"Höret her ihr liebe Leut‘..." – Büttel Ludwig Rieder waltet seines Amtes. Fotos: Siegmeier Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Ludwig Rieder hält in Flözlingen Tradition am Leben / Wie schon sein Vater und Großvater

Eine Tradition, die vermutlich kaum noch irgendwo zu finden ist, hält Ludwig Rieder in Flözlingen hoch. Wenn es etwas mitzuteilen gibt, dann zieht er, in Uniform und mit Schelle, als Büttel durch den Ort. Seine Familie macht das bereits in dritter Generation.

Zimmern-Flözlingen. "Bekanntmachung, Bekanntmachung", schallt es durch Flözlingens Straßen und Gassen. Dazu erklingt laut und weithin vernehmbar die Glocke. Ludwig Rieder ist unterwegs und waltet seines Amtes. Wenn er so in seiner beeindruckenden Uniform und mit der Schelle die Bergstraße hinabgeht, hält sogar mancher Autofahrer staunend an und lauscht. Hier und da kommen die Bewohner der kleinen Eschachtalgemeinde aus ihren Häusern und hören zu, was der Büttel zu verkünden hat.

Die Tradition ist uralt. Einst waren es die Dorfpolizisten, die nicht nur für Recht und Ordnung im Flecken sorgten, sondern auch das Wichtigste mitteilten. In gereimter Form versteht sich. Heutzutage sucht man diese Tradition beinahe vergebens. "Im Norden gibt es wohl noch einige Büttel", erzählt Ludwig Rieder. Er sei schon mal zu einem Treffen eingeladen worden, doch die Reise sei ihm zu weit gewesen. In unserer Gegend kennt man die Büttel, oder auch Ausscheller genannt, überwiegend von der Fasnet.

In Flözlingen hat sich die alte Tradition gehalten. "Schon mein Vater und mein Großvater waren Büttel", erzählt Rieder. Und so sei es ganz selbstverständlich gewesen, dass auch er dieses Amt ausübt. Mit 16 Jahren sei er zum ersten Mal unterwegs gewesen. "Meist hat man den Büttel gebraucht, um Notschlachtungen zu verkünden", informiert er. Die ortsansässigen Bauern seien dann verpflichtet gewesen, Fleisch abzunehmen. Die jeweilige Menge errechnete sich aus dem Viehbestand der einzelnen Landwirte. So hätten beispielsweise Bauern mit drei Stück Vieh zwei Pfund Fleisch abnehmen müssen, Bauern mit mehr als 13 Stück sogar acht Pfund. "Das war genau festgelegt", so Rieder.

Doch dieses Prozedere gibt es heute nicht mehr. So gilt es heutzutage, eher Feste zu verkünden oder, wie jüngst, dass das Gasthaus "Flammer" wieder öffnet.

"Höret her ihr liabe Leut, was es zu vermelde geit. Ab morge, ja des isch der Hammer, öffnet wieder’s Gasthaus Flammer. Jetzt isch, und des isch gar it dumm, die Coronapause um. Schondelmaiers warten schon, auf manche hungrige Person, und auf durschtgeplagte Leut‘, des schell ich aus, und zwar scho heut. I sag’s ganz kurz in einem Wort: Kultur kunnt jetzt in unsern Ort. Drum ihr Leut‘ machts wie ih, kehret kräftig wieder i" – schallte es durch Flözlingens Gassen und so manche Haustür wurde geöffnet.

Der Büttel wird meist herzlich empfangen, bekommt hier und da ein wenig Wegzehrung mit und zieht weiter.

Auch als Hochzeitslader war Ludwig Rieder schon unterwegs, erzählt er. In Frack und Zylinder wohlgemerkt. "Doch das gibt es nur selten". Ansonsten setzt Ludwig Rieder sein Talent im Ensemble des "Eschachdäle Theaters" ein, das zumeist um die Weihnachtszeit unzählige Theaterbesucher aus nah und fern in die kleine Gemeinde am Strand der Eschach lockt. Wer durch Flözlingen fährt, der sollte das künftig mit offenem Autofenster tun, denn wer weiß, vielleicht waltet Ludwig Rieder ja gerade seines Amtes – sehens- und hörenswert ist das allemal.