Die Außenstelle Freudenstadt des Weißen Rings und OB Adrian Sonder haben ein weiteres Zeichen gegen Gewalt an Frauen gesetzt.
Adrian Sonder half am Infostand von Birgit Bihler, Leiterin der Außenstelle, und Esther Kiessling mit, um das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Denn, so heißt es weiter in einer Mitteilung der Stadtverwaltung, auch in Stadt und Kreis Freudenstadt gibt es jährlich eine dreistellige Zahl von Fällen von häuslicher Gewalt. Die Täter kommen aus allen Bevölkerungs- und Bildungsschichten.
Besonders bitter sind für den Oberbürgermeister Fälle, in denen Frauen belästigt, bedroht oder gar körperlich angegriffen werden, obwohl Gerichte Kontakt- oder Annäherungsverbote gegen den aggressiven Partner angeordnet hatten.
„Das kann und darf nicht einfach so hingenommen werden“, wird Sonder in der Mitteilung zitiert. Ein Annäherungsverbot nutze nichts, solange der Staat nicht die Mittel und das Personal habe, es durchzusetzen. Daher spricht sich der Oberbürgermeister für den Einsatz von sogenannten „Fußfesseln“ aus.
Gute Erfahrungen
Spanien nutzt sein System seit 2009 und hat mit diesem Konzept laut dem Opferhilfeverein Weißer Ring sehr gute Erfahrungen gesammelt. Dort tragen nach Anordnung der Behörden Opfer und Täter einen Sender, die miteinander kommunizieren. Kommen sich die beiden näher als erlaubt, lösen die Sender Alarm in einer Leitstelle aus. Aufgrund der übermittelten Positionsdaten kann die Polizei schnell eingreifen. Seit 2012 haben spanische Behörden in rund 13 000 Fällen die elektronische Überwachung angeordnet. Keine einzige der Frauen, die am Überwachungsprogramm teilgenommen haben, sei seither vom Ex-Partner umgebracht worden. Frankreich hat das Modell bereits übernommen, in der Schweiz startete ein Testlauf, heißt es in der Mitteilung weiter.
Für Sonder ist es nicht nachvollziehbar, dass Politik und Behörden in Deutschland das Problem zwar bewusst sei, es aber noch keine hinreichende Rechtsgrundlage für dieses Modell gebe. Möglich ist der Einsatz der „Fußfessel“ hierzulande etwa bei extremistischen Tätern, mutmaßlichen Terroristen und islamistischen Tätern.
Juristische Hürden
Sechs Bundesländer und der Stadtstaat Hamburg haben immerhin die rechtliche Grundlage für einen begrenzten Einsatz dieser Technik auch bei häuslicher Gewalt geschaffen. Baden-Württemberg zählt nicht dazu. Aber auch dort, wo es möglich ist, kommt die Technik selten zum Einsatz, weil die juristischen Hürden trotzdem extrem hoch sind, so die Stadtverwaltung weiter.
Sonder: Aufgabe der Politik
„Es ist nicht nachvollzieh- und vermittelbar, dass für erprobte und bewährte Konzepte wie dieses kein klarer und einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen wird. Ich finde es auch absurd, dass Datenschutzrechte von Tätern höher gewichtet werden als das Recht auf körperliche und seelische Unversehrtheit von Opfern“, so Sonder. Gerichte und Behörden seien an geltendes Recht gebunden. Dieses zu ändern, sei Aufgabe der Politik. Birgit Bihler ergänzt: „Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt. Opfer sind nicht nur die Partnerinnen, sondern auch die Kinder, sei es durch direkte Gewalt oder durch psychische Gewalt, wenn Kinder mitbekommen, wie der Täter die Mutter malträtiert. Hier gilt: Der Täter bekommt ein paar Jahre, das Opfer lebenslänglich.“
Viele Betroffene seien traumatisiert und müssten langwierige Therapien machen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Frauen und Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen und ihnen ein Leben in Sicherheit zu ermöglichen.