Auf diesem Waldweg soll die Tat passiert sein. Foto: Biermayer

Im Juni soll ein Mann bei Hirsau versucht haben seine Ex-Partnerin im Auto zu erwürgen, während die beiden gemeinsamen Kinder auf der Rückbank saßen. Am vierten Verhandlungstag am Tübinger Landgericht standen die Plädoyers an. Das Urteil soll am 24. Januar gesprochen werden.

Tübingen/Calw-Hirsau - Bevor Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidiger in ihre Schlussvorträge einsteigen konnten, standen noch andere Punkte auf der Tagesordnung. So wurde die junge Polizistin als Zeugin geladen, welche die geschädigte Frau als erste im Krankenwagen vernahm. Die Frau habe damals angegeben, sie sei außerhalb des Autos auf dem Boden gewürgt worden, so die Polizistin. Die Geschädigte selbst hatte vor Gericht angegeben im Auto gewürgt worden zu sein.

Angeklagter ist voll schuldfähig

Der Angeklagte gab eingangs im Prozess an, an einer Depression zu leiden und deswegen in Behandlung zu sein. Monika Zavoianu bestätigte dies in ihrem psychiatrischen Gutachten. Er sei seit Beginn des Jahres in Behandlung gewesen, habe Medikamente verschrieben bekommen, diese aber nur unregelmäßig genommen. Zur Tatzeit habe der Angeklagte unter einer "mittelgradigen depressiven Episode" gelitten. Diese führe aber nicht zu einer erhöhten Aggression. Er sei deshalb voll schuldfähig.

Staatsanwältin spricht von "toxischer Beziehung"

Staatsanwältin Stefanie Siewert-Schatz bezeichnete in ihrem Plädoyer die Beziehung zwischen Angeklagtem und Geschädigter als "toxisch". Aus Angst, nach der Trennung das Sorgerecht für die Kinder zu verlieren, hatte der Angeklagte "das Ziel die Geschädigte zu töten".

Dazu habe er zuerst auf sie eingeschlagen, sie erst mit dem Kabelbinder, dann mit den Händen gewürgt. Dabei habe er bewusst die Abgeschiedenheit des Waldweges und die Enge des Autos genutzt. Die Geschädigte habe den Angriff nicht erwartet und nicht fliehen können. Als der Angeklagte weiterfuhr, habe er angenommen, die Geschädigte sei tot. "Dieser Sachverhalt steht fest", so die Staatsanwältin. Zeugen, Beweismittel und die Aussage der Geschädigten belegten das.

Mindestens 20 Sekunden gewürgt

Die Einlassungen des Angeklagten seien "unplausibel". Seine Angaben zur Tat hätten sich in den Vernehmungen und vor Gericht "wandelhaft" gezeigt. "Dass man dermaßen außer Kontrolle gerät" und seine Ex-Partnerin im Beisein der Kinder mindestens 20 Sekunden gewürgt habe, wie es das Gutachten zeige, passe nicht zur Beteuerung des Angeklagten er sei nicht aggressiv. Für eine schwere Körperverletzung und einen heimtückischen versuchten Mord forderte die Staatsanwältin acht Jahre Haft.

"Er mimte den besorgten Partner"

Die Anwältin der Nebenklage Stephanie Vogt sah den versuchten Mord ebenfalls als erwiesen an. Der Angeklagte habe zudem falsche Spuren gelegt. Er habe der Geschädigten nach der Tat auf Whats App geschrieben, obwohl er selbst das Handy entsorgt habe. "Er mimte den besorgten Partner", so Vogt. Dazu habe er das Auto gereinigt und seine Aussagen immer wieder angepasst. Und zwar so, dass alles immer die Schuld der Geschädigten gewesen sei. All das sei "nicht glaubwürdig".

Dreijähriges Kind nicht befragt

Die Verteidiger des Angeklagten widersprachen naturgemäß. Bei der Staatsanwaltschaft werde "passend gemacht, was nicht passt", so Markus Bessler. Den Aussagen des Angeklagten werde von vornherein kein Glauben geschenkt. Gutachten und Beweise passten aber sehr wohl dazu - und zwar objektiv. Das sei bei der Version der Staatsanwaltschaft nicht so. Der Angeklagte hatte am letzten Verhandlungstag erklärt, die Geschädigte hätte ihn zuerst attackiert. Er habe dann aus Reflex geschlagen und sie mit der Hand am Hals fixiert. Bessler bemängelte, dass das dreijährige Kind nicht befragt worden sei, obwohl es sich laut Aussagen der Mutter an die Tat erinnern könne.

Keine DNA am Kabelbinder

Der andere Verteidiger Matthias Hunzinger betonte, dass am Kabelbinder keine DNA des Angeklagten gefunden worden, das der Tatort ungeeignet und der Angeklagte im Nachgang nicht geflohen sei. Und er bezweifelte die Glaubwürdigkeit der Geschädigten. Die habe ihre Aussagen immer wieder geändert, wollte das Sorgerecht für die Kinder und habe das nun auch.

Beide Verteidiger waren sich darin einig, dass es sich um eine ungeplante Tat handelte, so wie es ihr Mandant beschrieben hatte. Sie forderten deshalb ihn nur für die schwere Körperverletzung mit einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zu verurteilen, die zur Bewährung auszusetzen sei. Denn der Angeklagte sitze schon seit knapp sieben Monaten in Untersuchungshaft und sei davor noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. 

Ein Urteil hat das Gericht für den 24. Januar angekündigt.