Urteil im Kehler Totschlag-Prozess / 37-Jährige wurde im März erstochen / Verteidiger kündigt Revision an

Von Harald Rudolf Offenburg/Kehl. Die Schwurgerichtskammer am Landgericht hat einen 30-Jährigen wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Vor der Urteilsverkündung wurde bekanntgegeben, dass der Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen die Strafkammer abgelehnt worden war. Verteidiger Reinhard Kirpes hatte am Verhandlungstag kurz vor Weihnachten die Kammer für befangen erklärt, weil die Beratungszeit zwischen Plädoyers und Urteilsverkündung nach seiner Ansicht zu kurz war. Da die Kammer mit Einverständnis aller Beteiligten vorberaten hatte, ist der Befangenheitsantrag zurückgewiesen worden.

 

Nach der Anhörung von 89 Zeugen sowie drei Sachverständigen ist das Urteil am gestrigen 13. Verhandlungstag verkündet worden. Der Vorsitzende Richter Heinz Walter erklärte diesen Aufwand durch das Schweigen des Angeklagten und sein Beharren auf seine Unschuld. Außerdem seien die Einwände der Verteidigung hinsichtlich der Ermittlungsarbeit von Polizei und Justiz zu prüfen gewesen.

Obwohl die erste Durchsuchung in der Wohnung des Angeklagten nicht rechtmäßig war, sah die Strafkammer kein Verwertungsverbot für die dabei sichergestellte Hose. Nach Ansicht der Strafkammer stand aber aufgrund zahlreicher Indizien einer Verurteilung nichts entgegen. "Das Gericht ist fest davon überzeugt, dass Sie entgegen Ihren Unschuldsbeteuerungen tatsächlich derjenige sind, der sie getötet hat", sagte Walter zu dem Ex-Lebensgefährten der 37 Jahre alten getöteten Frau.

Richter Walter: gefühllos, roh und grausam

Walter verwies auf die Beweiskraft von Indizien, die nicht wie die Verteidigung habe glauben machen wollen, minderwertig seien. Nach Ansicht des Gerichts ereignete sich die Tat am 13. März 2011. Am Vorabend gab es ein letztes Lebenszeichen der Frau, deren Leiche erst am 17. April entdeckt worden war. An jenem Sonntagmorgen suchte der aus Burkina Faso stammende Mann die von ihm getrennt lebende Mutter seiner Tochter auf. Er wollte von Kehl nach Köln ziehen, die Mutter weigerte sich. Während des Streits griff der 30-Jährige zu einem Küchenmesser. Mit großer Wucht stach er auf sie ein. "Die Tat war gefühllos, roh und grausam", so der Richter.

Nach der Tat wusch er sein blutbespritztes Hemd in der Badewanne, säuberte das Küchenmesser und legte es in die Schublade. Dann deckte er die Leiche zu, packte Kindersachen ein, verschloss die Wohnung und fuhr mit der Tochter nach Köln. Dass er sein Hemd in der Badewanne vergaß, sei ein Fehler gewesen, wie auch das Behalten seiner Hose, auf der Blut des Opfers sichergestellt wurde.

Das Gesamtbild lasse keinen Zweifel an der Täterschaft, so das Gericht, nach dessen Ansicht die Tat an die häufig gewalttätige Beziehung anknüpft. "Lass’ mein Kind raus, sonst bring’ ich dich um", habe der 30-Jährige laut Zeugen zu der Frau gesagt. Dies zeige, dass sich der Mann die Tat durchaus vorstellen konnte, so das Gericht. Dass der 30-Jährige schließlich erklärt hatte, an jenem 13. März in der Wohnung gewesen zu sein, weise auch auf ihn als Täter hin. Denn danach gab es kein Lebenszeichen mehr von der Frau. Geld wurde nicht abgehoben, Telefonate nicht entgegengenommen und Termine wegen eines Krippenplatzes nicht wahrgenommen.

Der 30-Jährige, der während des Prozesses fast alle Zeugen selbst befragt hatte, redete während der Urteilsbegründung immer wieder dazwischen, bis der Vorsitzende Richter seine Entfernung aus dem Saal androhte. Verteidiger Kirpes kündigte Revision an. Er habe sich gewünscht, das Gericht hätte die unrechtmäßige Ermittlungsarbeit stärker kritisiert, sagte Kirpes, der auf Freispruch plädiert hatte. "Nach diesem Urteil können sich Ermittler viel erlauben", so der Verteidiger.