Die etwa fünfjährige Antonia Moser als "Gretle" mit ihrem älteren Bruder Karl, der einen Streifenhansel trägt im Jahr 1896. Der Streifenhansel lässt sich seit 1865 nachweisen. Repro: Schrader Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Älteste Fotografie des Wolfacher Streifenhansel entstand im Jahr 1896 / Figur ist aber älter

Die älteste fotografische Aufnahme eines Wolfacher Hansels entstand 1896, also vor nunmehr 125 Jahren. Auf ihr ist neben der etwa fünfjährigen Antonia Moser als "Gretle" ihr älterer Bruder Karl zu sehen, der einen Streifenhansel trägt.

Wolfach. Der Streifenhansel war bis in die 1930er-Jahre hinein eine sehr beliebte Narrenfigur in Wolfach. Auf Fotos aus den Jahren 1929 und 1933 ist ein Kinderstreifenhansel zu sehen, der bei den Festspielen mitwirkte. Eine alte Streifenhanselkappe wurde 1998 beim Abbruch des Hauses von Seifensieder Theodor Armbruster (1815 bis 1898) in der Vorstadt entdeckt.

Wiederbelebung der Figur ab 1976

Nach der Entstehung des neuen gelb-blauen Schellenhansels 1935 geriet diese Narrenfigur in Vergessenheit. Die vom Wolfacher Ehrennarro Josef Krausbeck (1909 bis 2000) initiierte Wiederbelebung begann 1976 zunächst über die Einzelfigur des Gullers, der von einem Streifenhansel getragen wird. Als Modell diente ein alter Hansel, den Krausbecks Großvater Josef (1843 bis 1905) um 1865 aus gestreiftem Barchent, einem Stoff, der oft für Bettbezüge und Strohsäcke Verwendung fand, herstellen ließ.

Ab 1981 entstanden auf Initiative der Familie Buss weitere Exemplare dieses Typs, dessen Häs-Farben nicht genormt sind. Er trägt schwarze Halbschuhe und passend zu den jeweiligen Streifen zwei verschiedenfarbige Kniestrümpfe. Eine Saubloder dient als Neckinstrument. Die Holzlarven weisen als Besonderheit einen gemalten Schnurrbart sowie eine geschnitzte Zahnreihe auf. Aus dem 18. und 19. Jahrhundert haben sich mehrere Holz- und Tonlarven mit Schnurrbart und Zahnreihen erhalten, die als Vorbild dienten.

Der Große Narrenrat beschloss 1982, keine weiteren Streifenhansel mehr anzuschaffen. Stattdessen sollte zunächst die Gruppe der Mehlwurmhansel neu aufgebaut werden. Unter Narrenvater Heiner Oberle, der von 1992 bis 2002 amtierte, wurde das Verbot wieder aufgehoben und diese Hanselart dann voll in die Zunft integriert, blieb allerdings eine kleine Gruppe.

Um deren Zahl zu erhöhen, rief Narrenrat Wilfried Schuler 2007 zusammen mit dem Verein zur Förderung der Wolfacher Fasnet die Rabattaktion "Fünf Streifen" ins Leben, bei der fünf gemeinsam angemeldete Streifenhansel ein komplettes Häs umsonst bekamen.

Durch Aktion entstehen 17 neue Hansel

Kindern unter 14 Jahren wurde ebenfalls der Kaufpreis erlassen unter der Bedingung, dass sie in ihrem neuen Häs am Fasnetzieschtig nach dem Kinderumzug ihre Wurst und Brezel bei Wilfried Schuler auf der Bühne vor dem Rathaus abholen. Durch diese Aktion entstanden bis zur Fasnet 2008 wieder 17 neue Streifenhansel.

Der Vater von Karl und Antonia Moser, der Arzt Karl Moser (1861 bis 1915), wohnte im Haus Vorstadtstraße 44 bei der Stadtbrücke, das 1988 der Vorstadtsanierung zum Opfer fiel und 1993 in neuer Form mit einem Turm an der Ecke wiederaufgebaut wurde. Antonia Moser (1891 bis 1962) diente im Ersten Weltkrieg als Oberschwester im Kriegslazarett neben dem Engelsschulhaus. Nach ihrem Medizinstudium und der Promotion wirkte sie ab 1924 über 30 Jahre lang als erste weibliche Ärztin in ihrer Heimatstadt. Zugleich war sie die erste "Automobilistin" und das erste weibliche Mitglied des Wolfacher Bürgerausschusses.