Flora Wenczel und Josef Weis unternahmen mit einem Bollenhut eine Weltreise. Foto: Dorn

Vernissage von außergewöhnlichem Kunstprojekt. Künstler reisen mit Bollenhut um die Welt.

Wolfach - Das "Bolly-Hood"-Fotoprojekt macht Station in Wolfach. Bis Oktober sind die Fotos, die Flora Wenczel und Josef Weis auf ihrer Weltreise machten und einheimische Frauen mit der wohl bekanntesten Schwarzwald-Kopfbedeckung zeigen, zu sehen.

Zur Eröffnung der Veranstaltungssaison der Reihe "Mittwochs im Museum" gastierten Flora Wenczel und Josef Weis mit ihrem "Bolly-Hood"-Fotoprojekt im Wolfacher Museum im Schloss. Der sehr authentische, knapp dreistündige Vortrag diente gleichzeitig auch als Vernissage für die gleichnamige Ausstellung, die bis Anfang Oktober Station im Museum macht.

Wenczel und Weis war die Aufregung vor ihrem Vortrag anzumerken, brachten sie doch den (roten) Bollenhut (eine Leihgabe der Kirnbacherin Waltraud Kech) in seine Heimat zurück. Die Idee, ihre Weltreise unter ein Motto, ja gar einen kulturellen Auftrag zu stellen, fiel im Kirnbachtal bei Kech auf fruchtbaren Boden.

Das Schmuckstück mit den 14 Bollen bekam einen eigenen Rucksack und ein stabilisierendes Innenteil aus Pappmaschee und wurde bei 464 Reisetagen zu 46 Fotosessions eingesetzt. Die "Anbahnungsgespräche" für das Modeling vor touristischen Attraktionen wie den Petronas-Towers in Kuala Lumpur, der futuristischen Skyline Singapurs oder dem indonesischen Borobodur-Tempel verliefen unproblematisch, die jungen Frauen posierten bereitwillig mit der eigenartigen Kopfbedeckung aus dem fernen Schwarzwald.

In den Slums von Jakarta beschlichen die beiden Aktionskünstler erstmals leise Zweifel an der Richtigkeit ihrer Mission, das Bild der jungen Mutter mit ihrem Kleinkind auf dem Schoß zählt wohl auch deswegen zu den stärksten Bildern der ganzen Reihe.

Mit kleinem Budget (etwa 7000 Euro pro Person für die 14 Monate) bereisten die beiden Rucksacktouristen insgesamt elf Länder Asiens. Wo auf Studienreisen fertige "Events" verkauft werden, verließen sich Wenczel und Weis auf ihr Gespür für den Moment.

Fotosessions ergeben sich aus intensiven Begegnungen

Die weiteren Fotosessions ergaben sich beinahe zwangsläufig als Folge intensiver, fast schon freundschaftlich zu nennender Begegnungen, sei es im Dschungel Sulawesis oder während des vietnamesischen Neujahrsfests. Damals machte eine Reparatur des betagten Motorrads eine 14-tägige Zwangspause erforderlich. Den indischen Subkontinent durchreiste das Paar mit dem Zug. In der Schilderung des Ticketkaufs am indischen Bahnschalter und des Verzehrs grüner Chilis als Reise-Snack zeigte Weis wahres komödiantisches Talent.

In Indien stieß das "Bolly-Hood"-Konzept an seine gesellschaftliche Grenze, konnten doch die angesprochenen jungen Frauen als "Menschen zweiter Klasse" nicht frei darüber entscheiden. Nach wenigen Versuchen, in denen mal der Mann oder Bruder die Erlaubnis verweigerte oder umgekehrt seiner Frau oder Schwester das Foto-Shooting "befohlen" hätte, entschieden die beiden, die Aktion für Indien auszusetzen.

Auf der Reise durch die im Vergleich zu Indien "menschenleeren" drei ehemaligen Sowjetrepubliken Tadschikistan, Kasachstan und Kirgisistan leistete ein von Weis zum Wohnmobil umgebauter Kombi treue Dienste und sorgte mit seiner Reparaturanfälligkeit für viele nette Zufallsbegegnungen.

Mit jedem Foto verstärkten sich bei Wenczel und Weis die Zweifel an der Legitimität ihres Tuns. Ein junger Mann, der gut und gerne eine Stunde Fußweg auf sich genommen hatte, um den beiden Europäern frisches Fladenbrot und Milch als "Brötchendienst" an ihr Auto zu bringen, zog den beiden dann endgültig den Stecker. Symbolisch wurde der Hut der Dorfältesten übergeben, keinen Tag länger wollten Wenczel und Weis die Kultur der grenzenlosen Gastfreundschaft für den Bollenhut und den damit verbundenen "Heimat-Hype" aus dem auf Effizienz getrimmten Deutschland instrumentalisieren. Eine Entscheidung, die das Publikum im gut besetzten Museum im Schloss mit langanhaltendem Applaus würdigte.

Die "Bolly-Hood"-Bilder werden bis 3. Oktober im Wolfacher Museum im Schloss gezeigt. Geöffnet ist es dienstags, donnerstags, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet drei Euro.