Der Finanzdezernent Fabian Peters muss den Etat der Landeskirche zusammenstreichen. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Die Evangelische Landeskirche in Württemberg will ihren Etat so stark kürzen wie seit Jahrzehnten nicht. Ihr neuer Finanzchef steht somit vor einer Herkulesaufgabe.

Schwieriger können die ersten 100 Tage im Amt als neuer Finanzchef der Evangelischen Landeskirche in Württemberg wohl nicht sein. Wo auch immer Fabian Peters seinen Antrittsbesuch momentan macht, bringt er die Botschaft mit, dass kräftig gespart werden muss. Gerade hat Peters mit der Kinder- und Jugendarbeit gesprochen. Wieder ging es auch um Kürzungsmöglichkeiten. Ebenso war es beim Diakonischen Werk oder der Evangelischen Schulstiftung. Keine angenehmen Gespräche, wie Peters einräumt. „Wir werden Beschlüsse fassen, die wehtun“, sagt der promovierte Volkswirt. „Denn nur so wird die Kirche auch in Zukunft handlungsfähig bleiben.“

 

Rund eine Milliarde Euro sollen innerhalb von zehn Jahren aus dem Haushalt geschwitzt werden, also 100 Millionen im Jahr. Eine Riesensumme, verglichen mit früheren Kürzungsrunden. Und schon um die wurde in Kirche und Synode heftig gestritten. Doch vielleicht kann niemand so glaubwürdig für den Sparkurs eintreten wie Peters. Mit seinen 37 Jahren ist er der mit Abstand jüngste Oberkirchenrat Württembergs. So wirkt sein Plädoyer, Versorgungslasten nicht künftigen Generationen aufzubürden, überzeugend. Denn der gebürtige Niedersachse ist ja quasi selbst betroffen.

Württemberg ist Schlusslicht unter den deutschen Landeskirchen

Bei ihm bleibt vom einstigen Stolz der württemberger Protestanten auf ihr solides Wirtschaften wenig übrig. „Unter den deutschen Landeskirchen ist Württemberg bei der Zukunftsvorsorge Schlusslicht,“ meint Peters. Keine Rede also von der schwäbischen Hausfrau. Tatsächlich haben die Verantwortlichen über Jahre nämlich zu wenig Geld in die Hand genommen, um die Altersversorgung und Krankenbeihilfe der Pfarrer und Kirchenbeamten abzusichern. Rund vier Milliarden Euro sind dafür nötig. Aber nur drei Milliarden wurden investiert. Nun drängt die Zeit. Denn das Verhältnis zwischen den 4000 Mitarbeitenden und Ruheständlern wird sich verschlechtern. Momentan ist die Hälfte noch aktiv. In zehn Jahren wird es nur noch ein Drittel sein.

„Wir stehen unter Druck“, betont Peters deshalb. Auch den Abwärtstrend habe man wohl lange wegen der stabilen Einnahmen unterschätzt. Doch im vergangenen Jahr kamen schon wegen der schwachen Konjunktur und des Mitgliederschwunds rund 38 Millionen Euro weniger Kirchensteuer herein als erwartet. Besser wird es auch dieses Jahr nicht. „In einem Haushalt von rund 800 Millionen haben wir 40 Millionen Euro strukturelles Defizit“, sagt Peters. Nun könne niemand mehr – wie zu oft in der Vergangenheit – die Augen vor den Notwendigkeiten verschließen.

Eine Streich- und Kürzungsliste mit rund 100 Posten

Mit seinem Team und den Kollegen im Oberkirchenrat – vergleichbar mit den Ministern in der Regierung – erstellt Peters eine Streich- und Kürzungsliste. Die wird am Ende rund 100 Posten umfassen und bleibt momentan noch Verschlusssache. Klar aber ist: Viele Projekte werden dem Rotstift zum Opfer fallen. Darunter sind Vorhaben wie die Einführung des neuen Rechnungswesens oder die Unterstützung von Diakonen in den Gemeinden. „Nahezu alles, was wir tun, hat Wert und Wirkung. Wir können uns aber nicht mehr alles leisten“, schärft Peters ein. Auch die Aufgabe von zwei Tagungsstätten zeichnet sich ab. Die Schließung des Hauses Birkach ist bereits beschlossen. Daneben könnte es noch Bad Boll, den Bernhäuser Forst oder das Stift Urach treffen.

Ebenfalls prüft die Kirche, ob Aufgaben von anderen gesellschaftlichen Akteuren besser oder ebenso gut zu erledigen sind ober ob die Finanzierung durch den Staat zu erhöhen ist. So fließen momentan rund 50 Millionen Euro Kirchensteuer jährlich in die Kindergärten, weil die Refinanzierung nicht überall 100 Prozent beträgt. „Auch die psychologische Beratung zahlen wir fast komplett“, berichtet Peters und deutet so an, dass an manchen Stellen der Staat wird einspringen müssen. „Wir sparen die Kirche aber nicht kaputt, sondern machen sie zukunftsfest“, betont der in Baden aufgewachsene Oberkirchenrat. So sind Kürzungen der Gehälter von Pfarrern und Pfarrerinnen nicht vorgesehen. Zwar hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck den Theologen ein Minus von drei Prozent zugemutet. Deshalb denken auch Kirchenparlamentarier in Württemberg darüber nach. Doch die Kirchenleitung winkt ab. Bei den Pfarrern im Dienst stehe man im Wort, sie weiter wie Beamte zu bezahlen. „Und bei der Nachwuchsgewinnung kämpfen wir ja schon jetzt um jeden einzelnen geeigneten jungen Menschen“, sagt Peters. Da wären Kürzungen ein schlimmes Signal.

Der Widerstand gegen das Sparpaket formiert sich bereits

Peters weiß, dass sich schon längst der Widerstand gegen das Sparpaket formiert, das das Kirchenparlament im nächsten Frühjahr beschließen soll. Der Vater von drei kleinen Kindern geht dennoch mit Optimismus ans Werk. Denn er nimmt an, dass die Einsicht bei allen wächst, und er ist überzeugt von seiner Mission. „Ich bringe für die Kirche schon sehr viel Leidenschaft mit.“