Altbauwohnungen an der Pragstraße in Bad Cannstatt Foto: Hörner

Die Bevölkerung schrumpft, dennoch braucht Stuttgart dringend neue Wohnungen.

Stuttgart - Die Bevölkerung Baden-Württembergs dürfte bis 2030 um eine halbe Million Einwohner kleiner werden. Entsprechend gibt es weniger Haushalte und weniger Bedarf an neuen Wohnungen. Im Ballungsraum Stuttgart sieht das etwas anders aus - in erster Linie, weil vorhandene Gebäude in die Jahre kommen.

Dieses Thema ist auch deshalb so schwierig, weil jeder seine eigene Art zu rechnen hat. Das Statistische Landesamt etwa geht davon aus, dass im Jahr 2030 rund 2,58 Millionen Menschen in der Region Stuttgart wohnen werden. Das wären etwa 100.000 weniger als heute. Weil der Einzelne im Durchschnitt aber immer mehr Quadratmeter für sich beansprucht, steigt der Bedarf an Wohnfläche bis 2020 zunächst noch an. Danach wird das Minus aber so groß, dass die schrumpfende Bevölkerung zumindest landesweit auch weniger Wohnungen braucht als heute.

Nach der neuesten Vorausrechnung des Wohnungsbedarfs geht das Statistische Landesamt davon aus, dass die Region Stuttgart bis 2020 noch gut 20.000 zusätzliche Wohnungen braucht. Danach würden durch das Geburtendefizit und weil immer weniger Menschen von außen herziehen, bis 2030 rund 15.700 Wohnungen überflüssig. Gäbe es da nicht die Tatsache, dass auch viele Wohngebäude in die Jahre kommen.

Allein in der Landeshauptstadt sind laut der Behörde zwischen 1949 und 1957 gut 12.000 Wohnungen gebaut worden, die mangels Geld oder geeigneter Baustoffe oft nicht die beste Qualität haben. Bis 2030 müssen in Stuttgart sowie den Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr etwa 83.000 Wohneinheiten - egal ob in Ein- oder Mehrfamilienhäusern - vor allem aus dieser Zeit von Grund auf renoviert oder sogar abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden. Unterm Strich kommt die Region auf einen zusätzlichen Bedarf von rund 87500 Wohnungen. In Stuttgart sind es laut Behörde lediglich 9000 Wohnungen, die bis 2030 zusätzlich gebraucht werden, und das auch nur, weil satte 25.600 Einheiten in die Jahre kommen und ersetzt werden müssen.

7000 Wohnungen im Rosensteinviertel

Hier kommen die Zahlen der anderen ins Spiel: Im vergangenen Jahr verlautete noch aus der Stadtverwaltung, Stuttgart 21 ermögliche allein im Rosensteinviertel rund 7000 Wohnungen. Inzwischen soll der Bereich mit Hilfe der Bürger neu geplant werden, und ein Rathaussprecher betont: "Der Anteil der Wohnungen im neuen Stadtteil kann noch nicht beziffert werden."

Doch auch die alte Zahl würde zwar nicht ins Bild der Landestatistik passen, wohl aber ins städtische Zahlenwerk. Denn während das Landesamt auf Basis der Volkszählung von 1987 davon ausgeht, dass Stuttgart bis 2030 um 23.000 Menschen schrumpft, rechnet die Stadt aufgrund aktueller Erkenntnisse damit, dass es bei rund 600.000 Einwohnern bleibt. Deshalb geht die Verwaltung davon aus, dass jährlich rund 700 Wohnungen zusätzlich benötigt werden. Zusammen mit den rund 600 Wohnungen, die jedes Jahr angerissen oder anders genutzt werden, macht das bis 2030 unterm Strich einen zusätzlichen Bedarf von rund 28.600 Wohnungen aus. Auch beim Ersatz für bestehenden Wohnraum gibt es eine gewaltige Diskrepanz: Während das Landesamt auf 25.600 Wohnungen kommt, die ersetzt werden müssen, wird im Rathaus mit 13.200 in 22 Jahren gerechnet.

Aus dem Blickwinkel der Stadt ist damit auch der Plan vertretbar, einen Teil der 24.000 Wohnungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) zu übernehmen. 4000 Einheiten davon liegen in Stuttgart, wiederum rund 800 sind öffentlich gefördert. Interessant an der Vorausrechnung des Statistischen Landesamts ist auch, dass Stuttgart angeblich schon seit 2009 keinen Bedarf an zusätzlichem Wohnungsbau mehr hat. Die Kreise Böblingen (+3500), Esslingen (+5800), Ludwigsburg (+6400), Rems-Murr (+4100) und sogar Göppingen (+1000) brauchen dagegen noch neuen Wohnungsbau auch über den Ersatz für in die Jahre gekommene Substanz hinaus. Erst von 2020 an würden rechnerisch in der gesamten Region Wohnungen überflüssig - wenn nicht überall auch saniert oder abgebrochen und neu errichtet werden würde.