen damals aber nachrangig gewesen.

Nachdem in Meßstetten zeitweise bis zu 3800 Asylbewerber statt der geplanten 500 bis 1000 untergebracht waren und die Meßstetter sich mit großem Einsatz für die Menschen engagiert hätten, sei es nur fair, dass nun andere Standorte zur Unterbringung gewählt würden.

"Leer stehende Gebäude gibt es genug im Land", sagte Pauli, und Schroft betonte, dass es nicht darum gehe, keine Asylbewerber mehr in der Stadt zu wollen. Wenn jemand Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft bewiesen habe, dann die Meßstetter, betonte er mit Blick auf den fast geräuschlosen Lea-Betrieb, der auch vom Land sehr gewürdigt worden sei.

Die vertraglich zugesicherte Unterstützung durch das Land bei der Suche nach einer geeigneten Nachnutzung für das 56 Hektar große Kasernenareal hatten Stadt und Landkreis freilich vermisst – und sind selbst aktiv geworden: Meßstetten, Albstadt, Balingen, Nusplingen und Obernheim gehören dem noch jungen Zweckverband IIGP an, dessen Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) über den Kauf des Areals weit seien. Firmen wollen sich ansiedeln. Eine Bioabfall-Vergärungsanlage müsste ab Herbst 2022 gebaut werden, um im Zeitrahmen fertig zu sein – ein Projekt, das dem Klimaschutz diene, Transportwege und damit Geld spare.

Das Sportareal soll 2022 ausgebaut werden

Außerdem will die Stadt die Sportanlagen der Kaserne, die ihr inzwischen gehören, ausbauen und sanieren. All das würde ein Lea-Betrieb verhindern – und die interessierten Firmen für den IIGP vielleicht abspringen. "Dann wäre das ein Millionengrab", so Schroft. Anders als zu Beginn vorgesehen, will der Zweckverband das gesamte Kasernenareal für Industrie, Gewerbe und Dienstleistungseinrichtungen entwickeln. Der IIGP sei ein "Leuchtturmprojekt für die lokale und regionale wirtschaftliche Entwicklung", die ja ein Ziel der Landesregierung sei.

Einen Rechtsstreit wollen weder Schroft noch Pauli führen müssen, wie sie betonten, und appellierten deshalb "an Fairness und Verlässlichkeit" der Landesregierung, deren Glaubwürdigkeit beschädigt würde, sollte sie das Projekt durchsetzen, so Pauli.

Habe die Bevölkerung in Meßstetten damals bei einer Bürgerversammlung schon kurz nach Ankündigung der Lea großes Verständnis dafür gehabt, sei diese Transparenz in einer Pandemiesituation gar nicht herstellbar. Anders formuliert: Das Land müsste an den Meßstetter Bürgern vorbei seine Pläne umsetzen, obwohl diese ein so wichtiger Faktor für den erfolgreichen Betrieb der Lea in Meßstetten waren.

Nicht zuletzt wird ab der kommenden Woche wieder in der Kaserne geimpft. Allein schon all die Booster-Impfungen machten einen Betrieb des Pop-up-Impfzentrums in der ehemaligen Kantine nötig, die für eine Lea ebenfalls gebraucht würde. Beides zusammen gehe nicht.

"Zu unserem Verständnis einer Partnerschaft zwischen Land, Landkreisen und Kommunen gehört die Politik des Gehörtwerdens", betonte Schroft, der Pauli ausdrücklich für seine Unterstützung dankte. Im Vorgehen des Landes sei das freilich nicht erkennbar. Einen Zeithorizont, bis wann das Land entscheiden will, konnten Schroft und Pauli nicht nennen. Es werde geprüft. Über die Zwischentöne beim Gespräch mit Justizministerin Marion Gentges, bei dem auch die Balinger Landtagsabgeordnete und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut dabeigewesen war, wollten Pauli und Schroft nichts sagen: "Wir haben Vertraulichkeit vereinbart – und wir halten uns an Vereinbarungen."