Im Garten von Holle Doermer kann man sein Zelt aufschlagen. Bezahlen muss man dafür nichts. Foto: Silke Thiercy

Für eine Nacht die Isomatte ausrollen? Dazu muss man nicht auf einen Campingplatz. Man kann zum Beispiel zu Holle Doermer, um in ihrem Bauerngarten zu nächtigen.

Sie kann eine Menge Geschichten erzählen über die Gäste, die ihren Garten auf der Homepage „1 Nite Tent“ entdeckt, mit dem Rad angefahren und hinter dem Wohnhaus in Weilstetten ihre Zelte aufgeschlagen haben. Stets für eine Nacht und stets, ohne dafür zu bezahlen. Das sieht das Konzept der Plattform vor.

 

Wie sie darauf gekommen ist, wildfremde Reisende bei sich zelten zu lassen? „Durch meine Kinder, die kennen das Konzept aus Skandinavien.“ Holle Doermer ist von Beruf Töpferin, die Werkstatt ist zwischen Wohnhaus und Scheuer untergebracht. Eine Treppe führt in den Garten hinauf, der herrlich verwachsen ist und fast verwunschen wirkt.

Sogar ein Youtuber war schon da

Das Zelt aufschlagen kann man unter uralten Bäumen. Es gibt Sitzgelegenheiten, Tische, eine hölzerne Bank. Und einen Kugelgrill. „Den hat aber noch niemand benutzt“, erzählt Doermer beim Besuch unserer Redaktion.

Ob sie schon viele Gäste hatte? Doermer zuckt mit den Schultern. „Ab und zu kommt mal jemand.“ Einmal sogar ein Youtube-Star. „Der Rusticus“ nennt er sich und war mit Lastenrad und Hund Benni auf der Durchreise in Weilstetten hängen geblieben. Über seine Reise hat er in den sozialen Medien Filme geteilt.

Die meisten kommen mit dem Rad

Wie die Leute auf Doermers Garten kommen? Wieder zuckt sie mit den Schultern. „Es gibt wohl einen Radweg, der hier lang führt, von Basel aus nach Rügen.“ So genau weiß sie das nicht, wohl aber, dass die meisten Radler einen Abstecher zur Burg Hohenzollern machen.

Zum Frischmachen ins Freibad

Sie selbst hat ein Angebot auf „1 Nite Tent“ – also zelten für eine Nacht – noch nie in Anspruch genommen. Ihr Sohn schon. Er sei wie seine Mutter überzeugt von dem Konzept.

Wenn sich Gäste ankündigen, muss die Hausherrin nicht zwingend zu Hause sein. Sie erklärt vorab, wie man in den Garten kommt und wo die Toilette zu finden ist. Auf eine warme Dusche am nächsten Morgen müssen die Leute allerdings verzichten. „Ich verweise auf das Freibad oder den Schömberger oder Frommerner Stausee“, sagt Doermer.

„Dringend benötigte Dusche“

Nur ein einziges Mal hat sie einem jungen Mann Zutritt in ihr privates Badezimmer gestattet. „Der war 17, es war brüllend heiß und er war seit Tagen unterwegs.“ Da habe sich die Großmutter in ihr gemeldet und sie habe dem jungen Mann eine „dringend benötigte“ Dusche ermöglicht.

Im Haus selbst hat erst einmal eine junge Frau übernachtet. „Es hat geschüttet wie aus Kübeln in jener Nacht“, berichtet Doermer. Wohl sei ihr aber nicht dabei gewesen.

Manchmal habe sie auch seltsame Kontakte. Ein Mann habe sein Kommen telefonisch angekündigt, sie habe gewartet und am Abend dann die Nachricht bekommen, dass er die Etappe nicht schaffe. Am nächsten Tag das selbe Spiel. Und noch mal. „Der kam gar nie“, sagt Doermer und berichtet dann von einer gruseligen Begegnung.

Der Mann sah „zum Fürchten“ aus

Ein männlicher Camper hatte sie per Whatsapp kontaktiert. „Ich habe sein Profilbild gesehen und gedacht: Wie gruselig.“ Holle Doermer bat ihre Tochter zu kommen. Auch sie fand den Herrn auf dem Foto „zum Fürchten“. Als er dann klingelte, war er ein ganz harmloser Mensch. Doermer muss lachen.

„Ich denke immer, dass alle Leute lieb sind“, sagt sie. „Aber das sind sie eben nicht.“ Klar kostet das Campen nichts, aber Doermer bekommt dann und wann freiwillig kleine Spenden. „Eine Frau aus Lübeck hat mir Marzipan mitgebracht.“