Die »Pusteblume« in Flözlingen ist ein Kindergarten –­ und dem fehlt es an Kindern. Foto: Friedrich/pixelio

Kindergarten "Pusteblume" sorgt für Diskussionen im Gemeinderat. Eltern kritisieren Arbeit der Erzieherinnen.

Zimmern o. R - Wie viele Kinder sind nötig, um gute Kindergartenarbeit leisten zu können? Und wann ist es Zeit, eine Einrichtung zu schließen? Richtig, es geht um die Flözlinger "Pusteblume" – nun auch Thema im Gemeinderat.

In allen Zimmerner Ortsteilen gibt es Kindergärten. Dem Flözlinger allerdings gehen die "Kunden" aus: Der Ortschaftsrat stellte sich in seiner jüngsten Sitzung dennoch hinter die Einrichtung. Die endgültige Entscheidung allerdings oblag dem Gemeinderat. Seinem Beschluss ging eine lange Diskussion voraus.

Das sagt der Bürgermeister: "Wenn wir den Kindergarten nicht übernommen hätten, dann wär er schon zu", erklärt Emil Maser in der Sitzung. Zum 1. April hatte die bürgerliche Gemeinde die Einrichtung von der evangelischen Kirchengemeinde Zimmern-Flözlingen übernommen – aus finanziellen Gründen, hieß es damals. Einnahmen und Zuschüsse waren rückläufig. Zimmern sprang ein, schließlich sei ein Kindergarten auch ein Standortfaktor, meint der Schultes.

"Pusteblume" gehen die Kinder aus

"Relativ bald" nach der Übernahme, Maser spricht von einer Woche, sah sich die Verwaltung plötzlich mit unerwarteten Problemen konfrontiert: "Uns sind gewisse Unzufriedenheiten vermittelt worden." Sprich: Eltern seien auf die Verwaltung zugekommen. Sie forderten Veränderungen "im Interesse ihrer Kinder". Drei Familien wollten ihre Kinder gar in eine andere Einrichtung geben.

Die Prognose: Jetzt plagt die "Pusteblume" also noch ein ganz anderes Problem: Ihr gehen die Kinder aus. Die Prognose fürs kommende Jahr, die Hauptamtsleiter Johannes Klingler den Gemeinderäten vorstellt, fällt relativ düster aus: 2014/15 besuchen zunächst wohl gerade einmal fünf Sprösslinge die Einrichtung, einen weiteren Interessenten aus Rottweil gibt es. Dabei gäbe es in Flözlingen derzeit elf Kinder im passenden Alter.

Als Reaktion auf die Beschwerden führten Emil Maser und Uta Digeser, Leiterin der kommunalen Kindertagesstätte und des Familienzentrums in Zimmern, Gespräche mit den Familien, aber ohne das Kindergartenpersonal. Die derzeit gut 2,5 Stellen teilen sich momentan drei Erzieherinnen. Ergebnis: Zwei Kinder sollen nun doch in Flözlingen in den Kindergarten gehen, die Eltern eines dritten schwanken noch. Sonst wären es im kommenden Jahr nur drei Kinder in der "Pusteblume" gewesen. Es gehe nicht ums Geld, meint Maser. Aber eine gewisse Zahl an Kindern müsse da sein, um vernünftig arbeiten zu können.

Ingrid Balke will es genauer wissen: Wo liegen denn genau die Probleme zwischen Eltern und Erzieherinnen? Fragen zum Personalbereich kann der Bürgermeister öffentlich nicht beantworten, und in den würde es gehen, sagt er. "Aber die Qualität der Arbeit der Erzieherinnen will ich nicht infrage stellen." Die Eltern allerdings hätten andere Erwartungen.

Die Flözlinger Fraktion: "Uns ist es bewusst, dass es von den Kinderzahlen her nicht ausreicht", erklärt Ortsvorsteher und Gemeinderat Reiner Haas. Und: Eltern und Kinder seien Kunden des Kindergartens, sie müssten von den Erzieherinnen auch so behandelt werden. Vor allem aber: "Dem Ding sollte man noch eine Chance geben."

Eltern und Mitarbeiter sollten sich zusammensetzen, um die Attraktivität der Einrichtung wieder zu steigern, meint Haas’ Mitstreiter Thomas Bausch. "Gebt uns diese Zeit, gebt uns diese Chance", appellierte er an seine Ratskollegen.

Kinder müssten in Zimmern untergebracht werden

Die kritischen Stimmen: Guntram Ober, im Gremium für klare Worte bekannt, stellt die Frage, ob eine pädagogische Arbeit mit fünf Kindern überhaupt noch sinnvoll sei. Das sei "sicherlich schwierig", erklärt Digeser. Ein großes Ziel der Kindergartenarbeit sei es schließlich, dass Kinder gemeinschaftsfähig werden. Zudem hemme die niedrige Kinderzahl Eltern in einer Entscheidung pro Flözlingen. Auf der anderen Seite hätten die Erzieherinnen viel Zeit für die Kinder. "Pusteblume"-Leiterin Susanne Mojsisch betont, die Kinder würden es genießen, so viel Zeit, Platz und Aufmerksamkeit zu haben. Auch sei die Beziehung zwischen Erzieherinnen und Kindern intensiver. "Nichtsdestotrotz hätten wir natürlich gern mehr Kinder."

Außerdem fragt Ober dann doch noch nach dem Geld: 2013 betrug der Abmangel über 126 .000 Euro, berichtet Kämmerer Martin Weiss, 2014/15 wären es knapp 117 .000 Euro, auf denen die Gemeinde sitzen bliebe.

Wenn es die "Pusteblume" nicht mehr gäbe müsste die Gemeinde, um die bisher in Flözlingen betreuten Kinder in Stetten unterzubringen, dort eine weitere Kleingruppe einrichten. Dafür müsste Zimmern jährlich knapp 34. 000 Euro drauflegen, wie die Finanzverwaltung ebenfalls errechnet hat.

"Die Zahlen sind schon ein bisschen hart", findet Gemeinderat Walter Mink, plädiert aber trotzdem für den Erhalt: Alle müssten sich bewusst sein, was es bedeutet, die Einrichtung zu schließen.

Die Stimmung: Die Flözlinger Fraktion im Gemeinderat, vor allem Thomas Bausch, wirkt gegen Ende der Diskussion angeschlagen. Auch an Bürgermeister Emil Maser geht das Thema "Pusteblume" nicht spurlos vorüber: Er und Uta Digeser stünden in der Kritik, weil sie Gespräche mit Eltern ohne das Kindergartenpersonal geführt hätten, schildert der Schultes.

In der Sitzung zitiert er zudem aus einem Schreiben der evangelischen Kirche an ihre Mitglieder. Dort heißt es, das Problem des Kindergartens sei nicht das fehlende Geld, sondern eher die fehlenden Kinder gewesen. "Das Problem haben wir jetzt", sagt Maser.

Die Ideen: Gemeinderat Peter Renninger fragt, was man grundsätzlich ändern könne. Eine Möglichkeit sind seiner Meinung nach niedrigere Beiträge. Winfried Praglowski erklärt gar: "Dass man die Kindergartengebühren auf null senkt, hab ich vor zehn Jahren schon verlangt."

Wolfgang Schmutz will der Einrichtung Zeit geben für Veränderungen, sagt aber auch: Wenn es bei ihm im Unternehmen nicht klappe, müsse man über einen Personalwechsel nachdenken. "Vielleicht muss jemand an eine andere Stelle." Guntram Ober will von Susanne Mojsisch denn auch wissen, welche Maßnahmen sie und ihre Kolleginnen ergreifen wollen. "Natürlich haben wir uns Gedanken gemacht", sagt sie. Etwa ein Austausch mit anderen Einrichtungen, was in den Zuschauerreihen für Unruhe sorgt, oder Werbung. Kinder aus anderen Gemeinden abzuwerben jedoch, unterbricht Maser, "ist nicht unser Stil".

Der Beschluss: Bei zwei Nein-Stimmen (Balke und Ober) entscheidet sich das Gremium mehrheitlich dafür, erst mal zu beobachten, wie es läuft in der "Pusteblume". Zudem will die Verwaltung das Gremium auf dem Laufenden halten.