Die Wolfacher Ärztin Anke Brügmann berichtet wieder von ihrer Arbeit in Haiti. Foto: Pwoje Men Kontre

Wegen des Baus der Nationalstraße muss "Pwoje men Kontre" Schule und Waisenhaus in Haiti verlegen.

Wolfach - Der Haitiverein "Pwojé men Kontre" hat 2014 einige große Projekte geplant. Das geht aus dem Jahresbericht der Vorsitzenden Anke Brügmann hervor, die im Vorfeld der Einladung zur Hauptversammlung am 29. März in Wolfach an die Mitglieder verteilt worden ist.Der Verein suche noch Hilfe für verschiedene Bereiche, neue Kandidaten für den Vorstand und vor allem in Wolfach Helfer, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern, schreibt Brügmann. Sieben Monate hat sie im vergangenen Jahr in Haiti verbracht und freute sich über die Unterstützung durch freiwillige Helfer vor Ort. So wurde eine neue Fotovoltaikanlage installiert, ein Agrarökonom brachte das Projekt in der Landwirtschaft voran. Eine Französischlehrerin arbeitet in einem Sabbatjahr in der Lehrerfortbildung und betreut Lerngruppen.

Der geplante Bau der Nationalstraße direkt am Standort für Waisenhaus und Schule hat zu der Entscheidung geführt, die bisherige Anlage für Landwirtschaft, Werkstätten und Wohnraum für die jungen Erwachsenen zu nutzen. Nach langer Diskussion hätten sich alle Beteiligten dazu durchgerungen, den Umzug für 2014 in Angriff zu nehmen. "Wir brauchen viel Unterstützung für dieses große Projekt", schreibt Brügmann, doch sei diese Erweiterung dringend erforderlich, weil alle Räumlichkeiten aus den Nähten platzen.

Das Krankenzimmer sei mit Material vollgestellt, externe Teams können nicht mehr untergebracht werden und Schulklassen werden notdürftig in einem Zelt sowie im Lehrerzimmer unterrichtet. Dringend notwendige Renovierungen seien dennoch begonnen worden – wie zum Beispiel der Einbau von je vier Toiletten mit Wasserspülung sowie die Schaffung von Klärgruben.

Das Material aus dem Container im Januar 2013 konnte sehr gut gebraucht werden: Es kamen unter anderem eine Ölpresse, viel Kinderkleidung und ein Ultraschallgerät in Beaumont an. Außerdem sind im vergangenen Sommer die Funktionsabläufe im Waisenhaus neu gestaltet und familiäre Wohngruppen eingerichtet worden. Jede Gruppe hat nun feste Betreuerinnen, die sich im Schichtdienst abwechseln. Inzwischen sind einige Kinder und Jugendliche aus dem Waisenhaus "herausgewachsen", für die kleinere Kinder neu aufgenommen wurden.

Auch der Schulbereich entwickelt sich nach Aussage von Anke Brügmann positiv: Die Schulabgänger haben zum vierten Mal in Folge die staatliche Abschlussprüfung bestanden. Beim Erziehungsministerium gelte die Einrichtung als beste Primärschule in Beaumont, in der es 245 Schüler in acht Klassen und drei Vorschulgruppen gibt. Schwierig habe sich die Versorgung mit Lehrerin gestaltet, berichtet Brügmann. "Viele Lehrer wandern bei der ersten Möglichkeit in staatliche Schulen ab, an denen die Schuljahre kürzer sind und nicht so hohe Ansprüche gestellt werden", macht sie auf ein Problem aufmerksam. Besonders kritisch war es, zwei Pädagogen zu ersetzen, die erst nach Schuljahresbeginn weggeblieben seien.

Der neue Agronom, den das Projekt im April eingestellt hatte, erwies sich als nicht fähig, sinnvoll zu planen und zu organisieren und musste im Juli bereits wieder gehen. Inzwischen konnte jedoch ein sehr engagierter Agrartechniker gefunden werden, der überall tatkräftig mit anpackt und die Landarbeiter und Jugendlichen motiviere, freut sich Brügmann.

Nebenbei leistet der Verein auch wertvolle Hilfe mit einem Sozialprogramm: 84 Lebensmittelpakete werden an alte und kranke Menschen verteilt, 81 Leute leben in Sozialwohnungen des Trägervereins. In jüngster Zeit musste Brügmann auch als Medizinerin in die Bresche springen, weil das Krankenhaus in Beaumont geschlossen wurde. Cholerafälle, Wundversorgung, Knochenbrüche und selbst Unfallpatienten wurden zur Behandlung gebracht. Viele Aktionen in Deutschland habe es 2013 wieder gegeben – dies ist auch weiterhin notwendig, weil das Projekt auf Spenden angewiesen sei.