Mit einem emotionalen Festakt hat Nonnenweier mit der Verlegung von Stolpersteinen an Menschen erinnert, die wegen ihres Glaubens verfolgt, aus ihrer Heimat vertrieben, deportiert und getötet wurden.
Es ist ein dunkles Kapitel der Geschichte, das mit den golden glänzenden Stolpersteinen aus Messing beleuchtet wird –und doch sind sie ein Mahnmal für den Frieden. „Haben wir in Nonnenweier nicht schon Denkmäler genug?“, war eine der Fragen, die Dagmar Frenk nach Bekanntwerden der Initiative gestellt wurden. Verschiedene Gedenksteine erinnern im Ort bereits an zwangsumgesiedelte, verschleppte, deportierte und getötete jüdische Nonnenweierer. Aber: „Mit dem heutigen Tag bekommt die Erinnerungskultur in unserem Ort eine ganz neue Qualität“, so die Ortsvorsteherin in ihrer emotionalen Ansprache. „Den Stolpersteinen begegnet man im täglichen Leben und das ganze Jahr über –sie sind da, wo die Menschen entlang gehen“, so Frenk. Und sie sind dort, wo einst die Menschen lebten, an die erinnert werden soll –an dem Ort, an dem ihr zuletzt frei gewählter Wohnsitz war. „Sie sind auf diese Weise mitten unter uns, werden wieder zusammengeführt und erhalten ihre Namen zurück“, betonte die Ortsvorsteherin.
Mit Erinnern soll an der Zukunft gearbeitet werden
Daher sei es besonders schön, dass das Votum der Gemeindegremien über dieses Vorhaben einstimmig ausgefallen war und Unterstützung erhalten hatte. „Erinnerung ist nie nur rückwärts gewandt – Erinnern ist Arbeiten an der Zukunft“, hob Dagmar Frenk auch insbesondere an die jungen Gäste gerichtet hervor.
Auch Bürgermeister Marco Gutmann würdigte die Initiative und das Engagement der Arbeitsgruppe, die sich für die Aufarbeitung der Biografien eingesetzt hat. Bereits im November wurde im Rahmen einer Ausstellung in der Schwanauer Gemeindeverwaltung an die Deportation von mehr als 4650 Juden an einem einzigen Tag in Baden-Württemberg erinnert. „Die Stolpersteine sollen uns mahnen, dass nie wieder Hass, Ausgrenzung und fanatischer Nationalismus die Oberhand gewinnen“, sagte der Bürgermeister. An drei Stellen wurden insgesamt neun Steine verlegt, die an die Familien Baum und Meier erinnern sollen.
Gemeinsam zogen die Gäste zur Nonnenweierer Hauptstraße 13 und 12 sowie zur Schmidtenstraße 6. Dort gaben Jenny Barreto und die Pfadfinder vom Stamm Regenbogen gemeinsam mit Martin Frenk und Mathias Janssen jeweils einen Einblick in die Geschichte der Personen, an die die Steine erinnern sollen. Besonders emotional war die Ansprache von Winthrop Baum, der gemeinsam mit seiner Frau aus den USA eingereist war. „Ich bin ein Nonnenweierer“, sagte er eingangs, um seine Verbundenheit zum Ort in Worte zu fassen. Seine Großeltern haben Nonnenweier an Heilig Abend 1937 verlassen und sind nach Amerika ausgewandert. Er und seine Frau sind erstmals im Juni 2001 nach Nonnenweier gereist und haben in Martha Schlager und ihrer Familie eine gute Freundin gefunden. So haben sie das Nonnenweier kennengelernt, über das sein Großvater oft sprach.
Für Baum sei die Verlegung ein Teil der Erinnerung, doch es brauche auch den Heilungsprozess, der für die Zukunft von großer Bedeutung sei. Winthrop Baum und seine Frau Stephanie dankten besonders für die Freundschaften in Nonnenweier. „Der Heilungsprozess beginnt mit den Menschen – mit uns allen“, so Baum.
Mit Herzen stolpern und Verstorbenen Ehre erweisen
Für die Verlegung der Stolpersteine konnte Gunter Demnig nach Nonnenweier geholt werden. Vor mehr als 20 Jahren hat Demnig diese Form der Erinnerungskultur geschaffen und ist seither in zahlreichen Ländern Europas zur Verlegung dieser Mahnmale unterwegs gewesen. Die schönste Definition der Stolpersteine habe ihm bei einer Verlegung ein Schüler gegeben: „Man fällt nicht hin, sondern man stolpert mit dem Kopf und dem Herzen.“ So sei es auch eine Geste der Verbeugung, wenn Menschen die Namen auf den Steinen lesen – so würden sie den Verstorbenen die Ehre erweisen. Rebekka Ziegler, Laura Totenhagen und Veronika Morscher von „Of Cabbages and Kings“ umrahmte die Veranstaltung mit ihrem emotionalen Gesang.
Orte der Stolpersteine
In der Nonnenweierer Hauptstraße 13 wurde mit vier Steinen an Bertha, Moritz, Alice und Walter Baum gedacht. Sie sind die Vorfahren von Winthrop Baum, der bei der feierlichen Verlegung dabei war.
In der Nonnenweierer Hauptstraße 12 wird an Max, Klara und Ivan Meier erinnert.
In der Schmidtenstraße 6 hatten einst Jakob und Jeanette Meier gelebt.