Roland Bodmer (links) und „Liederkranz“-Vorsitzender Joachim Metzler (rechts) gratulierten Wolfgang Klein. Foto: Springmann

Der traditionsreiche Männergesangverein steht vor der Auflösung. In ihrer Hauptversammlung diskutierten die Sänger über eine mögliche Abwicklung des Vereins.Dennoch gab es Grund zur Freude: Wolfgang Klein wurde für 60 Jahre aktives Singen geehrt.

Auflösen oder weiter am Leben erhalten? Das war die große Frage, die bei der Hauptversammlung des Männergesangvereins Liederkranz im Mittelpunkt stand. Keine leichte Entscheidung, denn schließlich hat der Verein eine 178-jährige Tradition.

Und die wurde – wenn auch im kleinen – auch im vergangen Jahr gepflegt. Schriftführer Franz Mantel berichtete, dass ab September 2020 wegen Corona keine Singstunden mehr stattfanden und die Zahl der aktiven Sänger aufgrund von Todesfällen und Krankheit zeitweise auf 14 Sänger zusammengeschrumpft war. „Das Singen von vierstimmigen Liedern war so fast nicht mehr möglich“, berichtete Mantel. Bis heute habe keine Singstunde mehr stattgefunden, allerdings treffen sich die Sänger regelmäßig zum Stammtisch und zum Kegelabend, um die Kameradschaft aufrecht zu erhalten. Momentan verfügt der Chor über 15 aktive Mitglieder, einschließlich Chorleiter, und 120 passive Mitglieder.

Kassierer Frank Eggert legte einen soliden Kassenbericht vor. Auch wenn die Mitgliedsbeiträge zuletzt ausgesetzt worden seien, stehe der Verein finanziell gar nicht schlecht da, befand Vorsitzender Joachim Metzler, bevor er zu dem Tagesordnungspunkt überleite, der ihm „einiges Bauchweh“ bereite: Die turnusgemäßen Vorstandswahlen.

Wahlleiter und passives Mitglied Manfred Schafheutle redete am Samstag im Sängerheim auf die Sänger ein. Der Wunsch einiger Vorstandsmitglieder, aus dem Team zurückzuziehen, sei zu respektieren. Nachfolger zu finden, war allerdings schwer – alle aus der Versammlung heraus vorgeschlagenen Kandidaten lehnten ab.

Keine Singstunden mehr seit Corona

„Aber es muss uns klar sein, dass sonst einer der ältesten Vereine Wolfachs aufgelöst wird“, betonte Schafheutle. „Der Liederkranz bedeutet nicht nur Freude am Singen, sondern vor allem auch Freundschaft und Kameradschaft“, stimmte Peter Ludwig bei, der in Stellvertretung für Bürgermeister Thomas Geppert gekommen war. Viele Vorschläge wurden in der folgenden fast zweistündigen Diskussion gemacht – etwa, einen kommissarischen Vorstand einzusetzen oder mit einem anderen Chor zu fusionieren. Die Meinungen der aktiven Sänger gingen ebenfalls auseinander. Seit Corona habe es keinen Probenbetrieb mehr gegeben, der Verein sei nunmehr eher ein Freundeskreis, der bei den Treffen auch gerne ein Lied anstimmt. „Die Kuh ist tot – wir sollten den Stecker ziehen“, fand Kassierer Frank Eggert deutliche Worte. Schriftführer Mantel unterstrich: „Wir werden nicht jünger, mit dem Singen wird das nichts mehr, die Stimmen sind einfach nicht mehr da.“

Vorsitzender Joachim Metzler fragte am Samstagabend ein erstes Stimmungsbild ab. Dabei stimmten zehn der Sänger für die Auflösung, sieben dagegen. Die für die Auflösung erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit war das nicht. Die Sänger einigten sich schließlich darauf, dass Metzler juristischen Rat einholen soll. Dann soll in einer weiteren Versammlung aller Mitglieder nochmals über die Auflösung abgestimmt werden.

Ehrung für 60 Jahre

 Trotz der Schwierigkeiten, in denen der Verein steckt, gab es auch etwas erfreuliches zu berichten. Wolfgang Klein wurde für 60 Jahre aktives Singen im Chor geehrt. Roland Bodmer, Vizepräsident des Chorverbands Kinzigtal, überreichte Klein eine Urkunde und die goldene Ehrennadel. Das sei heute nicht mehr selbstverständlich, sagte Bodmer. Joachim Metzler gratulierte seitens des Vereins und betonte: „Vor 60 Jahren hätten wir nicht damit gerechnet, mal eine solche Ehrung vorzunehmen.“