Wildschadenausgleichskasse landesweit einmalig. Landwirte, Jagdpächter und Gemeinde zahlen ein.

Zimmern o. R. - Wenn Wildschweine auf Feldern wüten, ist der Schaden mitunter groß. Zumeist müssen die Jagdpächter dafür aufkommen. In Zimmern nicht: Dort teilen sich Jagdpächter, Gemeinde und Landwirte die Kosten.

In Maisfeldern fühlen sich die Schwarzkittel buchstäblich sauwohl. Gut getarnt, darum ungestört und die Nahrung direkt vor dem Maul (in der Fachsprache Gebrech) dürfte sich manches Wildschwein zwischen Maispflanzen wie im Schlaraffenland fühlen. Die Landwirte freilich freuen sich weniger über die Mitbewohner: Wenn sie auf den Feldern wühlen, ist der Schaden groß. Und die Sau wird ihn nicht übernehmen.

In Zimmern trifft Wildschwein deshalb auf Sparschwein: Die sogenannte Wildschadenausgleichskasse gibt es seit 1. April 2010. Aus ihr werden die Schäden beglichen, die Schalenwild – also Wildschweine, Dam-, Rot- oder Rehwild – auf Feldern anrichten.

"Das ist eine tolle Sache", sagt Ottmar Riedmüller aus Stetten, der die Kasse verwaltet, erfreut. Erst recht, weil die Schäden zunehmen – der Bestand an Schwarzwild wächst. Das liegt unter anderem daran, dass immer mehr Mais und Getreide angebaut werden. In den Feldern können sich die Tiere gut verstecken. Zum andern kommt ihnen der Klimawandel entgegen: Praktisch das ganze Jahr über finden sie Kastanien und Eicheln, Futter ist ausreichend vorhanden. Eigentlich ist die Jagdgenossenschaft, der alle Grundstückseigentümer angehören, verantwortlich für die Regulierung von Wildschäden.

Rund um Rottweil haben die Kommunen diese Verpflichtung übernommen, die sie wiederum an die Jagdpächter weitergeben können. Letztendlich müssen also die Jäger blechen. Das kann teuer werden.

"Es kann nicht sein, dass immer der Jagdpächter dafür aufkommen muss", erklärt Riedmüller. So entstand die Idee zur Wildschadenausgleichskasse, die es inzwischen im gesamten Bereich des Hegerings Rottweil, dazu gehören neben Rottweil Zimmern, Deißlingen, Wellendingen, Dietingen, Bösingen und Villingendorf, gibt. Das Zimmerner Modell allerdings ist einzigartig – selbst in Baden-Württemberg.

Denn in Zimmern zahlen gleich drei Parteien ins Sparschwein ein: Jagdpächter, Gemeinde und Landwirte. Dass Letztere mitmachen, ist äußerst ungewöhnlich. Dennoch, erzählt Riedmüller, sei er beim Ortsbauernverein auf offene Ohren gestoßen. Ohne gegenseitiges Verständnis, Engagement und den Wunsch, gemeinsam eine Lösung hinzubekommen, sei dies nicht möglich gewesen, berichtet der Vorsitzende des Hegerings.

Ist der Schaden höher als 50 Euro, springt die Ausgleichskasse ein. Noch war dies nicht nötig. "Wir hatten Schäden", berichtet Riedmüller, aber die Landwirte seien großzügig gewesen und hätten die Kasse nicht in Anspruch genommen.

Modell funktioniert, weil sich alle Beteiligten solidarisch zeigen

Im Schadensfall werden daraus 80 Prozent der Kosten erstattet. Die restlichen 20 übernimmt der Jagdpächter. Sollte der Geldbeutel klamm sein, sinkt der Prozentsatz und der Anteil des Jägers steigt. Der betroffene Landwirt bekommt den Schaden in jedem Fall voll ersetzt.

Das Modell funktioniere, weil sich alle Beteiligten solidarisch verhielten, meint Ottmar Riedmüller.

Solange nichts entnommen wird, wird das Zimmerner Sparschwein immer fetter. Der Stettener allerdings befürchtet, dass sich das ändern könnte: Die Jagdbedingungen sind wegen des warmen Winters nicht gut. Das nachtaktive Schwarzwild lässt sich am besten bei Schnee jagen. Und der ist im Moment, im Gegensatz zu den Wildschweinen, Mangelware.

Riedmüller ist trotzdem sicher: In der Dreierkonstellation "hat die Kasse Zukunft".