Ähnlich wie bei Kauf-Immobilien, übersteigt auch die Nachfrage im Mietbereich das vorhandene Angebot deutlich – so die aktuellen Erfahrungen der Gäu Neckar Immobilien GmbH, einer Tochter der Volksbank Herrenberg Nagold Rottenburg (Voba HNR).
Nagold/Herrenberg - So komme es häufig vor, dass auch hier auf ein Mietangebot kurzfristig über 50 Mietanfragen eintreffen würden, so Geschäftsführer Markus Speer jüngst in einer Pressekonferenz. Aufgrund dieser hohen Nachfrage würden auch "die Mietpreise tendenziell weiter ansteigen". In den Städten im Geschäftsgebiet der Voba HNR würden Mieten im Neubaubereich mittlerweile in Höhen von bis zu 16 Euro pro Quadratmeter gefordert.
Für manche Familien kaum noch zu leisten
Auch hierbei spielten natürlich "ansprechende Lagen und eine gute Ausstattung eine große Rolle" für die Findung des Mietpreises, der damit teilweise "deutlich über dem marktüblichen Mietzins" liegen würde. Zwischenzeitlich könnten sich "Familien mit nur einem oder einem geringeren Einkommen die aktuellen Mietpreise teilweise kaum noch leisten". Neubauwohnungen zur Miete würden so zu reinen Luxusgütern. Spitzenreiter sei hier die Stadt Herrenberg mit einer Mietspanne von 8,50 Euro je Quadratmeter für Altbauwohungen und eben 16 Euro für Wohnungen in gehobenen Neubauten. In Nagold-Stadt betrage diese Spanne neun bis 14 Euro, in den Ortsteilen und umliegenden Kommunen sieben bis zwölf Euro.
Womit die Werte, die die Gäu Neckar Immobilien GmbH für den hiesigen Mietwohnungsmarkt ausweist, deutlich über jenen des zum 1. März des Jahres in Kraft gesetzten qualifizierten Mietspiegels für die Region liegen. Dieser hatte eine durchschnittliche Nettomiete in Nagold mit aktuell 7,64 Euro je Quadratmeter ausgewiesen. Auf Nachfrage führte Speer die Diskrepanz unter anderem auf die bei Veröffentlichung des Mietspiegels bereits veraltete Datenlage der zugrundeliegende Mieterbefragung zurück. "Der Mietwohnungsmarkt ist sehr dynamisch", die Preisentwicklung kontinuierlich nach oben gerichtet. "Die tatsächlichen Mietpreise liegen schon heute deutlich höher als der Mietspiegel zeigt."
75 Prozent aller Deutschen wünschen sich Wohneigentum
Es sei allerdings für die Zukunft davon auszugehen, so die Prognose der Voba-Immobilienspezialisten, dass künftig "die Mietpreise voraussichtlich langsamer ansteigen würden als die Kaufpreise von Immobilien". Das Bestreben der Politik, verstärkt zusätzlichen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, sei aufgrund der aktuellen Entwicklungen "zu begrüßen und vor allem auch in den Städten dringend erforderlich". Wer noch günstigen Wohnraum sucht, könnte aber im Umland der Städte und in den ländlicheren Gemeinden noch fündig werden – wo die Mietpreise vergleichsweise geringer ausfielen – allerdings auch hier "mit leichtem Aufwärtstrend".
Es sei daher auch wünschenswert, so eine Forderung von Markus Speer, "wenn Kommunen die maßvolle Weiterentwicklung von Bauflächen aktiv angehen und den Ablauf und den Prozess für Baugenehmigungen verschlanken und soweit möglich Entbürokratisieren würden". Ebenso sollte der Mut aufgebracht werden, die gesetzlichen Anforderungen an Bauvorhaben "zu überprüfen und auf das notwendige Maß zu reduzieren". Somit könnten zügig weitere Baugrundstücke zu reduzierten Preisen angeboten werden.
Die Preisentwicklung bei den Mietwohnungen – verbunden mit dem sehr niedrigen Zinsniveau bei Baufinanzierungen (siehe Infokasten) – verstärke aber auch den Wunsch der Bevölkerung nach ausreichendem und ansprechendem Wohneigentum. Speer zitiert dazu aus einer aktuellen Studie des Immobilienverbands Deutschland (IVD), wonach sich zirka 75 Prozent aller Deutschen Wohneigentum wünschten. In Deutschland lag die Wohneigentumsquote im Jahr 2019 allerdings laut einer Umfrage des statistischen Bundesamtes und der statistischen Landesämter nur bei 50,9 Prozent, in Baden-Württemberg bei 56,9 Prozent – was zeige, dass das aktuelle Angebot an Kaufimmobilien die Nachfrage nach Wohneigentum "nicht bedarfsgerecht" decken könne.
Investition in Neubauprojekte
Allein die Realisierung von Neubauprojekten würde somit mittelfristig der vorhandenen Wohnungsknappheit entgegenwirken können. Aus diesem Grund investiere die bereits 2016 gegründete Volksbank Immobilien Anlage GmbH, eine weitere Tochtergesellschaft der Voba HNR, verstärkt in Neubauprojekte, um Mietwohnraum in der Region zu schaffen – in Nagold beispielsweise jüngst mit einem großen Neubau in der Bahnhofstraße gegenüber der Volkshochschule. Auf Basis der auch bei diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse sei zu Beginn des Jahres 2021 zudem noch eine weitere Tochtergesellschaft gegründet worden: Die Volksbank Immobilien Projektentwicklung GmbH.
Die Geschäftstätigkeit dieser Tochtergesellschaft soll künftig in der Projektentwicklung von Neubauprojekten liegen. Diese sollten dann "mit Bauträgern aus der Region umgesetzt" und von einer "unabhängigen Prüfstelle im Bau" überwacht werden. Zielgruppen für so erstellte Wohnimmobilien (im Geschäftsgebiet der Voba HNR) sollen Eigennutzer und Kapitalanleger sein. Derzeit seien Neubauprojekte unter anderem in Herrenberg, Sulz am Eck (hier drei Einfamilienhäuser), Gärtringen und ganz aktuell in Jettingen in Planung – wo bereits in den nächsten Monaten unter der Regie der Voba-eigenen Projektentwicklungsgesellschaft eine Wohnanlage für betreutes Wohnen neu entstehen soll.
Info: Corona drückt Gewerbemieten
Die aktuelle Entwicklung im gewerblichen Immobiliengeschäft ist nach Auskunft der Gäu Neckar Immobilien GmbH bereits jetzt deutlich von der Corona-Krise geprägt, wobei aber die langfristigen Auswirkungen der Pandemie auch für Expertenkreise noch nicht im Detail prognostizierbar seien. Bislang zeige sich der Trend, dass Einzelhandel-, Büro- und Gastronomieflächen "an Attraktivität verlieren", im Gegenzug aber Logistik-Flächen stärker nachgefragt würden. Profiteure der Krise seien ganz klar schon jetzt "Unternehmen mit Dienstleistungen des täglichen Bedarfs". Teilweise nutzten Unternehmen diverser Branchen die aktuelle Situation aber auch, um Arbeitsplatzkonzepte umzustrukturieren, sich zu verkleinern oder branchenabhängig Wachstumsflächen zu sichern. Das Angebot an gewerblichen Immobilien – von Büro- über Ladenflächen bis hin zu größeren Objekten im Logistikbereich – sei derzeit "überschaubar", während aber auch auf der anderen Seite aktive Suchanfragen bei der Gäu Neckar Immobilien GmbH vorliegen würden. Dabei variierten die Büromieten aktuell je nach Ausstattung und Größe in Herrenberg zwischen zirka acht bis elf Euro pro Quadratmeter, beziehungsweise betragen im Neubaubereich rund 15 Euro pro Quadratmeter. In den Teilorten und umliegenden Gemeinden seien Preise von zirka sechs bis zehn Euro pro Quadratmeter marktüblich. In Nagold betragen die Mietpreise rund sieben bis zehn Euro, in den Teilorten zwischen rund fünf bis neun Euro. In Rottenburg bewegen sich die Preise auf einem ähnlichen Niveau wie in Nagold. Sehr gefragt seien aktuell Lagen in den größeren Kreisstädten und mit guter Anbindung an Bahn und Autobahn. Ländliche Gemeinden verlören demgegenüber an Attraktivität.
Info: Baufinanzierungen
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Volksbank Herrenberg–Nagold–Rottenburg (Voba HNR) erneut eine gute Entwicklung bei den privaten Baufinanzierungen: 2020 wurden Darlehen mit einem Volumen von rund 215 Millionen Euro neu zugesagt, hinzu kommen rund 40 Millionen Euro an vermittelten Krediten innerhalb des genossenschaftlichen Finanzverbundes. Die Anzahl der Baufinanzierungen ging damit – trotz des Immobilien-Booms – um sieben Prozent zurück, das durchschnittliche Finanzierungsvolumen erhöhte sich dabei aber leicht und lag im Durchschnitt bei rund 228 000 (Vorjahr: 220 000 Euro). Aktuell lägen die Zinssätze für erstrangige Hypothekendarlehen bei 0,8 Prozent bei zehnjähriger Zinsbindung, bei 1,1 Prozent bei 20 Jahren und 1,8 Prozent bei 30 Jahren – was wegen der daraus resultierenden geringen Schwankungsbreite bei der Zinslast dazu führe, dass aktuell sich die Kreditkunden für immer längere und damit "sicherere" Zinsfestschreibungen entscheiden würden.
