Alte Menschen trifft das Virus besonders hart. (Symbolfoto) Foto: Tarantino

Auf die Heime entfallen fast 80 Prozent aller tödlich verlaufenen Covid-19-Erkrankungen.

Es zeigt sich immer mehr: Vor allem ältere Menschen fallen dem Coronavirus zum Opfer. Sind sie einmal infiziert, endet in mehr als einem Viertel der Fälle die Krankheit tödlich, wie Zahlen im Kreis Rottweil aus den Altenheimen belegen.

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Kreis Rottweil - 127 Menschen sind im Kreis mit oder an dem gefährlichen Erreger namens Covid-19 seit Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 gestorben. 100 davon sind alte Menschen. Dabei haben sich lediglich circa 350 alte Menschen davor mit dem Virus infiziert gehabt. Sprich: mehr als ein Viertel der Erkrankten stirbt daran. Anders sehen die Zahlen bei den Jüngeren aus. Auf sie entfallen 27 Tote – bei rund 4200 positiv Getesteten. Das entspricht einer Quote von 0,64 Prozent.

Wie anfällig die Alten- und Pflegeheime für die Ausbreitung des Virus sind, zeigte sich im Kreis Rottweil bei der zweiten Welle, die sich seit Oktober aufgebaut hat und viel stärker ausfällt als die erste im Frühjahr vergangenen Jahres. Damals haben sich im Kreis Rottweil insgesamt so viele Menschen infiziert wie bei der zweiten Welle allein in den dreieinhalb Wochen im Januar 2021: 700.

Erhebliche Sterblichkeitsrate

Am schlimmsten wütete der aggressive Erreger gerade kurz vor Weihnachten, als der Inzidenzwert an Neuinfizierten innerhalb von sieben Tagen auf 100.000 Einwohner gerechnet den Höchstwert erreichte: 400. In jenen letzten Tagen und Wochen des Jahres 2020 kam es in den Senioreneinrichtungen zu den höchsten Infektionszahlen – und Todeszahlen. Landrat Wolf-Rüdiger Michel spricht von einer "erheblichen Sterblichkeitsrate".

Das führt Michel in seinem Bericht zur Coronalage in der Sitzung des Kreistags am Montag in der Mehrzweckhalle in Göllsdorf aus. Am 22. Dezember waren 150 Heimbewohner und 80 Beschäftigte infiziert. In der vergangenen Woche waren es noch zehn Bewohner und elf Beschäftigte. Das ist – bei allem negativen – die gute Nachricht: Die Lage in den Heimen hat sich beruhigt und scheint unter Kontrolle.

Am schlimmsten war es in der 50. Kalenderwoche 2020. In vier von 13 Senioreneinrichtungen im Kreis hatte sich das Virus eingenistet und ausgebreitet. 15 Menschen sterben im Zusammenhang mit einer Coronavirusinfektion. Auch in den drei darauffolgenden Wochen kommt es zu Todesfällen im zweistelligen Bereich. Es gibt Heime, die haben in diesen Tagen zwischen zehn und 22 Bewohner verloren.

Eine Rechnung offenbart: Fast 80 Prozent aller Corona-Toten haben zuvor in einer Alten- und Pflegeeinrichtung gelebt.

Mit so einem Ausmaß des Elends hatte zu Beginn der zweiten Welle niemand gerechnet, ist den Worten des Landrates und seines Gesundheitsdezernenten Heinz-Joachim Adam zu entnehmen. Man hatte sich zwar im Sommer, nach Abflauen der ersten Phase, auf die nächste vorbereitet und sowohl personell als auch materiell Vorkehrungen getroffen, so Adam. "Dass es uns so massiv trifft, daran hat niemand gedacht", sagt Adam. Innerhalb weniger Wochen schnellte der Inzidenzwert von 50 auf 400 hoch.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung unterstützen der Landrat und der Leiter des Gesundheitsamts die Vorstellungen von Sozialminister Manfred Lucha, der erst ab einem Wert unter 25 über die Lockerung des Lockdowns sprechen wolle. "Eine Inzidenz von 50 ist viel zu hoch", sagt Adam. Vernünftig wäre es, die 25 anzupeilen. Einen Wert von null werde man nicht schaffen.

EDV zeigt Schwächen

Wie wichtig nun das Impfen ist, verdeutlicht der Landrat. Doch es gibt nicht nur Probleme damit, genügend Impfstoff zu bekommen, auch die EDV zeigt Schwächen. Die zentrale Terminvereinbarung hat ihre Tücken und stellt manche 80-Jährige und Ältere vor gewaltige Hürden, so die Erfahrung in den Behörden. Michel hofft, dass mit Inbetriebnahme einer neuen Produktionsstätte des Impfherstellers und Lieferanten Biontech/Pfitzer das wichtige Serum dann in ausreichender Menge zur Verfügung stehen wird.

In der vergangenen Woche zeigt das Infektionsgeschehen im Kreis zwei Auffälligkeiten: In Schramberg gibt es mit 32 positiv Getesteten mehr als doppelt so viele Fälle wie in Sulz (15). In Oberndorf wurde das Virus bei 14 Menschen nachgewiesen, in Rottweil lediglich bei elf. Aichhalden ist mit 13 Corona-Fällen vorne dabei – auch das ist ungewöhnlich für den kleinen Ort.

Inzwischen hat sich das Infektionsgeschehen soweit beruhigt, dass die Kontaktnachverfolgung wieder mit vernünftigem Aufwand betrieben werden könne. Zeitweise, im November, sei man bei 5000 Kontakten in die Knie gegangen, berichtet Adam. Auf einen Infizierten kamen vier Kontakte. Inzwischen sind es eineinhalb. Nun sei es wieder relativ einfach, die Kontakte nachzuverfolgen und zu betreuen, so Adam. Wie es indes weitergehe, kann der Leiter des Gesundheitsamtes nicht sagen. Es gebe unbekannte Variablen, so Adam, etwa die verschiedenen Virusmutationen.

Zudem, so ist nun bekannt geworden, hat sich offensichtlich erstmals ein Kreisbewohner, es handelt sich um einen circa 40 Jahre alten Menschen, nach Monaten erneut mit dem Virus infiziert. Er zeige Symptome, anders als beim ersten Mal.