Ein emotionaler Prozess hat sich am Freitagvormittag im Wolfacher Gerichtssaal abgespielt. Foto: Steitz Foto: Schwarzwälder Bote

Amtsgericht: Gefährliche Körperverletzung in zwei Fällen / Frau korrigiert Falschaussage / Kurz für Beratungsgespräch unterbrochen

Wolfach (ms). Ein emotionaler Gerichtsprozess ist am Freitag vor dem Amtsgericht Wolfach verhandelt worden: Ein 24-Jähriger musste sich wegen der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen verantworten. Richterin Ina Roser verurteilte den Angeklagten zu 90 Tagessätzen á 30 Euro. Auch die Auslagen des Verfahrens trägt der Beschuldigte.

Roser schloss sich den Ausführungen des Staatsanwalts an. Dieser hatte ebenfalls keine Freiheitsstrafe über drei Monate verhängen wollen, sondern dies in Tagessätze umwandeln. Auch der Verteidiger hatte gefunden: "Die Höhe von 30 Euro ist da sicherlich auch angemessen."

Vor allem die Aussagen zweier Geschädigter im Gerichtssaal stufte Roser als "glaubhaft" ein. Es habe keine Anhaltspunkte gegeben, dass die beiden Unwahres erzählt hätten. Durch die Pfefferspray-Verletzungen seien sie aber nicht lange eingeschränkt gewesen, hielt die Richterin zugute.

Weiter zu berücksichtigen sei, so Roser, dass die Auseinandersetzung die Vorgeschichte einer familiären Situation habe, die gerichtsbekannt sei. Somit sei keine Freiheitsstrafe nötig.

Dem 24-Jährigen wurde zur Last gelegt, am 2. Juli vergangenen Jahres gegen 11.20 Uhr zunächst den ersten Geschädigten zwei Sekunden lang frontal mit dem Pfefferspray angegriffen zu haben. Auch in die Richtung des zweiten Geschädigten versprühte er die Essenz. Ersterer, ein Freund des anderen Geschädigten, der demselben beim Umzug half und aus Bern stammt, litt infolgedessen an Hustenreiz, brennenden Augen, Halsschmerzen und einer laufenden Nase. Auch das andere Opfer, der Ex-Freund der Schwester des Angeklagten, hob vor Gericht hervor, die Atemwege hätten ihm gebrannt – dies aber nur eine Viertelstunde. "Das war keine Verteidigung, sondern ein gezielter Angriff", stellte der erste, Schweizer Zeuge klar.

Auslöser war, dass der Angeklagte, der den eigenen Angaben zufolge nicht über den Umzug informiert war, Ruhe für seinen zwei Tage alten Sohn bewirken wollte. Gerade als die beiden den Schreibtisch durch das 1,10 Meter breite Treppenhaus transportierten, machte der Angeklagte ihnen eine Szene. Dann kam er mit der Hand hinter dem Rücken und dem Pfefferspray bewaffnet auf sie zu. Infolgedessen kam es zu Beleidigungen von beiden Seiten und der Angeklagte sprühte los.

Besonders tragisch war die Rolle der Ehefrau des Beschuldigten. Sie machte keinen Gebrauch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht und log für ihn. Der Staatsanwalt fragte sie schon zu Beginn: "Muss ich ein Falschaussageverfahren gegen Sie einleiten?" Dennoch betonte die junge Frau, mit dem Baby auf dem Arm, sie habe im Treppenhaus Umrisse gesehen, dass der erste Geschädigte auf den Angeklagten zugegangen wäre, bevor dieser das Spray zückte.

Schließlich bat Roser die Mutter nochmals in den Gerichtssaal und diese revidierte ihre zuvor getätigte Aussage. "Ich habe gehört, dass es laut war, habe aber nichts gesehen", gab sie zu. Sie sei gar nicht im Treppenhaus gestanden, sondern habe sich die ganze Zeit in der Wohnung aufgehalten.

Vor dieser Korrektur war die Sitzung unterbrochen worden. Die Vorsitzende, der Staatsanwalt und Rechtsanwalt hatten sich zum Beratungsgespräch zurückgezogen und sich darauf geeinigt, dass im Falle eines vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten eine Geldstrafe im Bereich von 90 bis 110 Tagessätzen verhängt werden dürfe.

So war es nicht verwunderlich, dass der Angeklagte am Ende die Taten laut Anklageschrift eingestand. Er, der zwischenzeitlich tränenüberströmt im Saal saß, war nur froh, seine Frau aus dem Strafprozess nachträglich herausgehalten zu haben. Und der Verteidiger hoffte: "Das ist jetzt hoffentlich das Ende des Familiendramas."