In einem komplexen Fall ging es um einen Mountainbike-Diebstahl und Beamtenbedrohung. Foto: Störr

Richterin verhängt 40 Tagessätze. Gutachter bescheinigt Angeklagtem psychische Störung.

Wolfach - Knapp drei Stunden lang ist vor dem Wolfacher Amtsgericht am Montagmorgen verhandelt worden. Die Anklage lautete Fahrrad-Diebstahl und Bedrohung von Polizeibeamten.

Der Prozess war komplex: Zusätzlich wurde nochmals ein altes Verfahren mit aufgenommen und die Verhandlung von einem psychologischen Sachverständigen begleitet.

Am Ende stand die Verurteilung wegen Bedrohung von Polizeibeamten mit 40 Tagessätzen zu acht Euro. Außerdem hat der Angeklagte den entsprechenden Anteil der Prozesskosten zu tragen.

Vom Vorwurf des Fahrrad-Diebstahls im Wert von 1500 Euro wurde er freigesprochen, zumal die 19-jährige Geschädigte während der Zeugenaussage ihren Strafantrag zurückgenommen hat. "Diesen Teil der Prozesskosten trägt die Staatskasse", verkündete Richterin Ina Roser.

Unter dem Strafmaß

Damit lag Rosers Urteil deutlich unter dem Strafmaß der Staatsanwaltschaft, die 80 Tagessätze zu zehn Euro gefordert hatte. Es war aber auch weit über dem Strafmaß des Pflichtverteidigers angesiedelt. Er hatte das unterste Niveau an Tagessätzen zu drei Euro für angemessen gehalten.

Marode Finanzlage

Aufgrund der finanziellen Situation des 55-jährigen Angeklagten, der von staatlicher Grundsicherung lebt und ausstehenden Verpflichtungen nachkommen muss, kann die Bezahlung der Strafe hinten angestellt werden.

Zudem bescheinigte ihm der sachverständige Professor für Psychologie und Psychotherapie eine Mehrfach-Abhängigkeit (Polytoxikomanie) von verschiedenen Opiaten und eine Wesensveränderung als Folge des Substanzkonsums. Diese zeige sich in emotionaler Instabilität und Impulsivität bei Handlungen, ohne Überlegung der Konsequenzen. Im juristischen Sinne handle es sich um eine krankhafte seelische Störung, die sicher auch zum Tatzeitpunkt bestanden habe. "Es ist nicht auszuschließen, dass die Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt war", verwies der Sachverständige auf eine möglich verminderte Schuldfähigkeit.

In Abwärts-Spirale

Der Pflichtverteidiger betonte in seinem Plädoyer: "Mein Mandant hatte zu keinem Zeitpunkt die Chance, ein normales Leben zu führen." Im Schnelldurchlauf des bisherigen Lebenswegs fanden sich tiefsitzende Schuldgefühlen, eine schwere Kindheit, Drogenabhängigkeit und vermeintlich ermordete Ehefrau sowie schwere Erkrankungen, die ein enormes Feld an Belastungen zeichnen. "Er hatte bisher ein ganz schlechtes Leben und ist in einer Abwärts-Spirale gefangen", betonte der Rechtsanwalt.

Zum Sachverhalt des Diebstahls konnte Richterin Roser keinen subjektiven Vorsatz des Angeklagten erkennen, anders dagegen beim Vorwurf der verbalen Bedrohung, der von drei Polizeibeamten mit Zeugenaussagen untermauert wurde.

 Das wieder aufgenommene Verfahren wegen eines Diebstahls aus dem Juli vergangenen Jahres war gegen eine Geldauflage eingestellt worden. Sie wurde jedoch nicht vollständig bezahlt. Diesmal beendete Richterin Ina Roser das Verfahren endgültig.

 Per richterlichem Beschluss wurde dem 55-jährigen Angeklagten zunächst sein Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger beigeordnet.