Produktion von Elektromotorteilen bei ZF Foto: Anand Anders

ZF baut bis zu 14 000 Stellen in Deutschland ab. In welchen deutschen Werken der drittgrößte Autozulieferer der Welt streichen will, bleibt noch unklar. Auch Schließungen stehen im Raum.

Nun also doch: Der Friedrichshafener Autozulieferer ZF baut in Deutschland im großen Maßstab Stellen ab. Darüber informierte der Konzern am Freitag per Pressemitteilung. Bis zum Ende des Jahres 2028 würde das Personal „sukzessive um rund 11 000 bis 14 000 reduziert“, heißt es darin. Von der Ankündigung war offenbar selbst der Betriebsrat überrumpelt.

ZF-Chef Holger Klein Foto: dpa/Felix Kästle

Der Vorstandsvorsitzende Holger Klein begründet die Pläne so: „Unsere unternehmerische Verantwortung ist, ZF zukunftsfähig auszurichten und die Standorte in Deutschland so weiterzuentwickeln, dass sie nachhaltig wettbewerbsfähig und solide aufgestellt sind. Uns ist bewusst, dass wir dazu auch schwierige, aber notwendige Entscheidungen treffen müssen. Dabei wollen wir bestmögliche Lösungen für alle Beteiligten finden.“

Seit Monaten wird über einen Stellenabbau bei ZF debattiert

Über einen Stellenabbau wird im Konzern seit Monaten debattiert. Exakte Zahlen allerdings verweigerte der Vorstand bisher. Der Gesamtbetriebsrat unter Vorsitz von Achim Dietrich war es, der erstmals zu Beginn dieses Jahres öffentlich machte, seiner Kenntnis nach wolle die Unternehmensführung bis 2030 rund 12 000 Stellen streichen oder ins Ausland verlagern. Vor allem die Entwicklungskosten, hieß es verdachtsweise, sollten herunter, Entwicklungsleistungen in Länder wie Indien oder Mexiko vergeben werden. ZF beschäftigt in Deutschland aktuell 54 000 Menschen, weltweit sind es knapp 170 000. Nun könnte jede vierte deutsche Stelle auf dem Prüfstand stehen.

Die jetzt vom Konzern gelieferte Begründung zum Stellenabbau liest sich jedoch noch einmal anders. Der Schwerpunkt der „strategischen Neuausrichtung“ liege auf der Division Elektrifizierte Antriebstechnologien. Denn: Speziell im Marktsegment der Pkw-Anriebe herrsche global ein sehr hoher Wettbewerbs- und Kostendruck. Rein elektrische Antriebe seien „oft noch wenig margenstark“, bei den reinen Stromern herrsche eine „eklatante Nachfrageschwäche“.

Eine ZF-Mitarbeiterin montiert Komponenten für den rotierenden Teil eines Elektromotors /Dominik Gigler

Dem Konzern kommt zugute, dass er weiterhin auch den Markt für Verbrennermotoren bedienen kann. Allerdings, so das Unternehmen am Freitag, seien wegen des Wandels zur Elektromobilität auch die Volumina an konventionellen Getrieben rückläufig.

ZF hat Milliardenverbindlichkeiten

ZF steht allerdings nicht nur wegen des schwächelnden Elektrogeschäfts unter Druck, sondern muss rasch Milliardenverbindlichkeiten abbauen, die durch die früheren, kreditfinanzierten Zukäufe des belgisch-amerikanischen Lkw-Bremsenherstellers Wabco sowie des amerikanischen Autozulieferers TRW herrühren. In den zinsschwachen Jahren wurde Geld vor allem in Neuentwicklungen anstatt in die Schuldentilgung gesteckt. Seit der Zinswende sind die Kredite aber unglaublich teuer geworden.

In welchen deutschen Werken der drittgrößte Autozulieferer der Welt nun abbauen will, bleibt noch unklar. Laut Peter Laier, im Vorstand unter anderem für das Ressort Produktion verantwortlich, wird es zu Zusammenlegungen kommen. „Wir wollen die deutschen Standorte konsolidieren und zu mehreren Standortverbünden zusammenführen.“

Neben der Verschlankung des Produktionsnetzwerks müssten auch die Forschungs- und Entwicklungsbereiche „effizient“ werden. Der Konzern will außerdem Kooperationen und Partnerschaften mit anderen Unternehmen prüfen. Sollte für einzelne Standorte keine langfristige Perspektive gefunden werden, so die Ankündigung, sei auch „eine Restrukturierung oder Schließung möglich“. Die Detailprüfungen seien im Gang. Ob der Abbau am Ende ohne Kündigungen vonstatten geht, will der Konzern vorerst nicht versprechen. „Soweit möglich“ solle die Reduzierung sozialverträglich geschehen: durch altersbedingte Fluktuation, umfangreiche Altersteilzeitangebote oder Abfindungsprogramme.

Betriebsrat scheint überrumpelt

Der Betriebsrat schien am Freitag überrumpelt von den Ankündigungen der Konzernspitze und reagierte seinerseits mit einer konsterniert klingenden Pressemitteilung. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Achim Dietrich kündigt darin an: „Der ZF-Vorstand hat sich gegen die Zukunft von Standorten und tausenden von Mitarbeitern in Deutschland entschieden und wird dafür erbitterten Widerstand erhalten. Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen.“

Achim Dietrich ist Chef des Betriebsrats bei ZF – er will für die Mitarbeiter kämpfen. Foto: dpa/Felix Kästle

Nachdem die Belegschaftsvertreter in diesem Jahr schon Demonstrationen in Friedrichshafen, Schalke oder Schweinfurt organisiert und vor einem groß angelegten Stellenabbau gewarnt hatten, sei ihnen von der Konzernleitung „Panikmache“ vorgeworfen worden, so Dietrich. Nun kämen die Einschnitte es noch schneller und schlimmer als prognostiziert.