Im Wolfacher Amtsgefängnis waren René Ortlieb und Joseph Stamm sowie die anderen 14 Häftlinge bis zu ihrer Hinrichtung gefangen. Foto: Schrader Foto: Schwarzwälder Bote

Verbrechen von Wolfach: Am 17. April 1945 wurden 16 Gefangene durch SS-Männer erschossen

Nach der Hinrichtung von Gefangenen in Wolfach am 30. März 1945 ist es 18 Tage später zu einem zweiten Endphaseverbrechen gekommen. Zu den erschossenen 16 Gefangenen gehörten der Hotelier René Ortlieb aus Thann (Elsass) und der Liebsdorfer Pfarrer Joseph Stamm.

Wolfach. Die beiden hatten 1942 bei der Flucht des Generals Henri Giraud aus der Festung Königstein bei Dresden geholfen, diesen durch das Elsass in die Schweiz zu schmuggeln. Ortlieb und Stamm sowie der mit ihnen befreundete Pfarrer Marcel Heidet wurden deshalb am 17. September 1943 von der Gestapo verhaftet.

Über das Sicherungslager Schirmeck-Vorbruck kamen sie ins Kehler Gefängnis, wo sie vom berüchtigten Gestapo-Sektionsleiter Julius Gehrum (1889 bis 1947) verhört wurden. Am 29. Dezember 1943 erfolgte ihre Verlegung nach Wolfach. Der dortige Gefängniswärter Otto Reinmuth war ein Freund von Gehrum aus dessen Zeit in Wolfach, wo er von 1931 bis 1934 als Wachtmeister tätig gewesen war.

Die Verteidigung der Häftlinge übernahm der Mühlhausener Rechtsanwalt André Moser, für den Ortlieb einen ausführlichen Bericht über die Verhöre durch Gehrum verfasste.

Pater Stamm schrieb in Wolfach im Januar 1944 in einem Brief an seine Haushälterin Marie-Thérèse Maurer in Liebsdorf: "Ich habe hier eine wertvolle Zeit verbracht, die mir klarmachte, dass man sich, wenn man in Unschuld leidet, wie Christus fühlt, der auch sein Kreuz in Unschuld trug".

Gefängniswärter Reinmuth ließ am 15. April 1945, als die französische Armee bereits in Kehl einmarschierte, Pfarrer Heidet frei, da dieser während der Gefangenschaft den Kindern Reinmuths Klavierunterricht gegeben hatte. Der NS-Ortsgruppenleiter und Forstrat Karl Hauger ließ am selben Tag einen seiner Waldarbeiter am Hofeckle eine Grube ausheben, um angeblich NS-Akten zu verstecken. Am 17. April, auf den Tag genau drei Jahre nach der Flucht von General Giraud, kam Gehrum nach Wolfach und befahl, neben Ortlieb und Stamm 14 weitere Gefangene am Hofeckle durch SS-Männer erschießen zu lassen und in der dort vorbereiteten Grube zu begraben.

Nach der Besetzung Wolfachs durch die französische Armee wenige Tage später fuhr Angèle Ortlieb, die Schwester von René, mit dem gleichen Auto, in dem ihr Bruder 1942 General Giraud bei dessen Flucht mitgenommen hatte, nach Wolfach, um die beiden Leichen zurück nach Thann zu bringen. Am 3. Mai 1945 fand ihre Beerdigung in Anwesenheit des Generals statt. Am Giebel der Liebsdorfer Kirche wurden für sie später Gedenktafeln angebracht.

Der 1889 in Thann geborene Joseph Stamm wurde 1905 zum Priester geweiht und übernahm nach einigen Zwischenstationen ab 1923 die Pfarrstelle in La Croix Valmer, fünf Kilometer in östlicher Richtung von Cavalaire sur Mer entfernt. Acht Jahre später wechselte er in die fünf Kilometer westlich von Cavalaire gelegene Gemeinde Rayol-Canadel-sur-Mer. Dort ließ er 1933 durch den Architekten Marcel Guesnot (1896 bis 1974) eine Kirche erbauen, die heute noch existiert. 1935 wurde Pater Stamm auf eigenen Wunsch zum Pfarrer von Liebsdorf im Sundgau ernannt, wo er bis zu seiner Verhaftung 1943 wirkte.