Bruder Otto ernährt sich vor allem von Beeren, Blättern und Kräutern im Wald. Foto: Fischer

Serie: Bruder Otto erzählt von seinem Leben als Einsiedler in Wolfach / St. Jakob-Kapelle ist seine Zuflucht

Eine kleine Wohnung mitten im Wald, abgeschieden und zurückgezogen. Als Nahrungsmittel dienen Kräuter, Beeren und alles, was die Natur so hergibt: Bruder Otto ist Eremit in Wolfach und hat darin seine Berufung gefunden.

Wolfach. "Wenn ich unterwegs bin, habe ich nur eine Hängematte, einen Schlafsack und mein Taschenmesser dabei. Ich laufe oft in den Wald und wenn ich zu weit weg bin, übernachte ich zwischen den Bäumen", erzählt Bruder Otto. Er gehört der Klausner-Vereinigung an, der ältesten Vereinigung von Eremiten. Diese Mitglieder der katholischen Kirche haben sich zum Ziel gesetzt, in der Natur und abgeschieden von anderen Menschen und der Stadt zu leben.

"Früher durften wir noch nicht einmal ein Bett oder einen Teppich haben, sondern mussten auf dem Boden schlafen. Inzwischen sind die Regeln kulanter, ich wohne in einer kleinen Wohnung mit einem Bett und habe noch eine Küche und ein Bad", so Otto. Auch Internet gibt es inzwischen in der Wohnung, auch auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken ist der Eremit zu finden. Sein Auto nutze er fast nur, um frühmorgens ins Brenzheim und wieder zurück zu fahren.

Für seine Bleibe müsse er auch Miete bezahlen und sich um die Kapelle und die Gästezimmer kümmern, die in dem Gebäude untergebracht sind.

Vor dem Haus bewirtschaftet der Einsiedler einen großen Kräutergarten, der den Großteil seiner Ernährung ausmacht. Hier wachsen Maggikraut, Petersilie, Dill, Minze, Rucola und viele andere Pflanzen. "Hier darf alles wachsen, Unkraut gibt es nicht, nur Beikräuter. Wenn Schnecken an den Blättern hängen, esse ich die auch ab und zu", sagt der Einsiedler schmunzelnd.

Wenn er heiser oder erkältet ist, esse er Meerrettich, ein paar Blätter Farn und Kresse wirkten entwurmend. "Ich nehme keine Tabletten, es gibt immer irgendein ein Kraut, das heilend wirkt. Der Wald gibt mir alles, was ich brauche."

Sein Geld für die Miete und die seltenen Einkäufe allerdings muss sich Bruder Otto selbst verdienen, deshalb arbeitet er im Brenzheim und kümmert sich dort aufopfernd um die alten und pflegebedürftigen Bewohner. "Wenn ich mehrere anstrengende Schichten hinter mir habe, dann gehe ich in den Wald und tanke dort wieder auf. Das gibt mir meine Energie, die ich brauche." Man müsse einfach in die Büsche mit Beeren, Blättern und Blüten hineingreifen und sich aus den Schätzen des Waldes um einen herum bedienen. Einzig von der Natur habe er auch gelebt, als er Anfang des Jahres an Corona erkrankt war und 25 Tage lang in Quarantäne bleiben musste.

Wenn er früher auf seinen Pilgerreisen durch die Wälder gezogen ist, diente Otto ein Bett aus Reisig als Schutz vor Nässe und ein zerbissener Ast mit seinen Fasern und ein wenig Asche darauf als Zahnreinigung am Morgen. Mit einer gerösteten Löwenzahnwurzel habe er sich Kaffee gebraut.

Inzwischen lebt der Eremit seit eineinhalb Jahren mitten im Wolfacher Wald am Ende des Kreuzwegs. Früher gehörte er mehreren anderen Orden an, unter anderem dem Franziskaner- und dem Lazarett-Orden. Nachdem sich die erste Untergruppierung aufgelöst hatte, habe er eine Weile wieder "normal" in der Zivilisation gelebt. "Ich habe mit der Zeit gemerkt, dass ich wieder in das Leben als Klausner zurückkehren und michzurückziehen muss. Die alltäglichen Dinge haben einfach nicht mehr so funktioniert – es war, als ob der Wald mich wieder zu sich ruft." In seinem jetzigen demütigen Lebensstil habe er seine wahre Berufung gefunden, die ihm Kraft, Ausdauer und Energie verleihe. "Ich muss noch drei Jahre lang arbeiten, dann ziehe ich mich vielleicht ganz zurück", berichtet Otto.

Gänzlich einsam und ohne jeglichen menschlichen Kontakt lebt er bisher hoch oben in "seinem" Wald noch nicht. Oft kommen Pilger vom Jakobsweg an der Kapelle vorbei. Wenn Otto gerade auf seiner Bank neben den Holunderbäumen sitzt, grüßen ihn die Menschen und fragen nach der Geschichte des heiligen Ortes. "Ich unterhalte mich gerne und höre mir auch die Sorgen der Menschen an. Manchmal werden mir die Besucher aber auch zu viel, dann ziehe ich mich für ein paar Stunden tiefer in den Wald zurück und genieße die Ruhe dort."

Das eremitische Leben gehört in der katholischen Kirche zu den ältesten Formen des geweihten Lebens. Bruder Otto sei am Waldrand aufgewachsen und habe sich schon früher immer in den Wald zurückgezogen, um sich zu erholen und nachdenken zu können. Seine Lebensweise soll zu einer Verbundenheit mit Christus, der Kirche und den Menschen führen. Auch das tägliche Gebet gehöre laut Otto dazu, er bete mindestens drei Mal täglich.