Wolfach - Das knappe Votum des Technischen Ausschuss (TA) fürs Metallgeländer am Gassensteg polarisiert: Recherchen des Schwabo zufolge hat sich Unmut in der Bevölkerung geregt. Die Wolfacher favorisieren die Holzvariante. Allerdings scheint die Entscheidung irreversibel zu sein.

Zwar kann der Stadtrat die Weisung erteilen, die Angelegenheit an sich zu ziehen und zu ändern (siehe Info), solange der Beschluss noch nicht vollzogen ist. Ob das Wolfacher Gremium davon aber Gebrauch machen möchte, kann die Stadtverwaltung derzeit nicht sagen.

Das Metallgeländer hält Wilfried Schuler, Vize und Archivar der Narrenzunft Wolfach, für eine "Verschandelung der Kinziganlage". "Das muss fast wie ein Käfig aussehen", vermutet er. Er sei zunächst persönlich erschrocken gewesen, als er von der Entscheidung gehört habe. Allerdings beeinträchtige ein solches Geländer seiner Ansicht nach keine traditionellen Fasnetsfestivitäten. Die Kaffeetanten könnten trotzdem ihre Runden um das Städtle und auf der Brücke ziehen.

Der Gassensteg sei nicht nur ein "Fotografenmagnet", sondern werde auch während der fünften Jahreszeit im Lied "Wolfacher Gemütlichkeit" (1948, Josef Krausbeck) besungen. Darin heißt es: "Doch der Gassensteg spielt voller Freud’ sein Klavier." Und bedeutet, dass die Holzbalken Laute von sich geben. Selbst ein Gedicht über die "schönste Wolfacher Brücke" (1960) gibt es (siehe Wolfach/Wolftal-Seite).

Immerhin hat der Technische Ausschuss (TA) die Verwaltung beauftragt, noch weitere Gestaltungsvarianten zur Beratung vorzulegen. "Es wird also nicht nur über die drei Varianten aus der vergangenen Sitzung beraten", teilt Hauptamtsleiter Dirk Bregger mit. Welche der somit vielen Varianten es schlussendlich sein wird, könnte schon in der kommenden TA-Beratung am Mittwoch, 4. Juli, ab 17 Uhr im Sitzungssaal des Wolfacher Rathauses beschlossen werden.

Ratsmitglied Georg Schmieder (FW) hatte in der vergangenen Sitzung die drei Varianten als "Industriegeländer" bezeichnet (wir berichteten). Die Stadtverwaltung betont, dass schon die vom TA kürzlich favorisierte Variante "keine Einfachausführung zur reinen Zweckerfüllung" sei, sondern auch gestalterische Elemente wie Holzstaketen und Rundholme aus Vollholz enthalte. Prinzipiell sei ein kunsthandwerkliches Geländer nicht ausgeschlossen, bekräftigt Bregger. Allerdings: "Es stellt sich natürlich die Frage der Finanzierbarkeit", gibt er zu bedenken.

Den Lokalpolitikern wird trotz aller Kritik aber auch mit Verständnis begegnet. So geht Schuler auf die Verkehrssicherheit ein. Dies sei ja der Grund für die Erhöhung des Geländers. Das derzeitige Modell weist laut Verwaltung eine Höhe von knapp einem Meter auf. Zuletzt wurde es im Jahr 2002 saniert. Das neue Geländer muss 1,30 Meter hoch sein, um die Sicherheit für Radfahrer zu garantieren. Den Vorschlag von Gemeinderatsmitglied Ernst Lange (FW) findet Schuler daher gut. Lange schlug vor, den Gassensteg für Fahrradfahrer einfach zu sperren.

Optimismus bleibt

"Der Gassensteg mit dem Nepomuk ist eine wunderschöne Brücke. Von der Optik her finden wir ein Holzgeländer hübscher. Wir denken jetzt aber nicht, dass deshalb weniger Gäste kommen", so Inhaberin Simone Lymperis vom angrenzenden Bistro Café Flößerpark.

Ein Vierkant-Industriegeländer sei nicht so schön, befindet Lymperis. "Wir haben den Entwurf vom Geländer nicht gesehen", sagt sie und bleibt optimistisch: Es gebe sicherlich auch ästhetische Metallausführungen. Wie Schuler signalisiert sie auch Verständnis für die Stadt: Holz müsse immer gepflegt werden, das sei aufwendig.

Der ortsbekannte Hobbyhistoriker Edgar Baur hat seinem Ärger schon in einem Leserbrief Luft gemacht ("Kaum anzunehmen, dass es ›schön‹ aussieht!"). Obwohl er wisse, dass es auch eine Kostenfrage sei, plädierte er für eine überdachte Brücke wie im oberbayerischen Wolfratshausen. "Manchmal bedarf es einfach eines Anstoßes von außen", sagt Baur hoffnungsvoll.

Info: Die gesetzliche Grundlage

> Die Beziehung zwischen Gemeinderat und Technischem Ausschuss (Paragraf sechs, Absatz zwei, Hauptsatzung der Stadt): "Der Gemeinderat kann den beschließenden Ausschüssen allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen, jede Angelegenheit an sich ziehen oder Beschlüsse der beschließenden Ausschüsse, solange sie nicht vollzogen sind, ändern oder aufheben".

 > Erneute Debatte : 1970 wurde der Gassensteg in der heutigen Form neu gebaut. Schon damals gab es Diskussionen, ob er weiterhin aus Holz sein soll oder in Beton ausgeführt wird. Das Holzgeländer war der "Kompromiss" zwischen den Fortschrittlichen und Traditionalisten.

Kommentar: Ein Kompromiss

Die Kritik am Vorhaben ist berechtigt. Es handelt sich nicht nur um eine irgendeine beliebige Brücke in Wolfach, die ein Metallgeländer bekommen soll, sondern den Gassensteg. Er wird seit jeher an Fasnet in dem Lied "Wolfacher Gemütlichkeit" besungen. Die Brücke über der Kinzig fungiert sogar als "Fotografenmagnet" und ist damit fast schon ein kleines Wahrzeichen der Touristenstadt. Dass Kritiker beklagen, ein Metallgeländer würde diesen Charme nicht verkörpern, ist nachvollziehbar. Aber wie das mit Veränderungen so ist, können sie auch Positives mit sich bringen. Die Metallvariante wird im Unterhalt günstiger sein. Zudem sorgt das 30 Zentimeter höhere Geländer endlich für Verkehrssicherheit. Schließlich brausen viele Fahrradfahrer täglich über den Steg – sogar bei Nässe, ohne abzusteigen. Das kann für die Stadt haftungsrechtlich schwierig werden. Praktisch und finanziell gesehen passt der Beschluss also, nur ästhetisch nicht. Dass der Stadtrat die Entscheidung des Technischen Ausschusses im Nachhinein revidiert, ist eher unwahrscheinlich. Aber vielleicht öffnen kritische Stimmen aus der Bevölkerung und Leserbriefe so manchem Pragmatiker am Ratstisch trotz Finanzierbarkeit die Augen. Eine zweite Chance besteht ja noch: Beim kommenden Mal zeigt die Stadtverwaltung künstlerischere Entwürfe. Und ein Kompromiss zum Vierkant-Industriegeländer würde bei der Fasnet sicherlich für weniger Spott sorgen.