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Namensgebung: Hobby-Historiker widerspricht heutigem Sprachgebrauch des Flusses / Diskussion im Web

Wolfach - Um die Bezeichnungen des Flusses "Wolf" hat es seit langer Zeit immer wieder widersprüchliche Angaben – auch in der Fachliteratur – gegeben. Nun gibt es eine neue Stimme zum Thema: Hobby-Historiker Hartmut Paul ist der Sache intensiv nachgegangen.

Paul tut seine Meinung in einem Schreiben an unsere Zeitung kund. Er sagt, dass der Fluss schon immer "Wolfach" geheißen hat. Und die Spuren dafür reichen weit zurück: "Schaut man in Karten, auch ältere aus dem 19. Jahrhundert, so wurde das Gewässer stets offiziell als Wolfach eingetragen", bemerkt der Hobby-Historiker.

Paul führt dabei zwei Dokumente an, die sich in den Werken "Badische Topographie" (Bureau Karlsruhe) und "Grundkarte Historischer Atlas Baden-Württemberg 1972" befinden. "Man bezeichnet doch die Schiltach nicht als Schilt und die Gutach nicht als Gut", hebt er hervor.

Pauls Recherchen zufolge hat schon der renommierte Etymologe Hans Bahlow erkannt, dass Tiernamen niemals Anwendung auf Gewässernamen fanden. Daher scheidet der heute so übliche Name Wolf als ursprüngliche Bezeichnung für Paul aus. Hans Harter vom Historischen Verein Schiltach hält nichts von den Erkenntnissen des Hobby-Historikers (siehe Info). Der Flussname "Wolf" sei bereits 1100 in der Gründungsurkunde des Klosters Alpirsbach erwähnt, teilt er auf Schwabo-Anfrage mit.

In der Internet-Enzyklopädie Wikipedia heißt es: "Die Wolf, auch Wolfach, ist ein rechter Nebenfluss der Kinzig im Schwarzwald." Die Autoren berufen sich auf die amtliche Gewässerkarte der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW). Diese Erläuterung stuft Paul für sich als fehlerhaft ein. Es solle "Die Wolfach, auch Wolf,..." heißen. Das findet bei den Wikipedianern keinen Anklang. Stattdessen wird ihm angeboten, seine Position auf der Diskussionsseite des Artikels zum Disput zu stellen, was der Wolfacher auch in Anspruch nimmt.

Burgherren zuerst da

Der Wolfacher Hobby-Historiker interessiert sich seit seiner Schulzeit am Schiller-Gymnasium Offenburg für Geschichte sowie die Schwaben und Alemannen. Und genau mit denen hat der Namensursprung des Flusses "Wolfach" laut Pauls Erläuterungen auch zu tun.

Vor rund 1000 Jahren wurden die verwilderten, kaum durchdringlichen Täler von Kinzig und Wolfach vermutlich von Söhnen adeliger Burgherren, vom Südrand des Schönbuchs stammend erschlossen. Das hat Paul aus der Stadtchronik erfahren.

Nach der Besiedlung Wolfachs, deren erster Nachweis auf 1148 datiert ist, waren die Einheimischen laut Paul schon bald vom Zusammenhang des Namens Wolfach mit Wölfen überzeugt. Die Ortsbezeichnung hatten die Alemannen – wie auch die Bezeichnung Kinzig mit fast allen örtlichen Gewässernamen – noch 600 Jahre vor den Burgherren von den Kelten übernommen. Letztere hatten zuvor im ganzen "Ländle" gesessen, waren aber nach Westen abgewandert.

Laute im Keltischen

Die Alemannen drangen jedoch zwischen 250 und 400 vor Christus ein und besiedelten das Gebiet im heutigen Südwesten. "Ohne dass wir es genau wissen können, ist davon auszugehen, dass sie das Gewässer WOL-ua/va/aa/aha/ana nannten. All diese Laute gab es im Keltischen", erläutert Paul.

Er hat in alten Dokumenten den Hinweis darauf gefunden, dass die Wolfach auch als Wolfua oder Wolva bezeichnet wird. "Wie so manches Mal hat der Dialekt die ursprüngliche Aussprache bewahrt und spricht den Namen heute noch als ›Wolfe‹ aus", resümiert er. Gemäß Richard Fester ("Protokolle der Steinzeit") gehöre Wol zu den sprachlichen Archetypen deren Vokale gewandelt werden. Die Silben enthalten eine Skala von Bedeutungen, zum Beispiel Vertiefung und Weg.

"Wol taucht – nicht überraschend aus dem Indo-europäischen hergeleitet – auch im Französischen wieder als Val auf", weiß Paul. Dies bedeute übersetzt: Tal. Die Silbe VA lasse auch Verwandtschaft mit Aa, Aha, Aue, Wasser und Bach erkennen. "Auf diese Weise erschließt sich die Bedeutung von Wolfach als Tal-Gewässer", resümiert Paul.

Bestärkt sieht er sich auch in der Tatsache, dass die Besiedlung der Stadt vermutlich des Schlösschens, oberhalb von Wolfach, erfolgt ist. Dieser Ort war gleichzeitig das Tal der Wolfach, was für Paul den Namen damit erklären dürfte.

Die Gegenposition: Heimatforscher Hans Harter kann mit Hartmut Pauls Erkenntnissen nichts anfangen. Harter ist in vorderster Reihe des Historischen Vereins Schiltach aktiv und hat bei mehreren Ortschroniken mitgewirkt. Er betont: "›Wolf‹ ist schon im Alt- wie im Mittelhochdeutschen für das Tier ›Wolf‹ belegt." Dies entspricht der Erstnennung des Flussnamens um 1100 in der Gründungsurkunde des Klosters Alpirsbach: "Wolvahe" bedeutet "Wolf-ach". Die Silbe "ach" steht für Gewässer, Bach und kleiner Fluss.

Im Buch "Heimat im Wolftal. Oberwolfach", das von der Gemeinde Oberwolfach 1999 herausgegeben wurde, wird die Theorie des Klosters Alpirsbach ebenfalls erwähnt. "Wolvahe" gab die westlichste Grenzmarke der kurz zuvor ins Leben gerufenen Abtei an. Gemeint war mit dem Begriff keine Siedlung, sondern das Wolftal oder die Wolf als Fluss, die offenkundig von Anfang an nach ihrer mit dem Tier vergleichbaren Wildheit bezeichnet wurde.

Was wissen unsere Leser? Wer kennt noch andere Quellen oder weiß etwas über die Namensgebung des Flusses? Schreiben Sie uns an Schwarzwälder Bote, Hauptstraße 41, 77716 Haslach oder per E-Mail an redaktionkinzigtal@lahrer-zeitung.de.