Unsere Wälder haben einen großen Artenreichtum. Doch einige waren hier nicht immer heimisch: Viele Tiere sind neu zugewandert oder wurden eingeschleppt – und manche Arten kehrten nach langer Zeit zurück. Wir klären auf, welche Tiere neu im Schwarzwald sind und auf welche wir uns noch einstellen können.
Im Schwarzwald lebt so manches Tier. Zahllose Säugetiere, Reptilien, Amphibien, Insekten oder andere Krabbeltiere nennen die verschiedenen Waldgebiete des Schwarzwalds ihr Zuhause. Einige wenige findet man sogar weltweit nur im Schwarzwald, darunter den Badischen Riesenregenwurm.
Doch nicht alles, was in den Wäldern des Schwarzwalds lebt, war dort schon immer zuhause. Einige Tierarten sind erst in der jüngeren Vergangenheit zugezogen. Andere sind wieder in den Schwarzwald zurückgekehrt, nachdem sie dort ausgerottet oder verdrängt wurden.
Welche Neuankömmlinge und Rückkehrer mittlerweile im Schwarzwald leben und welche davon als Neozoen – also vom Menschen eingeschleppte, invasive Arten – zu zählen sind, das weiß Marc Förschler. Er ist Fachbereichsleiter für Ökologisches Monitoring, Forschung und Artenschutz im Nationalpark Schwarzwald.
Der Unterschied zwischen natürlicher und unnatürlicher Zuwanderung
„Grundsätzlich ist es wichtig zu unterscheiden“, erklärt Förschler im Gespräch, „dass es ganz natürliche Einwanderungen in den Schwarzwald gibt, gerade aus Klimagründen oder Veränderungen der Lebensräume. Vorkommen verschieben sich, Tierarten wandern zu oder sterben lokal aus. Auf der anderen Seite gibt es eingeschleppte Arten, Neozoen, die aus ganz anderen Lebensräumen und meistens von anderen Kontinenten vom Menschen hergebracht wurden.“
Vor allem bei den im Schwarzwald lebenden Insektenarten könne man einen deutlichen Wandel feststellen, da diese „sehr sensibel auf klimatische Veränderungen reagieren“. Wärmere, trockenere Sommer und geringere Schneelagen im Winter führen laut Förschler zu einem „Shift in der Artenzusammensetzung“.
Somit sind einige Insektenarten nun in höher gelegene Regionen des Mittelgebirges vorgedrungen, darunter etwa die Blauflügelige Ödlandschrecke, die Schiefkopfschrecke oder die Wespenspinne. Sie kommen im Nordschwarzwald mittlerweile bis in etwa 1000 Metern Höhe vor.
Unter den größeren Säugetieren gehört der Goldschakal zu den natürlichen Einwanderern. Laut Förschler ist der kleinere Verwandte von Wölfen und Hunden ein Tier, dessen Zuwanderung nur eine Frage der Zeit war. Ursprünglich aus der Balkanregion stammend verbreiten sich Goldschakale langsam, aber sicher auch hier.
Daneben gibt es, laut Förschler, leider auch einige Tierarten, die lokal aussterben. Bestimmte Tiere, die etwa an gewisse Temperaturen gewöhnt sind, diese aber vor Ort nicht mehr vorfinden, würden dann verschwinden.
Lokale Aussterbe-Ereignisse im Schwarzwald
„Arten, die hochlagenspezifisch vorkommen, nehmen in ihren Beständen eher ab“, erläutert Förschler und führt als Beispiel die Ringdrossel an, ein Vogel, der gerne an alten Schneefeldrändern nach Nahrung sucht. Die klimawandelbedingten kürzeren Schneezeiten passen allerdings nicht mehr zu den Brutzeiten der Ringdrossel.
Letztlich kann dies dazu führen, dass die Ringdrossel im Schwarzwald möglicherweise am Ende sogar ausstirbt und dann nur noch in den Alpen vorkommt.
Nicht üblich sei vor Ort, dass eine neu zugewanderte Tierart eine andere verdrängt. Das ist, laut Förschler, meist nicht der Fall, zumindest im Schwarzwald.
Was sind Neozoen?
Neben den natürlichen, tierischen Einwanderern gibt es dann noch die Neozoen, also Tierarten, die auf unnatürliche Art, insbesondere vom Menschen, eingeschleppt wurden. Der beispielhafteste unter diesen Eindringlingen ist der Waschbär. Er sieht putzig aus, ist aber für die Tierwelt, mit der er hierzulande in Konkurrenz steht, ein großes Problem.
Schon seit den 1930er-Jahren sind Waschbären in Deutschland beheimatet, damals wurden die Tiere in Hessen zur „Bereicherung der Tierwelt“ ausgesetzt. Anpassungsfähig, wehrhaft und ohne viele natürliche Feinde verbreitete sich der Waschbär in Deutschland rasant und ist mittlerweile natürlich auch in den Schwarzwald vorgedrungen.
„Der Waschbär ist im Schwarzwald noch nicht so weit verbreitet und dementsprechend noch nicht das Problem, das er etwa in Mitteldeutschland darstellt“, erklärt Förschler, „allerdings beobachten wir seine Verbreitung genau“. Gerade für Amphibien und kleine Reptilien und Vogelnester könne das kleine Raubtier eine große Gefahr darstellen. Daher sei es wichtig, den Waschbär im Auge zu behalten.
Ähnlich verhält es sich mit dem invasiven Kaliko-Krebs, ein ebenfalls aus Nordamerika eingeschleppter, vermutlich aus Aquarien ausgesetzter Flusskrebs, der unseren heimischen Flusskrebsen schwer zusetzt.
Nicht problematisch, mehr lästig, seien dagegen etwa die Amerikanischen Kiefernwanzen, die Ende der 1990er-Jahre nach Europa eingeschleppt wurden. In ihrer Heimat in Nordamerika gelten die Insekten als Schädlinge.
Hierzulande findet man sie im Winter manchmal in Wohnhäusern, wo sie die Wärme zum Überwintern suchen. Förschler erklärt allerdings, dass die Wanzen harmlos sind.
Rückkehrer bereichern den Schwarzwald
Positiv sei wiederum die Rückkehr einiger Tierarten zu sehen. Prominenteste Rückkehrer sind insbesondere der Biber, der Wolf, die Wildkatze und der Luchs. Aber auch der Fischotter gehört zu den Tieren, die nach und nach in den Schwarzwald zurückkehren.
Als Jagdkonkurrent wurde der Fischotter hier in der Vergangenheit gnadenlos gejagt und schließlich ausgerottet. Etwa zeitgleich starb im Schwarzwald auch der Lachs aus, eine der Hauptnahrungsquellen des Fischotters, erklärt Förschler. Wie der Lachs, der mit menschlicher Hilfe, Aufzuchtstationen und anderem, langsam wieder in der Region heimisch wird, kehrt künftig wohl auch der Fischotter auf eigenen Füßen nach und nach zurück.
Auch die vom Menschen ausgerotteten Luchse kommen seit einigen Jahren wieder in den Schwarzwald zurück, allerdings nur sehr langsam. „Das Problem ist, dass beim Luchs vorwiegend die Männchen wandern. Um die Art wieder im Schwarzwald zu etablieren, werden daher einige, vor allem weibliche Tiere derzeit gezielt vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ausgewildert“, erklärt Förschler die Problematik.
Jüngst wurde, nach dem tragischen Tod des Luchsweibchens Finja, erneut eine Lüchsin im Nordschwarzwald ausgewildert. Die Hoffnung, dass bald im Schwarzwald Junge geboren werden, bleibt bestehen.
Der Biber war ebenfalls bis vor nicht allzu langer Zeit im Schwarzwald ausgerottet. Jetzt ist der große Nager zurück an den Seen und Flüssen des Schwarzwalds und gilt mancherorts sogar schon als Plage.
Die Wildkatze ist ebenfalls zurückgekehrt.
Nur drei Wölfe leben gesichert im Schwarzwald
Doch der Platzhirsch unter den Rückkehrern, zumindest was die öffentliche Aufmerksamkeit angeht, ist der Wolf. Im Schwarzwald sind aktuell nur drei gesicherte Wölfe bekannt, allesamt alleinstehende Männchen.
Eines davon hatte mit einem zugezogenen Weibchen ein Rudel gebildet, ein Familienglück, das nur von kurzer Dauer war. Innerhalb kurzer Zeit waren erst das Jungtier und kurz darauf das trächtige Weibchen im Hochschwarzwald überfahren worden. Jetzt sind die drei Wolfsrüden wieder allein, doch eine neue Rudelbildung ist nur eine Frage der Zeit.
Welche Tiere könnten bald wiederkommen
Hoffnungen macht man sich, laut Förschler, dass sich auch der Steinadler wieder im Schwarzwald ansiedelt. „Der Steinadler war früher auch ein Brutvogel im Schwarzwald. Mittlerweile passiert es immer wieder, dass einzelne, vor allem junge Adler aus den Alpen hier auftauchen, teilweise sogar übersommern. Ausgereicht hat das aber bislang noch nicht.“
„Wo langfristig noch Hoffnung besteht, ist etwa beim Weißrückenspecht.“ Dieser sei eigentlich an europäische Urwälder gewohnt, kam vor über hundert Jahren auch im Schwarzwald vor, und ist heute noch in Schluchtwäldern der Alpen zu finden.
Zum Leben benötigt der Weißrückenspecht sehr alte Buchen- oder Tannenwälder, die im Schwarzwald heute nicht mehr bestehen. Allerdings könnten in Zukunft gerade im Nationalpark auch die Umstände für den Weißrückenspecht wieder passen.
Das gilt auch für den Dreizehenspecht, der viel Totholz benötigt und dieses etwa im Nationalpark vorfindet. „Vor allem durch die Ausweisung von Bannwäldern und die Gründung des Nationalparks hat sich der Dreizehenspecht in den letzten Jahrzehnten wieder im Schwarzwald ausgebreitet, nachdem er lange als verschollen galt. Über die Hälfte der Dreizehenspecht-Paare Baden-Württembergs leben aktuell im Nationalpark Schwarzwald.“
Welche Arten sonst zurück in den Schwarzwald wandern könnten, darüber kann Förschler nur spekulieren. „Es ist immer schwer, das vorherzusagen. Die Tiere müssen ja auch hierher wandern, das ist nicht immer möglich. So hat sich die Lebensraumsituation für das im Schwarzwald seit 20 Jahren ausgestorbene Hasenhuhn zwar im Nationalpark wieder deutlich verbessert, aber diese Vogelart wandert über zu geringe Entfernungen, um sich wieder allein von den Alpen oder dem Bayerischen Wald zu uns auszubreiten.“
Wenig Hoffnung auf die Rückkehr des Bären
Wenig Hoffnung macht Förschler sich auf eine Wiederansiedelung des Bären, auch wenn er eine Rückkehr des großen Raubtieres begrüßen würde. „Die Infrastruktur ist das Hauptproblem, unsere Region ist einfach zu zersiedelt, als dass ein Bär sich von den Alpen herunter in den Schwarzwald verirren würde. Zudem wären auch hier – wie beim Wolf – Konflikte mit dem Menschen zu lösen.“
Wilde Bären kamen in Deutschland bis ins frühe 19. Jahrhundert vor. Seitdem werden nur vereinzelt Vertreter in freier Wildbahn gesichtet, wenn sie sich aus den Alpen über die Grenze verirren.
Auszuschließen sei die Rückkehr des großen Raubtieres nicht, doch Förschler glaubt aktuell eher nicht daran. „Letztlich gehört der Bär in ein gesundes Ökosystem, aber dazu gehören auch das Wisent und andere große Tiere. Diese Artenvielfalt haben wir leider nicht mehr.“