Mit der Übergabe der Entlassurkunde in den Ruhestand kann die „neue Zeit“ für Peter Sickinger (rechts) beginnen. Foto: Stadt Oberndorf

Nach einem Dienstleben für die Stadtverwaltung fängt für Peter Sickinger ein neues Leben als Ruheständler an.

Nach mehr als 40-jähriger Dienstzeit in der Oberndorfer Stadtverwaltung wurde Peter Sickinger, Amtsleiter Öffentliche Ordnung, in einer Feierstunde in den Ruhestand verabschiedet.

 

„Wir verabschieden nicht nur einen geschätzten Kollegen, sondern eine Legende“ – so Bürgermeister Matthias Winter, der in dieser Aussage vier Jahrzehnte des politischen und gesellschaftlichen Wandels legte, ein Wandel, der durchaus Struktur und Inhalt der städtischen Arbeit beeinflusste. Und so sei die Dienstzeit von Peter Sickinger geprägt gewesen von einem permanenten Entwicklungsprozess mit immer wieder neuen und herausfordernden Aufgabenstellungen.

Start in einer anderen Welt

In einer vollkommen „anderen Welt“ habe er am 22. November 1983 als Sachgebietsleiter im Bereich Bürgerdienste seinen Dienst in der Oberndorfer Stadtverwaltung aufgenommen. Und genau am Tag seines Dienstantritts habe der Bundestag die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in der damaligen BRD gebilligt. Nun, am Ende von Sickingers Amtszeit müsse man feststellen, wie sehr sich Geschichte doch wiederhole.

Drei Bürgermeister

Doch auch für die Stadt Oberndorf sei 1983 zu einem wechselvollen Jahr geworden, denn ein neuer Bürgermeister habe im Rathaus Einzug gehalten, erinnert Winter die Teilnehmer der Feierstunde: 16 Jahre unter Klaus Laufer, 24 Jahre mit Hermann Acker und zuletzt noch ein Jahr gemeinsam mit ihm selbst, habe der scheidende Amtsleiter drei Bürgermeister erlebt, drei Dienstherren kennengelernt und als Teil des Verwaltungsapparats zum Wohle der Menschen gewirkt.

Wahlen und Flüchtlingswellen

Vier Jahrzehnten könne man nicht gerecht werden, meinte BM Winter, weshalb er sich im Rückblick auf Spotlights beschränkte. Dazu zählten natürlich die Wahlen, deren Vorbereitung und Abwicklung in den Zuständigkeitsbereich von Peter Sickinger fielen. Das Thema, das ihn stets und ausdauernd durch alle Zeiten seines Wirkens begleitet habe, seien die Flüchtlinge. Insbesondere die Flüchtlingskrise 2015/2016 habe vor große Probleme gestellt und ganz viel Einsatzbereitschaft gefordert. In Ruhe und Besonnenheit habe er sich um die Unterbringungen gekümmert, sei zu einem geschätzten Ansprechpartner auch im Landkreis geworden.

Die Menschen auf der Flucht habe er „unter ein Dach“ gebracht, aber auch unzählige Frauen und Männer „unter die Haube“, denn bei seinem Amtsantritt sei er auch zum Standesbeamten ernannt worden. Und als Bindeglied zur Sozialstation habe er eine weitere wichtige Funktion innegehabt und dafür, dass er sich in der Lebenshilfe auch im Ruhestand weiterhin engagieren wird, sprach ihm der Bürgermeister großen Dank aus.

Nicht zu den Selbstverständlichkeiten zähle seine Rolle als „Weihnachtsmann“, in der er mit dem Team der Bürgerstiftung dafür sorgte, dass unzählige Kinderwünsche durch die Aktion „Wunschsterne“ in Erfüllung gingen.

Mit den Abkürzungen vertraut

Wenn man nach vier Jahrzehnten aus dem Dienst scheidet, dann gehe auch ganz viel wertvolle Erfahrung verloren. Im Gegensatz zur Person lasse sich Erfahrung nicht ersetzen, auch wenn die Nachfolger einen anderen Weg einschlagen, ja einschlagen müssten, um ihre eigenen Spuren zu ziehen, das Amt durch ihre eigene Persönlichkeit zu prägen. Nach Winters Erfahrung würden die jungen Mitarbeiter schneller rennen, die „Alten“ aber wüssten um die Abkürzungen – diese Art von Kompensation regle die Nachfolge in den Ämtern.

Heute echt „old school“

Peter Sickinger nahm den Faden auf, sprach von neuen Zeiten, die begonnen hätten, für welche er auch nicht mehr „der richtige Mann“ sei. Er sei vieles angegangen auf seine ureigene Art, welche heute wohl als „old school“ bezeichnet werde.

Scherzhaft, doch mit ernstem Unterton meinte er, dass die Stadt und die Verwaltung nun einen Bedenkenträger verlieren, da er Konflikte stets in seiner „direkten, nicht immer humorauslösenden Art“ angesprochen habe. Er blicke aber in Zufriedenheit zurück, weil er alles wieder genauso machen würde, wie er es getan habe. Dabei schloss er auch das unbürokratische Angehen von Aufgaben ein, die einer schnellen Lösung bedurften.

Sie wollten den verdienten Kollegen, der für einen Moment vor ihnen in die Knie geht, selber „tschüss“ sagen. Foto: Stadt Oberndorf

„Verrückt, wie es dazu kam, dass ich hier in Oberndorf gelandet bin“ – diese Aussage brachte ihn zurück zu den Anfängen, als die Bewerbungsmodalitäten noch ganz andere waren. Das Gefühl, gebraucht zu werden, sei mit einer Art Verpflichtung einhergegangen, die Stelle anzunehmen, da er schon vor seinen Abschlussprüfungen für die Stadtverwaltung gearbeitet habe. Bei seiner Zusage allerdings habe er nicht einmal geahnt, was alles in seinem Aufgabenbereich angesiedelt war.

Langer Atem und schnelle Entscheidungen

An den Themen Jugendarbeit und Kultur machte er die rasanten Veränderungen inhaltlicher und struktureller Art fest. Und nicht vorenthalten wollte er auch die Tatsache, dass er Anfang der 1980er-Jahre den Abmangel der Sozialstation zu berechnen hatte und man heute auf eine leistungsstarke Einrichtung mit Vorbildcharakter stolz sein dürfe. Dieses Beispiel zeige, was sich in vielen Bereichen bewegt habe, was man fähig war, auf die Beine zu stellen. Vier Flüchtlingswellen habe er „handeln“ müssen, wobei es einmal galt, innerhalb von zwei Tagen 48 Menschen in Oberndorf unterzubringen. „Wir haben im sozialen Bereich tolle Dinge gemacht, die immer im Gedächtnis haften werden“, so Peter Sickinger.