Politischer Aschermittwoch mit (von links) Dieter Kleinmann, Hans-Ulrich Rülke, Ernst Burgbacher und Mechthild Wolber. Foto: Schickle

Beim politischen Aschermittwoch lässt der FDP-Fraktionsvorsitzende kein gutes Haar an der Landesregierung.

Kreis Rottweil - An Aschermittwoch treffen sich die Liberalen aus dem Kreis traditionell in Flözlingen. Dieses Jahr redete Hans-Ulrich Rülke Klartext.Auf der Speisekarte stehen saure Kutteln und Linsen mit Spätzle. Deftiges kommt beim politischen Aschermittwoch der FDP im "Hirsch" in Flözlingen auf den Tisch. Seit 1992 kommen die Liberalen dort zusammen, wie der Kreisvorsitzende Dieter Kleinmann sagt. Auch des Essens wegen. Doch freilich fällt nicht nur das deftig aus, sondern auch die Reden. Besonderer Gast ist Hans-Ulrich Rülke, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion.

 

Rülke isst Weißwürste. Eine Stärkung kann er brauchen, schließlich sei die Situation seiner Partei "nicht ganz einfach". Allerdings: Der prophezeite Untergang begleite die Liberalen seit Jahrzehnten. Allein, die Prognosen "sind immer falsch". Der Pforzheimer verweist auf das Zehn-Prozent-Ergebnis seiner Partei bei der niedersächsischen Landtagswahl. Das sei aber nicht so wichtig gewesen, schließlich zählten statt Ergebnissen die Umfragen, frotzelt er. "Ich bin schon mal gespannt, welche Begründung man nach der Bundestagswahl findet für (unserß)das gute Ergebnis."

So weit ist es freilich noch nicht, gewählt wird schließlich erst am 22. September. Derweil bekommt der ehemalige Koalitionspartner im Land, die CDU, eins auf den Deckel. Genauer der Fraktionsvorsitzende Peter Hauk, der das Ende der Liberalen schon länger kommen sieht. Rülkes Kommentar: Hauk sei offenbar ein Nachfahre der Mayas – wie es um deren Weltuntergangsprophezeiungen steht, ist bekannt.

Die Union im Land müsse sich fragen, wohin sie will, und ob sie die Grünen anlachen möchte. "So blöd sind die aber nicht." Dass Winfried Kretschmanns Truppe als Juniorpartner eine Regierung mit der CDU im Südwesten bilden könnte, schließt er aus. Das war auch schon das Positivste, das der 51-Jährige über die politischen Gegner zu sagen hat. Ministerpräsident Kretschmann wirft er ständige Meinungsänderungen vor, die dieser mit "oberschwäbischem Biedermeiertum zu überstrahlen" versuche. Egal ob Fluglärmstaatsvertrag, Steuerabkommen mit der Schweiz oder Länderfinanzausgleich. Der Grüne habe "jede Position eingenommen, die es gibt."

Auch Ernst Burgbacher, Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Rottweil-Tuttlingen und Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, hat einiges auszusetzen. Von wegen Politik des Gehörtwerdens – "ich behaupte, in Baden-Württemberg ist noch nie so autoritär regiert worden". Als Beispiel nennt er das Thema neues Gefängnis. Mit dem Bürgermeister von Tuningen und der Ortsvorsteherin von Weigheim habe keiner aus Stuttgart geredet – dennoch gelten beide Orte plötzlich als Favoriten für mögliche Standorte.

Zum Thema abgebaute Kunstwerke auf Kreisverkehren zieht Hans-Ulrich Rülke über den "Kreiselstürmer Winfried Hermann", grüner Verkehrsminister, her und bezeichnet diesen als "Glanzstück des Kabinetts". Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) wirft er vor, zu viel Geld auszugeben, dafür aber als Wirtschaftsminister viel zu wenig in Erscheinung zu treten. Und dann erst die Bildungspolitik.

Rülke ist nicht zimperlich. Als einer der Anwesenden dessen Verbalattacken im Landtag mit der grassierenden Politikverdrossenheit in Verbindung bringt, erklärt der Pforzheimer, man brauche eine Mischung aus Inhalten und prägnanten Sätzen, um als Opposition überhaupt wahrgenommen zu werden.

Ernst Burgbacher warnt unterdessen vor dem Ausdruck Politikverdrossenheit. Er beobachte eher ein Abwenden von der Politik. Warum? "Das ist die Frage", murmelt einer der Zuhörer.

Die Antwort bleibt aus im "Hirsch". Mechthild Wolber, Bundestagskandidatin, empfiehlt ihren Kollegen allerdings: "Das beste ist, sich mit Sachthemen zu positionieren." Das stößt im Publikum auf Zustimmung: Politiker sollten nicht nur Blabla reden, sondern ehrlich sagen, dass man nicht immer eine Antwort habe, meint einer.

Kein Problem für Rülke, der bei seinem Fazit zur grün-roten Regierung deutlich wird. Er zieht "eine verheerende Bilanz in der Landespolitik, die nur durch den Nimbus eines so genannten Landesvaters überstrahlt wird."

Dennoch sind die Grünen an der Regierung. "Warum ist es denn so weit gekommen?", will einer wissen. Die Gründe sieht der FDP-Fraktionsvorsitzende in der Tendenz der Wähler, die Bundespolitik bei Landtagswahlen abzustrafen, zudem bei Stuttgart 21 und Fukushima.

Ob die FDP im Bund an der Regierung bleibt, wird sich erst im September zeigen. Beim nächsten politischen Aschermittwoch wissen die Liberalen mehr – bestimmt wieder im "Hirsch".