Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel gestalten fortan den Montagabend auf Pro Sieben. In der ersten Ausgabe ihres Live-Magazins informierten sie auch darüber, dass in britischen Pubs das Bier knapp wird. Foto: dpa/Bene Mueller

Hat es sich gelohnt, den Montagabend mit Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel auf Pro Sieben zu verbringen? Tatsächlich macht ihr Live-Magazin einiges anders – aber auch besser?

Stuttgart - Mehr Werbung für ein TV-Journal gab es nie. Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel, den hell angestrahlten Stars am neuen Infotainment-Himmel von Pro Sieben, konnte man bereits Wochen vor dem Start ihrer gemeinsamen Sendung nicht entkommen. Selbst wer keinen Bildschirm vor sich hat, dem lacht das Moderatorenduo von Plakatwänden entgegen.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Linda Zervakis über die Last des Schichtdiensts

Mehr Werbung für ein TV-Journal war nie. Aber hat „Zervakis & Opdenhövel. Live.“ auch den dadurch suggerierten Mehrwert? An diesem Montag um 20.15 Uhr ging das Duo mit Themen an den Start, die von Politik bis zu weichem Pop ein breites Publikum ansprechen.

James Blunt singt live im Studio

„Der Montagabend hat ein neues Klingelschild: Zervakis und Opdenhövel“, begrüßt Linda Zervakis die sparsam im Studio verteilten Zuschauer und uns zu Hause. „Live heißen wir mit Nachnamen“, fügt ihr Kollege Matthias Opdenhövel an. Locker bleibt der Gesprächston auch dann, als das Duo die ersten Gäste auf den ebenfalls im Halbrund angeordneten Sitzbänken empfängt. Locker – und betont emotional. Ob Opfer der Taliban in Kabul wie die afghanische Pop-Sängerin Aryana Sayeed oder der Flut im Ahrtal wie die deutsche Familie Hildebrandt: Zervakis und Opdenhövel drücken mit einer Betroffenheit auf die Tränendrüsen, die alles weichspült.

Da passt, dass James Blunt, der King des Soft Pop, seine neue Single „Love under Pressure“ live im Studio vorstellen durfte – aber erst, nachdem er mit Linda und Matthias Bier verkostet hat. Bei der Lösung der Frage, in welchem Krug sich wohl Pils, Weiß- und Altbier verstecken, hat die Show ihren ersten Tiefpunkt erreicht. So wenig mitgenommen wie bei diesem Biertasting fühlt man sich als Zuschauer selten. Dass ein Fernseh-Magazin zur Primetime so seicht sein darf, ist tatsächlich neu.

Eine Frau, die Mut machen will

Hier besteht nur, wer wie Aryana Sayeed eine Botschaft hat. Wie ist es, fragen Zervakis und Opdenhövel, als von den Taliban verfolgte Frau in Afghanistan zu leben? Wie war die Stimmung im Flieger bei der Flucht aus Kabul? Was bedeutet es, mit einer Fatwa konfrontiert zu sein? Das Schicksal der Sängerin, das der erste Filmbeitrag mit knappen Aussagesätzen dramatisch auflädt, ist beispielhaft für die Situation der Frauen in ihrer Heimat. „Ich bin hier, um anderen Mut zu machen“, sagt Sayeed im Studio.

Die Frauenrechtlerin Düzen Tekkal, die neben ihr sitzt, unterstreicht, dass für Frauen in Afghanistan ein selbstbestimmtes Leben von heute auf morgen nicht mehr möglich sei: „Sie sitzen dort in der Falle.“ Nicht nur deshalb ist sie dafür, Spenden, wie sie eine UN-Geberkonferenz am Nachmittag in Milliardenhöhe bewilligt hatte, an Bedingungen zu knüpfen: „Die Taliban kommen ohne Finanzierung nicht weiter“, ist sie sicher.

Die Welt der Politik aus dem Taxi betrachtet

Mehr klare Statements hat „Zervakis & Opdenhövel. Live.“ am ersten Abend nicht im Angebot, auch wenn das witzige Format „Road 2 Vote“ jeweils einen Spitzenpolitiker mit einem Wähler oder einer Wählerin in ein Taxi sperrt. Startupper, Abiturientin, DJ oder Student fragen Wolfgang Kubicki und Hubertus Heil nach Klimawandel oder dem bedingungslosen Grundeinkommen, aber eine kurze Taxifahrt macht eben auch große Themen klein.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Laschets Abfuhr an Pro Sieben

Zervakis und Opdenhövel tun sich schwer, neben dem Betroffenheitston ihren Gesprächen eine inhaltliche Tiefe zu geben, die für einen Nachhall sorgt. Die von der Flutkatastrophe um ihre Wohnung gebrachten Hildebrandts dürfen um ein Prinzessinnenzimmer in rosa reicher nach Hause gehen, „ein bisschen Normalität, die wir euch schenken“, so Zervakis. Der Zuschauer fühlt sich leider in keiner Weise bereichert.