Wasser und Wein sind bei Bündnis ’90/Die Grünen im Zollernalbkreis in der Analyse der Bundestagswahl zusammengeflossen, die sie in der Hauptversammlung im "Gleis 4" gemacht haben.
Zollernalbkreis - "Ich fühle mich wie ein unglücklich Verliebter, der von seiner Braut in den Wind geschossen wurde – die Braut ist das Volk", sagte Johannes Kretschmann, Kandidat im Wahlkreis Zollernalb/Sigmaringen. Er dankte allen für den großen Einsatz "in einem Wahlkreis, in dem die CDU bei der Zahl der Mitglieder zehnfach überlegen ist". Zwar habe kaum ein anderer CDU-Kandidat so viel eingebüßt wie Thomas Bareiß, 14,9 Prozent bei den Erststimmen, was ein deutliches Zeichen sei, trotzdem habe es nicht gereicht für das Direktmandat, auch wenn die Grünen mehr Erst- und Zweitstimmen geholt hatten als 2017. Von der "Campact"-Kampagne gegen Bareiß distanzierten sich Kretschmann und die Grünen freilich ausdrücklich: "Das war von uns nicht autorisiert", sagte Kretschmann mit Blick auf die Empfehlung von Campact, ihn zu wählen statt Bareiß. Er empfahl, bei der nächsten Wahl früher einen Kandidaten zu benennen, damit dieser sich innerparteilich besser vernetzen könne, um eine Chance auf einen besseren Listenplatz zu haben – Platz 21 hatte Kretschmann nicht gereicht; nur 18 Kandidaten sind in den Bundestag eingezogen.
Deutlich mehr Stimmen als Partei
Chris Kühn, der über die Landesliste sein Bundestagsmandat im Wahlkreis Hechingen-Tübingen verteidigt hatte, ist "enttäuscht, dass ich um 2000 Stimmen am Direktmandat vorbeigeschrammt bin". Er zollte CDU-Kandidatin Annette Widmann-Mauz aber Respekt für ihren Wahlkampf und Kretschmann Respekt für sein Ergebnis: "Du hast deutlich mehr Stimmen geholt als die Partei, und darauf kannst Du richtig stolz sein."
Worauf alle stolz sind: Noch nie seien die Grünen auch im ländlichen Raum so stark gewesen wie diesmal, so Kühn. "Ich glaube, dass wir jetzt unsere Ziele wirklich umsetzen und wirklich etwas ändern können", auch wenn sich schon abzeichne, dass die Sondierungsgespräche nicht einfach würden. Die Mitglieder forderte er auf, auch nach dem Wahlkampf viel "raus zu den Leuten" zu gehen, etwa an Wochenmarktstände, um im Dialog mit den Wählern zu bleiben.
Acht Neumitglieder – fünf Männer und drei Frauen – stellten sich vor und nannten ihre Motive, wobei die Notwendigkeit klimafreundlicher Politik am häufigsten genannt wurde. Laut Schatzmeister Uwe Jetter zählt der Kreisverband aktuell rund 130 Mitglieder – 30 mehr als vor drei Jahren, und auch die Spenden seien auf Rekordniveau.
In den Kreisvorstand wählten die Mitglieder Sonja Allgaier aus Albstadt, Karen Däschler und Erwin Feucht aus Balingen, Jasmin Zakryszka und Peter Thriemer aus Burladingen und Konrad Flegr aus Bisingen. Uwe Jetter aus Balingen bleibt Schatzmeister. Kassenprüfer sind Konrad Wiget aus Haigerloch und Albert Reyer aus Bitz, Beiräte Ulrich Kohaupt aus Albstadt für Wirtschaft, Oliver Otte aus Balingen für Bauen, Sabrina Hipp aus Albstadt für Soziales, Jürgen Detel aus Hechingen für Mobilität und Kevin Friedrich aus Balingen für Klimafragen.
Delegierte zur Bundeskonferenz ist Almut Petersen aus Hechingen, Ersatzdelegierte Erwin Feucht, Manfred Knobloch aus Burladingen, Christopher Seng aus Balingen und Andre Schäfer aus Burladingen. Zur Landeskonferenz fahren Regine Erb aus Burladingen und Andre Schäfer. Ersatzdelegierte sind Sine Friedrich aus Balingen, Oliver Otte aus Balingen und Nicholas Wakefield aus Burladingen. In den Landesfrauenrat wählten die Mitglieder Karen Däschler aus Balingen.
Kretschmann: Im Schulterschluss mit "Fridays for Future" mehr bewegen
In einer Online-Konferenz wollen die Grünen bald in Ruhe nochmals ausführlich die Bundestagswahl analysieren und zudem die Weichen stellen für die Gründung einer Grünen Jugend im Kreis. Kretschmann wies auf den engen inhaltlichen Schulterschluss mit den Aktivisten von "Fridays for Future" im Kreis Sigmaringen hin, der als Basis dienen könne. Kreisgeschäftsführerin Svenja Bockorny erhielt Sonderapplaus für ihren Einsatz im Wahlkampf und eine Sonnenblume für zehn Jahre Mitgliedschaft.