Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Foto: dpa

Deutliche Worte wählt Wirtschaftsminister Gabriel in einem Gastbeitrag für die FAZ: Google könne seine marktbeherrschende Stellung missbrauchen und müsse deshalb stärker reguliert werden.

Deutliche Worte wählt Wirtschaftsminister Gabriel in einem Gastbeitrag für die FAZ: Google könne seine marktbeherrschende Stellung missbrauchen und müsse deshalb stärker reguliert werden.

Berlin - Die Bundesregierung legt sich mit Google an: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat eine drastisch schärfere Regulierung des Internet-Konzerns gefordert und sogar eine Zerschlagung ins Gespräch gebracht. Das Unternehmen reagierte mit Unverständnis.

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia will unterdessen das Brüsseler Kartellverfahren gegen Google trotz neuer Beschwerden nach dem Sommer abschließen und betrachtet die Zugeständnisse des Konzerns als ausreichend.

Wirtschaftsministerium und Bundeskartellamt prüften, ob ein Unternehmen wie Google seine marktbeherrschende Stellung missbrauche, schrieb Gabriel in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Es müsse geklärt werden, ob durch die Beherrschung einer wesentlichen Infrastruktur Wettbewerber systematisch verdrängt würden. „Eine Entflechtung, wie sie bei Strom- und Gasnetzen durchgesetzt wurde, muss dabei ernsthaft erwogen werden“, erklärte Gabriel. Dies sei aber nur das letzte Mittel.

De Maizière bläst ins selbe Horn

Innenminister Thomas de Maizière sieht die Politik in der Pflicht, gegen einen möglichen Machtmissbrauch durch den US-Internetriesen vorzugehen. „Wir haben in der Finanzkrise wieder gelernt, dass es den Primat der Politik gibt. Das gilt ebenso für die Welt des Internets“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die Marktmacht des US-Konzerns mache ihm Sorge, wie jede übergroße Marktmacht. Der Primat der Politik sei dort zumindest teilweise in Gefahr.

Das Kartellamt betonte, eine tiefgreifende Regulierung von Internet-Firmen könnte neue Gesetze erfordern. „Verboten ist nicht die Größe eines Unternehmens, sondern der Missbrauch von Marktmacht“, erklärte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt am Freitag. Google habe im Missbrauchsverfahren der EU-Kommission bereits durchaus erhebliche Zugeständnisse gemacht. „Will man bei Google und anderen Internetplattformen weiter gehen, muss über gesetzgeberische Maßnahmen nachgedacht werden.“ Dann müsse darüber diskutiert werden, ob die durch Netzwerkeffekte bedingte „neue Art von Marktmacht“ weitergehende Vorgaben zum Schutz des Wettbewerbs und neue Instrumente der Aufsichtsbehörden erfordere.

Google ist "überrascht"

„Wir sind überrascht von der Ansicht des Wirtschaftsministers, Unternehmen wie Google würden Nutzern, der Wirtschaft und der Gesellschaft schaden“, sagte Google-Deutschlandchef Philipp Justus. Die Google-Suche sei entwickelt worden, um Bürgern am besten zu dienen, und der Konzern kooperiere mit Tausenden Unternehmen weltweit und auch in Deutschland.

EU-Wettbewerbskommissar Almunia bekräftigte in einer Rede am Donnerstag, die von Google im europäischen Verfahren gemachten Zugeständnisse würden „Nutzern die Wahl zwischen verschiedenen Alternativen geben“. Dann könnten die Verbraucher selbst entscheiden, welche Dienste sie nutzen wollten. Almunia betonte, entgegen anderslautender Kritik werde das neue System „keine zusätzlichen Einnahmen für Google schaffen.“

Im Brüsseler Kartellstreit geht es um die Anzeige der Ergebnisse bei der Google-Internetsuche zum Beispiel in Preisvergleichen oder bei Hotels und Restaurants. Google hatte unter anderem zugesagt, Ergebnissen aus konkurrierenden Diensten mehr Platz einzuräumen und eigene Angebote klarer zu kennzeichnen. Mehreren Beschwerdeführern gehen die Zugeständnisse nicht weit genug. Auch innerhalb der EU-Kommission sind sie umstritten. So fordert EU-Kommissar Günther Oettinger ein rigoroses Vorgehen gegen Google.

Regierungssprecher Steffen Seibert ließ in der Bundespressekonferenz offen, ob Gabriel seinen Vorstoß mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt habe. Der Bundeskanzlerin sei bekannt, wie intensiv sich Gabriel mit der Digitalisierung beschäftige.

Der Vizekanzler forderte in seinem Text auch ein „Stoppschild für Steuerdumping“. Durch eine „aggressive Verlagerung der Gewinne in Steueroasen und Steuerunterbietungsländer“ würden bestimmte Unternehmen radikal der Besteuerung ausweichen. Mit solchen Methoden habe Apple seine Steuern auf im Ausland erzielte Gewinne auf ein Prozent, Google auf drei und Amazon auf fünf Prozent reduziert. Das Ministerium verwies am Freitag in diesem Zusammenhang auf einen entsprechenden Aktionsplan der Industrieländerorganisation OECD.