Der Klinikstandort in Wolfach gilt laut Gutachten als gesetzt. Foto: Steitz

Vetrano wettert gegen Wolfach und kritisiert Gutachten. Befürworter melden sich zu Wort.

Wolfach - Wirbel in der Klinik-Debatte: Der Kehler Oberbürgermeister Toni Vetrano kämpft um den eigenen Standort. Er zweifelt das Strukturgutachten zur "Agenda 2030" an. Vetrano kritisiert unter anderem, dass das Ortenau-Klinikum Wolfach in allen Varianten gesetzt ist.

"Nach dem neuen Gutachten gilt Wolfach als gesetzt. Wie das angebliche Personalproblem in Wolfach gelöst werden soll, darauf bleiben die Gutachter die Antwort schuldig", findet Vetrano.

Gleichzeitig hätten die Experten jedoch pauschal festgestellt, "dass kleinere Häuser für qualifiziertes medizinisches Personal nicht anziehend seien". Bereits im älteren Gutachten aus dem Jahr 2013 wurde Vetrano zufolge die Schließung des Krankenhauses in Wolfach empfohlen. Begründung: Für ein so kleines Krankenhaus lasse sich kaum noch Personal finden. Daher resümiert Vetrano über das Gutachten zur "Agenda 2030": "Für mich ist dieses nur einer der Widersprüche in diesem Gutachten."

Nicht gravierend

Christian Keller, Geschäftsführer des Ortenau-Klinikums teilt mit: "Aktuell haben wir in Wolfach keine gravierenden Personalprobleme." Allerdings werde es in den kommenden Jahren wegen der demographischen Entwicklung und des Fachkräftemangels insgesamt schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. "Das Personalproblem können wir künftig nur im starken Verbund lösen, ein Aspekt sind sicherlich Anreizsysteme für Mediziner und Pflegekräfte", ist Keller sich sicher.

Kornelia Buntru, Verwaltungsdirektorin des Ortenau-Klinikums Wolfach unterstreicht: "Mit unserer ärztlichen Leitungsebene sind wir auch für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Unsere Chef- und Oberärzte haben eine breite fachliche Qualifizierung und sind Anfang 50." Die Gutachter, die den Klinikstandort in Wolfach visitierten, hätten betont, dass das Haus aufgrund seiner ländlichen Lage ein hohes Wachstumspotenzial sowie auch zukünftig einen gesicherten Versorgungsauftrag durch das Land Baden-Württemberg hat, so Buntru.

Aus dem Wolfacher Rathaus war gestern keine Stellungnahme zu erhalten, weil Bürgermeister Thomas Geppert im Urlaub ist. Dafür meldeten sich die Fraktionssprecher des Gemeinderats.

"Seine Aussage ist ein fast schon verzweifelter, aber wenig zielführender, Versuch, das neue Gutachten zu unterminieren", so Helmut Schneider (FW) über Vetrano. "Dass das neue Gutachten für den Erhalt von Wolfach plädiert, ist für mich ein Indiz für den Realitätsbezug der Gutachter", sagt er. "Es ist der einzige Krankenhaus-Standort im gesamten Südosten des Kreises", argumentiert Schneider.

Carsten Boser (Grüne) sieht es so: "Die Klinik in Wolfach gewährleistet nicht nur eine wohnortnahe Versorgung des gesamten oberen Kinzigtals, sondern das Einzugsgebiet erstreckt sich bis nach Schramberg, seitdem die Klinik dort geschlossen wurde." Die nächsten Krankenhäuser befinden sich erst in einer Entfernung von mindestens 40 Kilometern, was vor allem für Notfallsituationen und ältere Menschen unzumutbar wäre. "Die Klinik Wolfach hat in den vergangenen Jahren bereits ihren Beitrag geleistet um rentabler zu sein, beispielsweise durch die Schließung der Geburtenstation", gibt Boser zu bedenken.

Peter Ludwig (CDU) findet es gut, dass der Landkreis das Wolfacher Krankenhaus unterstützt. "Dafür sind wir sehr dankbar", sagt er. Und: "Wir wünschen uns, dass der Landkreis dazu auch in dem jetzt aufzustellenden langfristigen Konzept stehen wird."

Info: Klinik-Debatte

Landrat Frank Scherer und Klinikgeschäftsführer Christian Keller schlagen für 2030 vier stationäre Kliniken in Offenburg, Lahr, Achern und Wolfach vor. Die Kliniken in Ettenheim, Kehl und Oberkirch würden zu Gesundheitszentren mit Notfallfunktionen entwickelt. Das ergibt sich aus dem Strukturgutachten des unabhängigen Hamburger Beratungsunternehmens Lohfert & Lohfert. Es wurde untersucht, wie das Ortenau-Klinikum über das Jahr 2030 hinaus zukunftssicher gemacht werden kann.