Hat sich abgezeichnet: Hebamme Yvonne Bonadio muss ihre Praxis in Wolfach schließen. Foto: Jehle

Versorgung: Bonadio kritisiert Entwicklung. Telefon nicht mehr still. Werdende Mütter mit Adressen versorgt.

Wolfach - Was sich jüngst abgezeichnete hat, als der SchwaBo über die Herausforderungen in der Geburtshilfe berichtet hat, ist nun ein Fakt: Die Wolfacher Hebamme Yvonne Bonadio schließt ihre Praxis zum 10. September.

Bereits im letzten Jahr wies die Hebamme die werdenden Mütter darauf hin, dass sie eine komplette Betreuung nicht gewährleisten kann. Trotz dieser Vorwarnung steht Yvonne Bonadios Telefon nicht mehr still: "So gut ich kann, versorge ich die Frauen mit Adressen, wohin sie sich wenden können." Es sei eine reine Kopfentscheidung gewesen, das Bauchgefühl tue sich schrecklich schwer mit der am Wochenende gefällten Entscheidung.

"Natürlich bleibt finanziell was hängen, wenn ich 18 Stunden arbeite, aber auf Dauer ist das nicht zu leisten", sagt sie. Zunehmende Bürokratisierung seitens der Krankenkassen hinsichtlich Qualitätsmanagement und Zertifizierungen kosten zu viel Zeit und Geld. Natürlich sei qualitativ hochwertige Arbeit in dem Beruf unabdingbar, aber nicht zu diesen Rahmenbedingungen, meint die 35-Jährige.

Über ihren eigenen Tellerrand hinaus blickend, schätzt sie die abzusehende Entwicklung als sehr fatal ein. In vielen Landkreisen ist es schon so, dass in zentralen Einrichtungen sogenannte Muttersprechstunden eingerichtet wurden. Das bedeutet das Aus für individuelle, persönliche Betreuung von Schwangeren und Mütter.

Je nach Wohnort heißt das auch für die Frauen weite Anfahrtswege nicht nur zur Entbindungsklinik, sondern auch zur Muttersprechstunde. Ein wesentlicher Baustein, der zur Wahrung des Kindeswohls diente, fällt weg. Hebammen, die ins Haus kommen, werden von Frauen als Vertrauensperson geschätzt und in einer geborgenen Atmosphäre wird eher darüber gesprochen, wenn es Probleme gibt.

"Vor allem freiberufliche Hebammen brauchen eine einflussreichere Lobby", beurteilt Bonadio die Situation. Und das sind vor allem die Frauen, die sich lauter zu Wort melden sollten. Sie weiß, die Jüngeren kümmern sich um ihre berufliche Karriere, die Älteren meinen, das Kinderkriegen sei passé. "Die Frauen, die gerade ein Kind bekommen haben, sind mit der neuen Lebenskonstellation vollauf beschäftigt", berichtet Bonadio und zeigt für alle Frauengruppen Verständnis. Ein "Aber" bleibt dennoch, die junge Karrierefrau wünscht sich vielleicht doch irgendwann noch eine Familie und die ältere Frau hat vielleicht eine Tochter, für die sie sich eine gute Betreuung wünscht.

Bonadio würde es sehr begrüßen, wenn die augenblickliche Entwicklung eine andere Richtung nähme. Die Kinder- und Frauensterblichkeit in den USA etwa, wo es keine Hebammen gibt, sei eklatant hoch. Sie selbst blickt nach langem Ringen mit sich nach vorn und begreift die Schließung ihrer Praxis als die Chance für einen Neuanfang: Yvonne Bonadio verlässt das Kinzigtal und wird ein Studium beginnen.