Sieht cool aus, aber entspricht nicht ganz den Empfehlungen für einen sicheren Schulweg. Foto: AdobeStock/Jenny Sturm

Auf dem Schulweg verunglücken Kinder am häufigsten. Mit dem richtigen Training können Eltern schon vor der Einschulung ihren Nachwuchs mit dem Straßenverkehr vertraut machen – auf spielerische Weise.

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung? Für Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahren gilt das nicht immer: Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes sind sie nämlich zwischen 7 und 8 Uhr besonders häufig in Unfälle verwickelt, genau wie zwischen 13 und 14 Uhr – zu den typischen Schulwegzeiten also.

 

„Schon bei den Kleinsten sollte man anfangen, auf die Gefahren im Straßenverkehr hinzuweisen“, sagt Verkehrsexperte Andreas Hölzel vom ADAC. Das gilt vor allem für jene Kinder, die kurz vor der Einschulung stehen. Hier gilt es, den Schulweg ausgiebig mit den Kindern einzuüben. „Aber nicht am ruhigen Wochenende, sondern an einem normalen Wochentag mit typischem Verkehrsaufkommen“, betont Hölzel.

Wichtig ist, mit dem Kind einen Weg festzulegen und davon nicht abzuweichen, also beispielsweise nicht an einem Tag auf der einen Straßenseite laufen und am nächsten Tag auf der anderen. Und natürlich gehört das Wissen über Verkehrsregeln und Verkehrszeichen zu den Grundbedingungen für einen sicheren Schulweg.

„Man darf sich auf nichts verlassen“

Grundsätzlich ist es wichtig, viel zu erklären – dazu gehört beispielsweise auch, trotz Ampel oder Zebrastreifen immer vorsichtig zu sein und sich keine Erwachsenen oder Kinder zum Vorbild nehmen, die bei Rot über die Straße gehen. Die wichtigste Sache, die Kinder lernen müssen: „Man darf sich im Straßenverkehr auf nichts verlassen“, betont ADAC-Experte Hölzel. Denn auch das Auto, das am Zebrastreifen hält, könnte von einem anderen Fahrzeug überholt werden.

„Früher hieß es immer, erst links-rechts-links schauen und dann gehen.“ Doch der Experte rät, dass Kinder beim Überqueren der Straße immer wieder links und rechts schauen und versuchen sollten, konzentriert die Gesamtsituation zu erfassen.

Aber wie übt man das Verhalten im Straßenverkehr am besten? „Da gibt es kein Rezept. Denn Kinder sind immer unterschiedlich“, sagt Hannelore Herlan von der Deutschen Verkehrswacht. „Aber Übung macht den Meister.“ Heißt: So oft wie möglich den Schulweg gemeinsam gehen, bis die Kinder alles vollständig verinnerlicht haben. Am Ende steht ein Rollentausch: Das Kind zeigt und erklärt den Eltern eigenständig den Schulweg. „Ich sehe dann, ob und wie es das Erlernte umsetzen kann“, sagt Herlan.

Klappt das, kann es allein gehen. Eltern sollten grundsätzlich immer das individuelle Verhalten ihres Kindes und die Gegebenheiten vor Ort im Blick haben und es nicht von Altersgrenzen abhängig machen, ob das Kind allein gehen kann, rät Herlan.

Ziel sollte es sein, dass ein Kind bereits in der ersten Klasse den Schulweg selbstständig gehen kann. Es kann aber auch Bedingungen geben, unter denen Grundschulkinder auch bei bester Übung den Weg nur schwer allein zurücklegen können. Zum Beispiel komplizierte Kreuzungen mit sehr kurzen Grünphasen und unterteilenden Mittelinseln sein – oder Abbiegungen, bei denen man in den toten Winkel geraten kann. Da haben die Kinder eigentlich Grün und könnten über die Straße gehen – und werden von Lkw-Fahrern übersehen. Oder der Anhänger oder die Hinterräder könnten die Bordsteinecke schneiden und das dicht am Übergang wartende Kind erfassen – eine Horrorvorstellung für alle Eltern.

Ein Schulwegplan hilft

Im besten Fall stellen die Schulen einen Schulwegplan zur Verfügung. Darin sind gefährliche und schwierige Stellen aufgeführt, aber auch Überquerungshilfen. Diese speziellen Stadtpläne erarbeiten meist Eltern, Polizei sowie Fach- und Verkehrsbehörden gemeinsam. Sie sind auf der Webseite der Stadt oder Gemeinde zu finden und werden zudem von den Schulen zur Verfügung gestellt. Denn der gute, sichere Weg muss nicht zwingend auch der kürzeste sein.

Viele Schulen und Gemeinden organisieren Schülerlotsen für Gefahrenpunkte – hier sammeln sich die Schulkinder an einem Übergang, dann treten Verkehrshelfer auf die Straße und halten die Autos an, sodass die Kinder die Straße sicher überqueren können. Vielfach wird diese Aufgabe auch von Eltern übernommen, die zuvor von der Polizei eingewiesen werden. Mitunter bilden sich an Grundschulen auch Laufgruppen, bei denen mehrere Kinder – oft unter Anleitung älterer Schüler oder Eltern – zusammen zur Schule gehen.

Eines sollten Eltern unbedingt vermeiden, rät Hölzel: die Kinder aus falsch verstandenem Sicherheitsverständnis mit dem Auto zur Schule zu fahren. Solche Elterntaxis sind nicht nur verpönt, weil sie vor den Schulen für Staus und Chaos sorgen – sie schaden den Kindern auch. „So verpassen sie den Sprung in die Selbstständigkeit“, sagt Hölzel. Nur bei unzumutbar weiten Strecken sei das sinnvoll – dann sollten die Kinder aber mit gewissem Abstand von der Schule aussteigen und den restlichen Weg allein laufen. Viele Schulen haben dafür sogenannte Elternhaltestellen eingerichtet.

Wie weit ein Grundschulkind zur Schule laufen kann, hängt vom Kind ab, aber auch vom Weg: Führt der Schulweg durch Parks und entlang ruhiger Straßen, kann er länger sein, als wenn viele lebhafte Kreuzungen überquert werden müssen. Mitunter gibt es auch festgeschriebene Zumutbarkeitsgrenzen – in Stuttgart sind es nach Auskunft des Schulverwaltungsamtes zwei Kilometer Luftlinie. Bei längeren Schulwegen werden in vielen Fällen die Kosten für ein Busticket bezuschusst. In ländlichen Gemeinden, wo sich die Schule mitunter im Nachbarort befindet, werden auch Schulbusse eingesetzt.

Ab wann sind Kinder reif für Bus und Bahn?

Ab wann Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fahren können, ist individuell unterschiedlich: Von pauschalen Altersangaben halten Experten auch hier nichts. Es sei auch eine Typ-Frage: Ist das Kind eher ein Draufgänger, sollte man genau abwägen, ob man selbst es für reif hält, allein mit Bus und Bahn zu fahren. Ist es eher vorsichtig und bereit, auch mal innezuhalten, geht es schon eher. Grundsätzlich kann man einem Grundschulkind zutrauen, drei Stationen mit dem Bus zur Schule zu fahren. Umsteigen kann allerdings Probleme verursachen, insbesondere wenn aufgrund einer Verspätung der Anschlussbus verpasst wird und die Kinder nicht wissen, wie sie sich dann verhalten sollen. Generell gilt auch bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, dass es wichtig ist, sie vorab gemeinsam mit den Kindern zu üben.

Mit dem Fahrrad sollten die Kinder erst nach bestandener Fahrradprüfung zur Schule fahren. In der Regel wird sie in der vierten Klasse abgelegt. „Das ist entwicklungspsychologisch eine Schwelle, an der Kinder lernen, Theorie und Praxis besser miteinander zu verknüpfen“, sagt Verkehrswacht-Expertin Herlan. Die Praxis verbessern auch Geschicklichkeitsübungen: „Zum Beispiel ganz langsam oder Schlangenlinien fahren, das schult das Gleichgewicht.“ Und an einer bestimmten Linie zum Halten zu kommen, trainiere das Fahrvermögen.

Dabei immer wichtig: der Fahrradhelm – ein Lebensretter, so wie der Gurt im Auto, betont ADAC-Sprecher Hölzel. „Er kann schwere Verletzungen zwar nicht ausschließen, aber die Schwere reduzieren.“ Dabei sollten die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und selbst nur mit radeln. Später in der Pubertät würden sich Kinder oft andere Vorbilder außerhalb der Familie suchen, so Hölzel. „Daher geht unser Appell auch an alle Erwachsenen, einen Helm zur tragen.“