Eine Mega-Show in der Calmbacher Enztalhalle. Foto: Kunert

Wrestling: „Outlaw Wrestling Germany“ (OWG) feiert zehnjähriges Bestehen. Mega-Show in der Calmbacher Enztalhalle.

Bad Wildbad-Calmbach - So feiert man im Nordschwarzwald Geburtstag: zehn Jahre ist der Verein „Outlaw Wrestling Germany“ (OWG) mit seiner Kampf- und Tranining-Zentrale in Bad Wildbad alt. Klar, dass es Zeit war für eine neue Mega-Show in der Calmbacher Enztalhalle. Größer, fetter, lauter als alles bisher.

„Salva“(tore Cofone) - sonst preist er schnelle Autos an - brüllt sich die Stimmbänder wund, um die 450, vielleicht sogar 500 begeisterten Fans auf den Stühlen und Bänken in Stimmung zu bringen. Schwere Rockmusik bullert mit viel Bass durch die Halle. Der Einzug der Gladiatoren - schon immer der erste Teil der Show. Und der Party. Emotionen ohne Ende. Für den eigenen Favoriten. Auf jeden Fall noch lauter gegen den „Bösen“ des nächsten Kampfes.

Wer Wrestling nicht erlebt hat, hat was verpasst

Wrestling. Wer es noch nie live erlebt hat, hat was verpasst. Die Wildbader OWG, in der Kämpfer und Kriegerinnen aus dem ganzen Südwesten und darüber hinaus regelmäßig trainieren, spielen in der Spitzenliga. Vielleicht nicht ganz so viel Glamour wie im Mutterland des Wrestling, den USA - den Show-Giganten. Aber das wird hier mit noch mehr Leidenschaft locker wieder wett gemacht. Brachial, archaisch rocken die Muskelberge den Ring im Zentrum der Halle. Immer wieder hebt der ab, verrückt ein paar Zentimeter, wenn einer der bis zu 130 Kilo schweren Wrestler aus luftiger Höhe mit purer Gewalt zu Boden geht. Drake Destroyer, ein alter Bekannter aus der Schweiz mit eigener Weiß auf Rot gekreuzter Fan-Enturage, ist heute der König hier im Saal. Letztes Jahr im „Main Match“, der „OWG World Heavyweight Championship“ noch gegen ein Raubein aus dem Schwarzwald unterlegen, räumt er diesmal richtig ab.

Sein Gegner, Pascal Spalter aus Berlin, vom Publikum nur als „Pascal Sch..ße“ vom Feld gegrölt, kocht vor Wut. „Ich hab mir fast das zweite Mal in die Hose gemacht“, raunt ängstlich Empresario Salva, den Pascals Zorn-Kaskade gerade am heftigsten traf – als er den Ring fluchtartig in Richtung Backstage verlässt, um sich in Sicherheit zu bringen. Derweil holt der „Bad Guy“ des Kampfes in seinem schmucken Leibchen gemeinsam mit seinem Trainer, der immer wieder von außen in den Kampf aktiv zu Gunsten seines Schützlings eingreift, die ganz schmutzigen Tricks heraus, um das Match zu ihren Gunsten zu entscheiden. Wrestling - das ist auch die Kultur der ultimativen Un-Fairnis. Der gemeinen und gemeinsten Fiesheiten dem Gegner gegenüber.

Gäste sollen passiv bleiben

Oder der Gegnerin. Der vorangegangene Kampf: Zicken-Terror vom Feinsten. „Furios Avery“, eine besonders rabiate Amazone im Gothic Style mit dem ganz großen Auftritt und aus den eigenen Reihen des OWG, hatte in der Vorrunde beim „Fatal 4 Qualifying Women's“ alle Rivalinnen mit purer Gewalt aus den Ring geworfen - wortwörtlich übrigens. Jetzt tritt sie gegen den Wirbelwind „Mila Smidt“ an - die im Laufe der nächsten Viertelstunde purem Adrenalins ein ganzes Bündel ihrer schmucken Extensions einbüssen wird. Zicken-Terror eben. Doch gegen die Gemeinheiten von Avery hat Mila keine Chance - weshalb „Referee-in“ Jazzy Gabert, die „Alpha Female“ des deutschen Wrestlings und einer der Stargäste des Abends, nach dem eigentlich Ende des Kampfes ihre Rolle als „Unparteiische“ mal eben fahren lässt. Und nun tatsächlich zu Gunsten von Mila Gewinnerin Avery im Abgang mit martialischen Gesichtsausdruck noch mal ordentlich vermöbelt. Anschließend wirft sie sich die geschlagene Mila mal so eben über die Schulter und verschwindet unter dem Wut-Spektakel des Publikums im Gladiatoren-Tunnel. Frauenpower der ganz anderen Art.

Zeit für ein kurzes Luftholen. Einmal kräftig durchatmen. Die Simmbänder entspannen. Und sich bei Carina Gauss, Chef-Organisatorin des OWGs für diesen Abend, erkundigen, was aus dem - im Eifer eines Gefechts - vorhin etwas von einem der Kämpfer malträtierten jungen Mann aus dem Publikum geworden ist? Für einen Moment war aus dem Spaß unerwarteter Ernst geworden, als „Fabio Ferrari“ und sein Partner abseits des Rings einen Gegner durch die Stuhlreihen des Publikums warfen. Der junge Mann aus dem Publikum ging das „Opfer“ von Fabio selber an - und der wehrte sich spontan im Testosteron-Rausch. Und traf hart.

„Deswegen weisen wir alle Gäste beim Eintritt in die Halle darauf hin, niemals - egal, was in der Show passiert - selbst in die Kämpfe einzugreifen, sondern immer passiv zu bleiben“. Außer beim Jubel, Anfeuern natürlich. Denn die Kämpfer kämpfen - bei aller Show - wirklich, tun sich selbst auch immer wieder richtig weh. Damit's möglichst echt aussieht. Und weil man nicht jeden Schlag, jeden Tritt immer auf den Millimeter genau trimmen kann. „Wer da zwischen die Fronten gerät – das kann schon schmerzhaft werden.“ Eine Lehre für den jungen Mann im Publikum – beim Wrestling geht es weit mehr „richtig“ zur Sache, als man manchmal denkt. Aber die gute Nachricht: Der junge Mann hat sich von seiner „Lektion“ recht schnell wieder erholt. Security, anwesende Sicherheitskräfte der Feuerwehr und die Offiziellen war sofort zur Stelle, die Situation zu beruhigen. Die Gemüter zu besänftigen. Derweil die Show unbeeindruckt weiterging. Denn - natürlich gilt auch hir: The Show must go on.