Nachdem die "Bild" in die Offensive gegangen war, lehnte Wulff eine Veröffentlichung des Anrufs ab.

Berlin - Bundespräsident Christian Wulff hat eine Veröffentlichung seines umstrittenen Telefon-Anrufs auf der Mailbox von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann abgelehnt. Wulff erklärte am Donnerstag, er wolle es bei der persönlichen Entschuldigung bei Diekmann belassen.

In einem vom Bundespräsidialamt veröffentlichten Schreiben an Diekmann betonte Wulff: „Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben.“

Die "Bild" war zuvor in die Offensive gegangen

Die „Bild“-Zeitung hatte Wulff zuvor um Zustimmung gebeten, die Worte Wulffs auf der Mailbox zu veröffentlichen. Hintergrund waren umstrittene Äußerungen Wulffs am Mittwoch im Interview mit ARD und ZDF, wonach es ihm bei dem Anruf nicht darum gegangen sei, eine Berichterstattung über seinen Hauskredit zu verhindern, sondern diese nur um einen Tag zu verschieben.

Chefredakteur Diekmann schrieb daraufhin an Wulff: „Wir möchten dies nicht ohne Ihre Zustimmung tun und bitten Sie deshalb im Sinne der von Ihnen angesprochenen Transparenz um Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung.“

Knapp 11,5 Millionen Zuschauer verfolgten Wulffs Interview

Knapp 11,5 Millionen Zuschauer hatten am Mittwochabend das mit Spannung erwartetet Interview von Wulff in ARD und ZDF gesehen. Die Aussagen Wulffs lösten bei Koalition und Opposition ein unterschiedliches Echo aus. In der schwarz-gelben Koalition wurde der Fernsehauftritt positiv aufgenommen. Die Opposition sieht nun Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Zug. Merkel schwieg jedoch zum Fall Wulff bei ihrem ersten öffentlichen Termin nach der Weihnachtspause. Auch nach einem Empfang für die Sternsinger am Donnerstag in Berlin wurde keine Stellungnahme der Kanzlerin erwartet.

Wulffs Anwälte veröffentlichten Stellungnahme

Unterdessen veröffentlichten Wulffs Anwälte eine „zusammenfassende Stellungnahme“ zu den mehreren hundert Medienanfragen in der Kreditaffäre. Sie ergänzten eine „rechtliche Bewertung“, wonach kein Verstoß gegen das niedersächsische Ministergesetz vorliege. Nach Darstellung der Anwälte standen weder der umstrittene Privatkredit noch die diversen Urlaubsreisen mit den Amtspflichten Wulffs als Ministerpräsident von Niedersachsen in Zusammenhang. Auch für steuerrechtliche Verstöße gebe es keine Anhaltspunkte.

Die "Bild"-Zeitung ist verwundert

Mit Blick auf Wulffs Darstellung zum Ziel seines Anrufes bei der „Bild“-Zeitung schrieb Diekmann an das Staatsoberhaupt: „Mit Verwunderung haben wir gestern Ihre Aussage im Fernsehen zur Kenntnis genommen, bei Ihrem Anruf auf meiner Mail-Box sei es nicht darum gegangen, Berichterstattung zu ihrem Hauskredit zu verhindern, sondern diese lediglich um einen Tag zu verschieben.“

Der stellvertretende „Bild“-Chefredakteur Nikolaus Blome bezeichnete im Deutschlandfunk die Mailbox-Nachricht als „große Dummheit“ und erklärte: „Und es war ein Anruf, der ganz klar das Ziel hatte, diese Berichterstattung zu unterbinden.“

SPD, Linke und Grüne sehen weiteren Aufklärungsbedarf

Nach dem Fernseh-Interview sehen SPD, Linke und Grüne weiteren Aufklärungsbedarf. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel forderte Kanzlerin Merkel auf, Wulffs Eignung für das höchste Staatsamt zu überprüfen. „Das ist keine Causa Wulff mehr, das ist eine Causa Merkel.“ Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Hubertus Heil sagte: „Es bleiben Fragen offen, die aufgeklärt werden müssen.“ SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte: „Der Bundespräsident hat seine Glaubwürdigkeit verloren.“

Auch die Grünen bezweifeln, dass die Kanzlerin mit der Erklärung Wulffs zufrieden sein könne. Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke sagte: „Wir erwarten, dass sie dazu Stellung nimmt.“

Die CDU stärkt Wulff mehrheitlich den Rücken

Dagegen erklärte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe: „Ich bin sicher, dass Christian Wulff damit erfolgreich Vertrauen in der Bevölkerung zurückgewinnen wird.“ Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt stärkte Wulff den Rücken. „Ich habe volles Vertrauen in den Bundespräsidenten und seine Amtsführung“, sagte sie dem ARD-Morgenmagazin.

Aus der FDP hieß es, es sei gut, dass Wulff zu den Vorwürfen Stellung genommen und Fehler eingeräumt habe. Mit Blick auf den Disput mit der „Bild“ sieht der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring weiter Klärungsbedarf. „Das müssen die beiden unter sich ausmachen und an dieser Stelle dann eben auch eine gleichlautende Deutung der Öffentlichkeit präsentieren“, sagte er der dpa.

Wulff war wegen eines Kredits in die Kritik geraten

Wulff war wegen eines 500.000-Euro-Kredits für sein Privathaus von der Unternehmergattin Edith Geerkens in die Kritik geraten. Später hatte Wulff diesen Kredit durch ein Darlehen der BW Bank abgelöst. Der Präsident muss sich gegen Vorwürfe wehren, die genauen Umstände der Kreditaufnahme verschwiegen zu haben. Eine neue Dimension bekam der Fall, als bekannt wurde, dass Wulff telefonisch versucht hatte, die unliebsame Berichterstattung der „Bild“ zu beeinflussen. Der Bundespräsident hatte ungeachtet des verheerenden Medienechos einen Rücktritt abgelehnt.

Der Drohanruf bei der "Bild" sein ein schwerer Fehler gewesen

Im Interview bei ARD und ZDF räumte er aber Fehler und Versäumnisse ein. So sei der Drohanruf bei „Bild“-Chefredakteur Diekmann „ein schwerer Fehler“ gewesen. Die „Bild“-Zeitung hatte vor drei Wochen zuerst über die Umstände des Hauskredits im Wert von einer halben Million Euro berichtet. In dem Interview wies Wulff den Vorwurf zurück, er informiere die Öffentlichkeit per Salami-Taktik.

Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend meinen nur noch 47 Prozent der Bevölkerung, dass Wulff im Amt bleiben kann. Damit verlor das Staatsoberhaupt seit Wochenbeginn kontinuierlich an Zustimmung. Dass Wulff ehrlich ist, glauben der Umfrage zufolge nur noch 22 Prozent der Deutschen.