Stein des Anstoßes: das Kaiserfenster. Foto: Siegmeier

Kirchengemeinderat und Pfarrerin streiten jahrelang mit Landesamt für Denkmalpflege. Kaierdarstellung bleibt.

Zimmern-Flözlingen/Freiburg - Der Flözlinger Fensterstreit, der seit nunmehr gut zwei Jahren schwelt, ist beigelegt. Am Dienstag haben Kirchengemeinde und Land vor dem Freiburger Verwaltungsgericht einen Vergleich geschlossen: Der Kaiser bleibt, wo er ist, und das neue Kammerer-Fenster im Chorscheitel ebenfalls.

Der Streit um des Kaisers Antlitz ist vom Tisch. Zwei Jahre hatten die Anwälte des Landes und der Landeskirche miteinander gerungen, diskutiert und gestritten. Eine Einigung in Sachen Kaiserfenster gab es allerdings nicht. Und so landete der Fall schließlich vor dem Verwaltungsgericht in Freiburg. Am Dienstag wurde er verhandelt.

Zur Vorgeschichte 

Gut drei Jahre ist es her, dass der Kirchengemeinderat der evangelischen Kirchengemeinde Flözlingen beschlossen hat, die Kirche zum 300-Jahr-Jubiläum im September 2017 wieder ansehnlicher zu machen. Die künstlerische Ausgestaltung und der Abbau der alten Orgel waren schnell beschlossen, Diskussionen indes gab es um das historische Chorscheitelfenster - oder auch Kaiserfenster -, das bislang von der Orgel verdeckt war und nun - durch den Abbau der überdimensionalen Orgel - wieder zum Vorschein kam.

Das prächtige Fenster des Glasmalers Gustav an Treeck aus dem Jahr 1891 zeigt Christus mit den Worten "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben". Ein zweites Antlitz ist darunter abgebildet: Das von Kaiser Wilhelm I., eingerahmt vom württembergischen Wappen und dem Reichsadler. Darunter steht der Text "Zur Erinnerung an die Einigung Deutschlands gestiftet".

Fatales Zeichen

Kirchengemeinderat samt Pfarrerin Kristina Reichle waren der Ansicht, dass eine Kaiserdarstellung nicht mehr zeitgemäß ist. "Ich finde es fatal, dem Kaiser zu huldigen", sagte Pfarrerin Kristina Reichle seinerzeit und verwies auf das Konzept der Wegekirche, die letztlich die Auferstehung im Zentrum hat und eben nicht den Kaiser. So waren sich Kirchengemeinderat und Pfarrerin schnell einig, das Fenster restaurieren und in die südwestliche Fensteröffnung umsetzen zu lassen, die die gleichen Maße aufwies wie das Chorscheitelfenster. Der historischen Bedeutung des Fensters sei sich die Gemeinde durchaus bewusst gewesen, deswegen habe man es erhalten, so die Pfarrerin.

Bereits damals hatte das Landesamt für Denkmalpflege, das gehört wurde, da es sich bei der Flözlinger Kirche um ein Baudenkmal von besonderer Bedeutung handelt, dem Wunsch nicht stattgegeben. Es hat stattdessen gefordert, das Buntglasfenster als Chorscheitelfenster zu erhalten. Der Gestus des Segnenden Christus würde sich im Seitenfenster verlieren, so die Begründung. Die Kirchengemeinde versetzte das Fenster dennoch und betonte, dass mit der Forderung des Landesdenkmalamtes, das Fenster "in situ" zu erhalten, in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht eingegriffen werde. Die Kirchengemeinde verwies dabei auf Paragraf 11 des Denkmalschutzgesetzes, der besagt, dass "gottesdienstliche Belange" über den Interessen staatlicher Denkmalpflege stehen müssten.

Kirchenbesucher wissen vielleicht gar nicht, wer abgebildet ist

Dieser besagte Paragraf und die gottesdienstlichen Belange standen am Dienstag im Mittelpunkt der Verhandlung. Es ging um die Frage, ob es sich bei dem Fenster um gottesdienstliche Belange handle oder eben nicht.

Christine Schneider vom Landesamt für Denkmalpflege wollte das Fenster aufgrund seiner besonderen Bedeutung "in situ", in der originalen Lage, also im Chorscheitel, erhalten wissen, meinte aber, dass man den Kaiser durchaus auch verdecken könne. Hier hakte der vorsitzende Richter ein. Denn entweder sei das Fenster nun so wichtig, dass man es eben in Gänze zeigen müsse oder eben nicht, dann spräche ja auch nichts gegen die Versetzung. Corinna Bettinger vom Rechtsamt des Rottweiler Landratsamtes war der Ansicht, dass Kirchenbesucher gar nicht unbedingt wissen würden, wer überhaupt abgebildet sei, und das Fenster deswegen im Chorscheitel verbleiben könne.

Hinweistafel klärt auf

Frank Zeeb, Referatsleiter Theologie, Kirche und Gottesdienst, erläuterte den Anwesenden das Prinzip der Wegekirche und die zentrale Aussage der Auferstehung. Die Verbindung zwischen Thron und Kirche abzubilden gehe heute nicht mehr, hob er hervor.

Das Gericht regte schließlich einen Vergleich an, den die beiden Parteien (auf Widerruf) auch schlossen. Demnach verpflichtet sich das Land, der Kirchengemeinde die Genehmigung zum Ausbau des Buntglasfensters aus dem Chorscheitel in die südwestliche Fensteröffnung zu erteilen, zudem die Genehmigung zum Einbau des neuen Fensters, das der Künstler Tobias Kammerer gestaltet hat.

Die Gemeinde hat die Auflage erhalten, eine Tafel am Kaiserfenster anzubringen, auf der die Historie und der Grund für die Versetzung des Fensters erläutert sind.

Pfarrerin Kristina Reichle und Kirchengemeinderat Rudolf Etter zeigten sich mit dem Ausgang der gut zweieinhalbstündigen Verhandlung sehr zufrieden. Das Interesse an der Entscheidung war übrigens sehr groß. Mitglieder des Kirchengemeinderates und der Gemeinde verfolgten die Verhandlung mit Spannung.