Wolfach - Die Nachricht hat in der Region wie eine Bombe eingeschlagen: Ein Wolf riss im Wolfacher Ortsteil Kirnbach ein Schaf. Was seit Langem für möglich gehalten wurde, ist nun real: Der Wolf ist zurück im Kinzigtal. Und er könnte wohl bleiben.

Das finden längst nicht alle Beteiligten so gut, wie mancher Umweltschützer gerne hätte. Insbesondere Besonders Landwirte fürchten um ihre Herden und Existenz.

Das sagt der BLHV: Als Chef des Kreisverbands Wolfach des Bauernverbands BLHV ist Ulrich Müller nah an den Landwirten. "Die Einschläge kommen näher", befindet er in Hinblick auf den Kirnbacher Wolfsnachweis. Und findet das "besorgniserregend". Bad Wildbad, wo der Wolf, der wohl auch für den hiesigen Riss verantwortlich ist, eine ganze Schafherde aufgerieben hat, sei noch verhältnismäßig weit weg. "Aber jetzt steht er plötzlich vor der Tür." Problematisch in Müllers Augen sind vor allem die Ausgleichsangebote: Wolfssichere Zäune, die bald Voraussetzung für eine Ausgleichszahlung sein werden, sind seiner Ansicht nach in der Region kaum machbar. Das sei der hiesigen Struktur geschuldet. Der Wolf und die Schutzmaßnahmen würden in der Region den Tourismus erheblich behindern. "Wir müssen Zäune über Wanderwege ziehen, das macht doch kein Tourist mit", befindet der BLHV-Chef. "Die Täler wären verbarrikadiert, der Tourismus tot." Auch Herdenschutzhunde sieht er im Kinzigtal nicht: "Dafür sind die Herden zu klein, das ist völlig unsinnig."

Das sagt die Fachbehörde: Die Forstliche Versuchsanstalt in Freiburg (FVA) geht davon aus, dass der Wolf alleine unterwegs sei, so Laura Huber-Eustachi. Das wahrscheinliche Tier "GW852m" (siehe Infok) sei aus Niedersachsen abgewandert, seit November 2017 in der Region unterwegs und suche hier nun wohl ein Revier. Die FVA rechnet damit, dass der Wolf in der Gegend bleiben wird. Wenn ein weiblicher Wolf etwa aus der Schweiz oder Nord-Ost-Deutschland zuwandert, sei es wahrscheinlich, dass die beiden ein Rudel gründen.

Das sagt das Minsterium: Der Bereich, in dem das Schaf gerissen wurde, gehört laut Ralf Heineken vom Umweltministerium zum Bereich der Förderkulisse Wolfsprävention. Diese entschädige Nutztierhalter, die durch WolfsangriffTiere verlieren. Bis Mai ist die Zahlung unabhängig davon, ob die Nutztiere gegen einen Wolfsangriff gesichert wurden. "Danach ist eine lückenlose Elektroumzäunung in einer Höhe von 90 Zentimetern Voraussetzung", so Heineken. Je nach Einzelfall kann aber auch ein Herdenschutzhund als Schutz gelten. Nicht überall sei es möglich oder sinnvoll, einen Zaun zu ziehen. Zäune und Hunde werden zu 90 und bald zu 100 Prozent vom Land gefördert.  

Das sagt die Abgeordnete: Sandra Boser als grüne Landtagsabgeordnete sieht das Ganze emotionslos. "In einem Gebiet mit Offenhaltung wird immer wieder mal ein Tier von wildernden Tieren gerissen. Man muß sich an das europäische Naturschutzrecht halten." Ein Wolf dürfe nicht einfach erschossen werden. Wenn er allerdings Menschen angreife oder in großem Maße wildere, könne ein staatlich bestellter Jäger beauftragt werden, der den Wolf aus der Natur "entnimmt".

Das sagen Bürgermeister: "Es war nur eine Frage der Zeit", sagt Gutachs Bürgermeister Siegfried Eckert. Die Gemeinde grenzt an Kirnbach und auch dort herrscht Sorge: Eckert hat bereits Rückmeldungen von zwei Schafhaltern bekommen. "Die sagen, wenn ein Riss passiert, hören wir auf." Eckert sieht die kompromisslose Unterschutzstellung des Wolfs sehr kritisch. "Das ist politisch gewollt, aber Stuttgart ist weit weg. Der Ländliche Raum muss das alles ausbaden."

Für jeden Landwirt, der ein Tier verliert, sei es ein herber Schlag, sagt Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind. Zudem sei es sicher auch ein Rückschritt für die Offenhaltung der Landschaft. Ob die Maßnahmen des Landes helfen, könne er nicht beurteilen, bei einzelnen Tieren vielleicht schon. "Aber was passiert, wenn die ersten Rudel kommen?". Er habe Verständnis, wenn in Teilen der Bevölkerung Verunsicherung oder gar Ärger besteht.

Bürgermeister Thomas Geppert (Wolfach) war für eine Stellungnahme zum Wolfsriss bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.

Probe stammt von einem Wolf

Die Fachbehörde FVA erklärt, warum mit der DNA-Analyse zwar nachgewiesen werden konnte, dass das Kirnbacher Tier ein Wolf war, aber nicht, um welchen es sich handelt: "Es werden zwei verschiedene Eil-Analysen durchgeführt. Die erste hätte zweifelsfrei gezeigt, dass die Probe von einem Wolf stammte. Um mit Sicherheit sagen zu können, um welches Tier es sich handelt, hätte die Qualität der Probe nicht ausgereicht. Viele DNA-Sequenzen stimmten jedoch mit Wolf "GW852m" überein. Dieser sei mehrfach im Schwarzwald nachgewiesen worden. Deshalb sei es sehr wahrscheinlich, dass er das Wolfacher Schaf riss.