Die Horgener Halle ist bei der Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema Flüchtlinge gut besucht. Foto: Parage

Flüchtlingsunterbringung: Sozialdezernent Bernd Hamann informiert Zimmerner Bürger. Ehrenamt ist gefordert. Kriminalität nicht ausgeblendet.

Zimmern-Horgen - Was kommt auf Zimmern und vor allem Horgen zu, wenn dort 40 Flüchtlinge untergebracht werden? Was leisten die Ehrenamtlichen? Und was für Asylbewerber kommen? Um solche Fragen ging es bei einer Infoveranstaltung in Horgen.

Das Licht spielt eine Rolle in der Diskussion um die Unterbringung von Flüchtlingen in Zimmern. So sollte eine Bürgerinformationsveranstaltung in der Horgener Halle Licht ins Dunkel bringen. Für 280 Zuhörer war gestuhlt, am Ende dürften es 350 Plätze gewesen sein, die meisten besetzt. Der Ort war mit Bedacht gewählt: In der Eschachtalgemeinde hatte Zimmern kürzlich ein Mehrfamilienhaus gekauft, um Flüchtlinge unterzubringen. Am Dienstagabend war von rund 40 Personen die Rede.

Licht soll nachts anbleiben

Sozialdezernent Bernd Hamann, im Landkreis Rottweil verantwortlich für das Thema Asyl, ging in einem Vortrag auf Fragen von Bürgern ein, die ihn vor der Veranstaltung erreicht hatten. Dabei agierte er durchaus geschickt – auch das trug dazu bei, dass die Veranstaltung unaufgeregt verlief. Darüber hinaus beantwortete Hamann Fragen der Zuhörer. Und gleich bei der ersten kam’s zum einzigen Aufreger an dem Abend. Es ging zunächst ums Licht.

Ein Horgener Bürger äußerte die Bitte, "dass in Horgen nachts das Licht nicht mehr abgeschaltet wird" – aus Sicherheitsgründen, wenn die Flüchtlinge im Ort leben. Das zog noch keine Reaktionen nach sich, wohl aber seine nächste Aussage, dass die Polizei von der Regierung angehalten worden sei zu lügen mit Blick auf Flüchtlinge. "Wir werden belogen", behauptete er, "die Bürger werden einfach allein gelassen." Dafür gab’s laute Buh-Rufe, ein Mann brüllte "unfassbarer Schwachsinn!" und wollte wissen, woher der Horgener diese Informationen hat. Doch nur der Horgener erhielt eine Antwort: Die Beleuchtung werde Thema im Gemeinderat sein, kündigte Bürgermeister Emil Maser an.

Inge Göser-Korifidis, ebenfalls aus Horgen, wollte wissen, wie oft ein Mitarbeiter des Sozialamts in der örtlichen Unterkunft vorbeischauen werde. Mit einer pauschalen Antwort tat sich Hamann schwer: "bedarfsabhängig, einzelfallabhängig." Am Ankunftstag sei auf jeden Fall ein Mitarbeiter vor Ort.

Ein Bürger merkte an, "dass es für uns beunruhigend wäre, wenn man 40 Männer reinstecken würde" – zumal sich das Mehrfamilienhaus, in dem bald Flüchtlinge wohnen sollen, unweit der Halle befinde. "Ich hab keinen Einfluss darauf, welche Menschen nach Deutschland kommen", entgegnete Hamann. Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Landkreis zwar Wünsche äußern kann, aber eben nicht nur syrische Familien eine Unterkunft benötigen. "Ich werde niemandem etwas versprechen, wo ich in einer Notsituation anders handeln muss", erklärte der Sozialdezernent.

Eine Zimmernerin rückte mit ihrem Wortbeitrag die Ehrenamtlichen in den Fokus – in allen Ortsteilen haben sich bereits Helferkreise gebildet. Sie wollte wissen, welche Erfahrungen diese bisher gemacht haben. Eva Trost, die sich in Stetten einbringt, erklärte, dass es für die Flüchtlinge wegen der schlechten Busverbindungen vor allem ein Problem sei, aus der Eschachtalgemeinde herauszukommen. Ein weiteres Problem sei die Sprachbarriere. Gleichzeitig berichtete Trost, die Flüchtlinge "sind sehr, sehr freundlich und hilfsbereit".

Eine andere Ehrenamtliche beschrieb ihr Engagement in Stetten als "Hilfe zur Selbsthilfe". Man verliere nämlich seine Bedenken gegenüber Fremden, wenn man sie kennenlerne. Die derzeitige Situation gefalle niemandem. "Aber jetzt haben wir sie, und jetzt müssen wir das Beste daraus machen." Und Verena Göppert vom Freundeskreis Asyl Zimmern betonte: "Wir reden hier von Menschen und nicht von beißenden Tieren." Dafür gab’s Applaus.

Nicht nur die Ehrenamtlichen sind gefordert: Bernd Hamann hatte vor der Fragerunde vom Krisenmodus gesprochen und damit Ministerpräsident Winfried Kretschmann zitiert. "Wir laufen ständig nur hinterher", erklärte der Sozialdezernent. Die Flüchtlingszahlen steigen seinen Angaben nach rapide: Während Ende Oktober 2014 noch 496 Flüchtlinge im Landkreis Rottweil lebten, waren es Ende 2015 1362.

"Menschen wie Sie und ich"

Der Landkreis setzt auf dezentrale Unterbringung, das bedeutet, die Flüchtlinge werden anteilig auf die Kommunen verteilt. Nach Meinung Hamanns fördert dies die Integration. Einige Gemeinden seien in Vorleistung gegangen, andere hätten bisher weniger Asylbewerber unterbracht, als sie eigentlich sollten. Zu Letzteren gehört Zimmern noch, wie aus seiner Rechnung hervorgeht. Eigentlich müsste die Gemeinde 59 Asylbewerber unterbringen, derzeit sind es lediglich 24.

Darüber hinaus erfuhren die Zuhörer, dass ein Asylbewerber den Hartz-IV-Regelsatz (für Alleinstehende 364 Euro) abzüglich zehn Prozent erhalte. Und dass ein Vermieter nicht reich werde, wie es gerüchteweise heiße, wenn er Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellt.

Auch das Thema Straffälligkeit klammerte Bernd Hamann – mit Blick auf die Silvesternacht in Köln – nicht aus. Dabei betonte er, er vertraue der Polizei. Aufgrund von Gesprächen mit den Verantwortlichen im Polizeipräsidium Tuttlingen und seinen eigenen Erfahrungen sagte er, Asylbewerber seien nicht auffälliger als in Deutschland Geborene. "Das sind Menschen wie Sie und ich, mit allen Stärken und Schwächen."

Das klang helle und passte zum letzten Zuhörerbeitrag des Abends. Er kam Wolfgang Trost (Horgen), der noch einmal das Thema Beleuchtung aufgriff: "Wer weiß, mit wem er es zu tun hat, der braucht kein Licht. Denn sonst muss man nachts den Rollladen runterlassen, sonst kann man nicht schlafen."