"Cantarotti" in Aktion (von links): Petra Lein, Peter Melter, Stefan Erhard, Ariane Kleiber und Hartmut Tiedt Fotos: Dorn Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: "Cantarotti" begeistert mit erlesenem Programm in der Flößerstube / Redensarten erklärt

Mit einem mehr als drei Stunden dauernden Konzert hat die Brettener und Wolfacher Musikgruppe Cantarotti keine Wünsche offen gelassen. Das Publikum in der Wolfacher Flößerstube war begeistert.

Wolfach. Die Reihe "Mittwochs im Museum" gerade erst abgeschlossen und mitten in der kreativen Brainstorming-Reihe für die kulturelle Belebung des Schlosshof-Areals luden die Macher vom Verein "Kultur im Schloss" die Brettener Gruppe Cantarotti ein.

Wer in Konkurrenz zum Schlachtfest der Wolfacher Feuerwehr am Samstagabend bestehen will, muss dem Publikum auch kulinarisch etwas bieten und so gab es zu den mittelalterlichen Weisen auch mittelalterliche Speisen. Gespeist wurde lediglich mit einem Messer.

In den Konzertpausen erläuterte Hubert Kiefer Redensarten, die sich aus dem Mittelalter im Sprachgebrauch erhalten haben. So heißt das Besteck "Besteck", weil es die Ritter immer in der Scheide ihres Schwertes beigesteckt hatten (zumindest das Messer, den Löffel und den Pfriem). Die dreizackige Gabel war bis zur Reformation ein Werk des Teufels und wurde erst mit dem Einzug der Kartoffel auf die Speisekarte in ihrer vierzackigen Form Teil des Bestecks. "Alles in Butter" waren die kostbaren Gläser venezianischer Herkunft, die über die Alpen in Fässern mit geschmolzener (und wieder fest gewordener) Butter transportiert wurden.

Dass das Europa des Mittelalters auch schon ein Europa der verschiedenen Talente und Kulturen war, zeigte "Cantarotti" mit ihrer Auswahl an italienischen, französischen, portugiesischen, englischen und deutschen Liedern. Hatten die südeuropäischen Weisen meist die (unglückliche) Liebe zum Thema, beschäftigten sich die deutschen und englischen Komponisten inhaltsschwer mit dem Hunger, dem Elend und dem Tod.

Den Auftakt zum "tierischen" Konzertteil machte das Lied vom Wolf (von "Cantarotti" interpretiert als Ode an die Wahlheimat ihrer Sängerin und Flötistin Petra Lein, die der Liebe wegen von Bretten nach Wolfach gezogen ist), dann machten die Fünf musikalisch kurzen Prozess mit dem Nahrungsschädling Maus ("die Maus muss sterben und verderben"), ehe mit der "Rabenballade" wieder der düstere Tod zum Thema wurde.

"Brunette" verdreht "Robert" den Kopf

Der Ausflug über den Rhein ("Je suis Robert") gelang erst im zweiten Anlauf, hatte sich doch Gitarrist Hartmut Tiedt über den intensiven Blickkontakt mit einer Brünetten im Publikum in den Akkorden vergriffen, wer wollte es dem Barden verdenken, ging es doch in dem Chanson genau um die Liebe zwischen dem guten Robert und einer verführerischen "brunette".

Mit dem ersten englischen Mittelaltersong wehte dann für einige Minuten der Hauch der Geschichte durch die Flößerstube, hatte doch kein geringerer als der englische König Heinrich VIII. die Weise "Pastyme with company" (Zeitvertreib in Gesellschaft) komponiert. Hervorragend musikalisch interpretiert mit Geige, Gitarre, Tenorflöte und Krummhorn konnte man schon ins Grübeln kommen, wie sich die europäische Geschichte vielleicht entwickelt hätte, hätte dieser englische König sein kompositorisches Talent weiterverfolgt und weniger Energie in die Ehelichung seiner sechs Frauen und die Trennung der englischen Kirche von Rom gesteckt.

Mit der Weise "Ich sollt’ ein’ Nonne werden" beleuchtete die Gruppe die kirchlichen Verhältnisse im Mittelalter, die frivole Weise von der "Abendlust" ("Anna, putz’ mir mein Licht", gemeint war nicht die Leselampe am ehelichen Bett), ein düsteres Lied vom Schnitter Tod und "Ich habe die Nacht geträumet" von Johannes Brahms beendeten den mittelalterlichen Teil des Konzerts.

Für das Finale hatten sich die fünf Musiker Lieder der Gattung "Lagerfeuerromantik" aufgehoben "Johann Meusel" von Rio Reiser, "Blowin’ in the Wind" von Bob Dylan und – weniger bekannt – das Pfadfinderlied vom "Roten Mond überm Silbersee" luden zum Mitsingen ein.

Die Formation "Cantarotti" hat sich aus den Reihen der Brettener Stadtwache gegründet. Der Name setzt sich aus dem italienischen "Cantare" (Singen) und dem Lieblings-Probengetränk der folgerichtig zwei Flaschen desselben.